TRAUER UM CLAUS PEYMANN
Wir trauern um Claus Peymann: Theatermacher, ehemaliger Direktor und Ehrenmitglied des Burgtheaters, Regisseur und Kollege, der im Alter von 88 Jahren verstorben ist.

Der 1937 in Bremen geborene Claus Peymann begann mit ersten Arbeiten in Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Berlin und arbeitete als Oberspielleiter am Theater am Turm (TAT) in Frankfurt/Main, wo er 1966 mit der Uraufführung von Handkes "Publikumsbeschimpfung"überregional bekannt wurde.
Von 1974 – 1979 war er Schauspieldirektor an den Württembergischen Staatstheatern in Stuttgart, 1979 wechselte er an das Schauspielhaus Bochum, dessen Intendant er bis 1986 war. Von 1986 – 1999 leitete er das Burgtheater und von 1999 – 2017 hatte er die Leitung des Berliner Ensemble inne. Neben Klassikern wie Brecht oder auch Shakespeare inszenierte Peymann rund 45 Uraufführungen zeitgenössischer Autoren wie Peter Handke, Thomas Bernhard, Peter Turrini und Elfriede Jelinek.
Unter seiner Leitung wurde das Schauspielhaus Bochum dreimal von einer Fachjury zum Theater des Jahres gewählt und erhielt 15 Nominierungen für das Berliner Theatertreffen. Eine seiner auch international berühmt gewordenen Inszenierungen war 1982 Heinrich von Kleists "Hermannsschlacht" mit Gert Voss in der Hauptrolle.
1986 wurde Peymann ans Wiener Burgtheater berufen. Publikum und Kritik feierten seine Shakespeare-Inszenierungen "Richard III." (1987) und "Der Sturm" (1988). Mit seiner 1988 bereits im Vorfeld als "antiösterreichisch" diffamierten Inszenierung "Heldenplatz" von Thomas Bernhard polarisierte er zum 100. Burgtheater-Jubiläum. Peymann holte namhafte Regisseure wie Peter Zadek, Einar Schleef und George Tabori an das Burgtheater. In seiner Zeit an der Burg wurde das Theater 1995 zum "Theater des Jahres" gekürt und erhielt rund 20 Einladungen zum Berliner Theatertreffen.
Mit Beginn der Spielzeit 1999/2000 ging Peymann als Nachfolger von Heiner Müller als Intendant an das Berliner Ensemble nach Berlin. Dort feierte er ebenfalls große Erfolge u.a. mit Shakespeares Königsdrama "Richard II." in einer Neuübersetzung von Thomas Brasch mit Michael Maertens in der Titelrolle.
2016 inszenierte Peymann "Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße", in einer Co-Produktion von Burgtheater und Berliner Ensemble. Im Anschluss an seine Zeit am Berliner Ensemble arbeitete Peymann als freier Regisseur u.a. in Stuttgart, München und immer wieder in Wien.
„Claus Peymann war einer der ganz Großen. Er hat das Theater über Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt. Seine Stationen als Intendant von Stuttgart über Bochum, dann natürlich das Burgtheater und schließlich das Berliner Ensemble sind legendär. Dabei ist vielleicht sein wichtigster Verdienst, die Durchsetzung zeitgenössischer Autoren wie zum Beispiel Handke, Jelinek und natürlich Bernhard. Seine Präsenz in der deutschsprachigen Theaterlandschaft war immer überwältigend. Das gesamte Burgtheater und ich sind betroffen und in Trauer. Rest in Peace, lieber Claus.“
Stefan Bachmann, künstlerischer Direktor der BURG
Regiearbeiten (Auswahl):
Bernhards "Der Theatermacher" (1985; UA) u. "Ritter, Dene, Voss" (1986; UA, jew. Salzburg), Shakespeares "Richard III." (1987) u. "Der Sturm" (1988), Bernhards "Heldenplatz" (1988; UA), Schillers "Wilhelm Tell" (1989), Goethes "Clavigo" (1991), Goldonis "Impresario von Smyrna" (92), Handkes "Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten" (92; UA), Turrinis "Alpenglühen" (93; UA), Ibsens "Peer Gynt" (94), Shakespeares "Richard II." (00; Berlin), Ransmayrs "Die Unsichtbare. Tirade an drei Stränden" (01; UA), Turrinis "Da Ponte in Santa Fe" (02; UA, jew. Salzburg), Brechts "Die Heilige Johanna der Schlachthöfe" (03), Handkes "Untertagblues" (04; UA), Jelineks "Wolken. Heim. Und dann nach Hause" (05; UA), Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder" (05), Handkes "Spuren der Verirrten" (07; UA), Bernhards "Einfach kompliziert" (11; UA, Wien), , Bernhards "Die Macht der Gewohnheit" (15; jew. Berlin), Handkes "Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstraße" (16; UA, Wien/Berlin), Ionescos "Die Stühle" (19; Wien), Becketts "Warten auf Godot" (23; Wien).
Auszeichnungen u. a.:
1991 Josef-Kainz-Medaille, 1995 Berliner Theaterpreis (gemeinsam mit Hermann Beil), 2001 Friedrich-Luft-Preis, 2002 Nestroy, 2007 Premio Internazionale Mondello/Palermo, 2008 Erster Preis beim Fajr-Theaterfestival/Teheran, 2010 Theaterpreis des frz. Kritikerverbandes, 2012 Lessing-Preis für Kritik, ebenfalls 2012 wurde er zum Ehrenmitglied des Burgtheaters ernannt.
Claus Peymann übte als Theatermacher einen prägenden Einfluss auf die deutschsprachige Theaterlandschaft aus. Mit seiner Inszenierung von Thomas Bernhards „Heldenplatz“ initiierte er eine wichtige öffentliche Debatte über die Rolle Österreichs in der NS-Zeit.
Er mischte sich in Debatten ein, provozierte Skandale und DIE WELT schrieb 2007 keiner habe "als Intendant so viele Bühnen nacheinander auf ein theatergeschichtliches Niveau gehoben" wie er. "Altmeister der Regie, Intendanten-Patriarch, lebende Theaterlegende", nannte ihn die Süddeutsche Zeitung 2022 in einem Porträt zu seinem 85. Geburtstag und 60. Bühnenjubiläum.
Am Burgtheater hat Claus Peymann seine eigene große „Weltkomödie“ herausgegeben. Noch heute wird liebevoll, aber auch ängstlich an ihn gedacht, er der Polterer, Despot und Patriarch. Er derjenige, der einen liebevollen Blick für das Ensemble hatte, der Texte liebte, der sein Gegenüber mit seinem Charme und seinem wachen Geist becircte.
Wir werden ihn vermissen!