Trauer um Rudolf Melichar

© Rainer Werner

Wir trauern um Kammerschauspieler Rudolf Melichar, der am 2. Oktober 2025 im Kreise seiner Familie im 97. Lebensjahr verstorben ist.

Rudolf Melichar war von 1968 bis 2019 Mitglied des Ensembles des Burgtheaters. 

Er wurde 1929 in Berlin als Sohn des österreichischen Komponisten und Dirigenten Alois Melichar geboren. 1942 zog die Familie zurück nach Wien. Er studierte am Max Reinhardt-Seminar, spielte dann in Kiel, Essen, Hannover, Dortmund und Köln. Im Burgtheater stand er in über 100 Rollen auf der Bühne, häufig in österreichischen und deutschen Stücken von Nestroy, Horváth, Schnitzler, Kleist, Goethe oder Brecht, spielte aber auch Molière, Shakespeare, Tschechow oder Ibsen.

1994 war er erstmals in einem Stück von Elfriede Jelinek zu sehen, in Claus Peymanns „Raststätte“-Inszenierung, seither avancierte er zum Spezialisten für moderne Sprachpartituren. Weitere Jelinek-Inszenierungen folgten (darunter „Das Werk“ und „Babel“ in der Regie von Nicolas Stemann und „Winterreise“ in der Regie von Stefan Bachmann). Elfriede Jelinek widmete ihm den Text „Zum Beispiel Rudolf Melichar“: „Also das muß ich sagen: was Rudolf Melichar ganz besonders kann ist: sprechen.“ Bei Friederike Heller spielte er in den Handke-Inszenierungen „Die Unvernünftigen sterben aus“ und „Spuren der Verirrten“ sowie zuletzt in ihrer Dramatisierung nach Thomas Mann „Doktor Faustus – my love is as a fever“. 

In Film und Fernsehen war er u.a. in der Regie von Axel Corti oder in Michael Hanekes „Die Klavierspielerin“ zu sehen. 

2009 wurde er zum Kammerschauspieler ernannt. 

Mit 39 Jahren debütierte er am Burgtheater, mit 89 Jahren hatte er seine letzte Premiere im Vestibül und spielte in „Saturn kehrt zurück“ von Noah Haidle (R. Sara Abbasi). Er ließ sich bis zuletzt mit Energie, Spielfreude und Lebenslust auf Experimente mit angehenden Regisseurinnen und Regisseuren und modernen Autorinnen und Autoren ein. Rudolf Melichar wird uns allen mit seiner Neugier, seiner Offenheit, seiner humorvollen und zugewandten Art in liebevoller Erinnerung bleiben. 

Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Elisabeth Augustin und seiner Familie. 

„Als Schauspieler brillierte er als Charakterdarsteller, Sprachkünstler und Interpret vieler zeitgenössischer Texte. Ich persönlich durfte zweimal mit ihm arbeiten: einmal bei „Perikles“ von Shakespeare und dann bei „Winterreise“ von Jelinek. Rudi war damals schon über 80, in seiner Gesinnung aber so neugierig, aufgeschlossen und modern, dass er immer ein großes Vorbild für mich bleiben wird.“  Stefan Bachmann

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