INTENDANTENBÜRO

Ein historischer Blick auf das Burgtheater und seine Verantwortung – mit Elfriede Jelineks Beobachtungen

© Tommy Hetzel

Es ist auch schon wieder zwanzig Jahre her, dass das Burgtheater sich unter dem Intendanten Klaus Bachler einen historischen Rückblick auf seine Meriten und dunklen Seiten gestattete. Der Autor dieser „politischen Geschichte“ des Staatstheaters und Traditionshauses, Klaus Dermutz, fragt in einem Essay nach, „warum vom Burgtheater kaum eine theaterästhetische Innovation oder gar eine schauspielerische Revolution ausgegangen ist“. Dazu passend: Elfriede Jelineks Beobachtungen IN EINEM LEEREN HAUS.

Klaus Dermutz: Eine feste Burg ist unser Theater-Gott

Mit der Revitalisierung des Nationalen ist seit dem Beginn der 1990er Jahre die programmatische Ausrichtung des Burgtheaters mit neuen Herausforderungen konfrontiert, denn die Werke von Johann Nestroy und Ferdinand Raimund, die als Inbegriff der österreichischen Seele verstanden und verehrt werden, haben in einer globalisierten Welt nur noch einen geringen Erkenntniswert, sie bedienen vielmehr eine Regression in alte, vertraute Gefilde und evozieren die Sehnsucht einer theatralen Kontinuität, die durch das postdramatische Theater längst aufgebrochen, wenn nicht schon größtenteils zerbrochen ist. Martin Kušej hat sich zu Beginn seiner Burgtheater-Direktion 2019 kritisch über die Idee des Nationaltheaters geäußert: „Die Bezeichnung Nationaltheater steht im österreichischen Bundestheaterorganisationsgesetz ganz weit oben. Ich wüsste aber nicht, wie man beantwortet, was in Österreich ein Nationaltheater sein soll. Der Begriff ist für mich heute irrelevant geworden. Ich sehe das Theater als weltoffen und Grenzen sprengend.“

Kehrt man ans Ende des 19. Jahrhunderts und an den Beginn der 20. Jahrhunderts zurück, war die Etablierung neuerer Dramatiker mit enormen Konflikten verbunden. Der Normenkodex der Österreichisch-Ungarischen Monarchie und des Katholizismus gerieten in eine Krise. Hugo von Hofmannsthal sah 1906 in DER DICHTER UND DIESE ZEIT die neue Epoche von „Vieldeutigkeit und Unbestimmtheit“ geprägt: „Sie kann nur auf Gleitendem ausruhen und ist sich bewusst, dass es Gleitendes ist, wo andere Generationen an das Feste glaubten.“  

Das k.u.k-Burgtheater war das Hoftheater und die Hofschauspieler:innen waren die Lieblinge des Publikums. Für Hermann Bahr erblicken sich die Wiener Zuschauer:innen in den Schauspieler:innen in einem „verschönenden Spiegel“ und „schauen durch die Rolle gleich nach der Person aus, diese soll uns wert und lieb sein, was doch jedem Menschen schließlich nur ist, wer ihm gleicht. Und so ringt sich in Wien kein Schauspieler durch, der uns nicht irgendwie fast familiär anzuhimmeln weiß“. 

Aufgrund dieser engen Bindung an die Herrschenden, erstaunt es einem nicht allzu sehr, dass die Burgschauspieler:innen, allen voran Paula Wessely, für den „Anschluss“ warben und die Nazis hofierten. Am 11. Juni 1938, zwei Monate nach dem „Anschluss“ Österreichs, schaut Hitler sich im Burgtheater Johann Nestroys EINEN JUX WILL ER SICH MACHEN an. Vor der Aufführung nimmt er in der Festloge die Huldigung des Publikums entgegen. Die Hauptdarsteller erhielten Lorbeerkränze mit den Insignien des Reiches und der persönlichen Unterschrift des „Führers“. Hermann Thimig und seine Frau erhielten nach der Vorstellung telefonisch eine Einladung Hitlers zu einem Essen im Hotel Imperial: „Kleiner Kreis, 12 Personen […]. Ich saß Hitler direkt gegenüber und zwei Plätze neben mir Goebbels. Einfaches Mittagessen. Während des Servierens der Leberknödelsuppe sagte Hitler: ‚Das ist der letzte Rest meines Kannibalismus.‘ Ansonsten ist er strenger Vegetarier und Nichtraucher. Er sprach pausenlos, immer sich selbst bestätigend.“

Baldur von Schirach, von August 1940 bis zum Kriegsende Gauleiter und Reichsstatthalter in Wien, war für die Deportation der Wiener Juden verantwortlich. In einer am 14. September 1942 gehaltenen Rede sagte er: „Wenn man mir den Vorwurf machen wollte, daß ich aus dieser Stadt Aberzehntausende ins östliche Ghetto abgeschoben habe, muss ich antworten: Ich sehe darin einen aktiven Beitrag zur europäischen Kultur.“ Schirach übte auf den Burgtheater-Direktor Lothar Müthel Druck aus, endlich Shakespeares DER KAUFMANN VON VENEDIG aufzuführen, Werner Krauß sollte unbedingt den Shylock spielen. In den Kritiken der ausländischen Presse wurde diese Inszenierung, sie hatte am 15. Mai 1943 Premiere, als antisemitische Hetze beurteilt. Werner Krauß trat mit rotem Haar und Bart und einer vereinzelten weißen Strähne auf. Oskar Markus Fontana, der spätere Chefredakteur des Kurier schrieb in der Kölnischen Zeitung: „Er glaubt, schlau zu schauen, aber es ist nur Dummdreistigkeit, die aus dem verkniffenen Auge schielend lugt. Auf aufwärts gedrehten Plattfüßen watschelt er daher. Wenn es aber um Geschäfte, um Geld oder um seinen Schein geht, kommt er in ein trippelndes, eiliges Laufen mit O-Beinen. Seine Sprache ist voll kehliger Laute, verschiebt die Vokale und kommt immer in ein tierisches Kreischen, Grunzen und Fauchen. Seine Unbeherrschtheit der Nerven zeigt sich in einem wiederholten Aufstampfen der Füße und in einem wahren Veitstanz des Körpers. […] So ist sein Shylock im Ganzen nicht der Satan in Person, sondern ein Jahrmarkts-Teufel […].“

Zum roten Haar von Werner Krauß ist zu sagen, dass der deutsche Psychiater und Rassentheoretiker Robert Ritter 1935 in der Zeitschrift VOLK UND RASSE einen Text mit dem Titel ROTHAARIGKEIT ALS RASSENHYGIENISCHES PROBLEM publizierte. Ritter war, so Jens Kolata, ab „1934 Leiter der Rassenhygienischen Eheberatungsstelle Tübingen. Im August 1936 wurde er Leiter der Rassenhygienischen und Bevölkerungsbiologischen Dienststelle (später: Forschungsstelle, RHF) des Reichsgesundheitsamts in Berlin sowie ab 1940 Lehrbeauftragter für Kriminalbiologie an der Berliner Universität.“

In seiner Analyse des Burgtheaters während NS-Zeit schreibt Oliver Rathkolb: „Nicht alle Schauspieler akzeptierten die ideologischen Zwangsregelungen. Am Burgtheater schlossen sich der Schauspieler Fritz Lehmann, das Orchestermitglied Friedrich Wildgans und der Löschmeister Gubitzer einer Widerstandsgruppe um den Theologieprofessor Karl Roman Schulz an. Ein „Kollege“ am Burgtheater, Otto Hartmann, denunzierte die Gruppe bei der Gestapo, zehn Menschen wurden umgebracht, mehr als hundert kamen ins Konzentrationslager oder ins Zuchthaus. Lehmann und Wildgans blieben mehr als zwei Jahre in Haft, Gubitzer kam in ein Konzentrationslager. Der Klarinettist Wildgans wurde – zwar weil er mit einer Jüdin verheiratet war – per 3. Juli 1942 am Burgtheater gekündigt und sein Ausschluss aus der Reichskulturkammer verfügt. Hier wird der brutale politische „Alltag“ an einer Spitzeninstitution der deutschen Kultur während des Zweiten Weltkriegs begreifbar.“ Das Ensemble des Burgtheaters leistete während der Jahre 1938 bis 1945 keinen Widerstand gegen das NS-Regime, sondern war stets bereit, die Vorgaben der NS-Ideologie und der Kulturpolitik der Nazis zu erfüllen. 

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vereinten sich die Schauspieler:innen, die sich mit dem NS-Regime arrangiert hatten, mit den Zuschauer:innen, die flugs in die Opferrolle flüchteten, um zu zeigen, wie sehr sie unter der NS-Diktatur gelitten hatten. Als für diese Kohabitanten das Schlimmste überstanden war, schlossen sie Hans Moser in ihr Herz und labten sich an dem Grantler und ließen die große und kleine Politik an sich vorüberziehen. 

Die bedeutendste Kritik am Burgtheater wurde in 1980er Jahren von Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard vorgetragen. Bernhard hat das Fortwirken der Nationalsozialismus in mehreren Romanen und Dramen vorgetragen, um hier nur seinen THEATERMACHER und HELDENPLATZ zu nennen. Bruscon entdeckt gleich zu Beginn im Saal des Dorfgasthauses, in dem er sein RAD DER GESCHICHTE aufführen wird, unter einer dicken Staubsicht ein Hitler-Porträt.

Elfriede Jelinek hat in BURGTHEATEReiner 1982 publizierten „Posse mit Gesang“, und in MACHT NICHTS in radikaler Weise Kritik am ungebrochenen Fortwirken der NS-Ideologie am Burgtheater geübt. Eine Aufführung von BURGTHEATER am Burgtheater war bis 2025 ausgeschlossen. Jelineks Burgtheater wurde 1985 in Bonn uraufgeführt, nun inszeniert es Milo Rau. Nicht die Vergangenheit der Hörbigers wurde kritisch thematisiert, sondern Jelinek wurde massiv angegriffen, weil sie sie recherchiert und aufgedeckt hatte. Für Jelinek hatte der BURGTHEATER-Skandal die öffentliche Ächtung zur Folge: „Ich hätte schwebend mit einem Strahlenkranz in der Wiener Innenstadt erscheinen können, und die Leute hätten geschrien: Da ist die Hex!“ 

Im ersten Teil von Jelineks „Posse mit Gesang“ reiht Käthe, die Burgschauspielerin, die Filmschauspielerin, all die Plattitüden aneinander, die mit der Tradition des Burgtheaters verbunden sind: „Burgtheater! Du Stätte der Weihe am Ring! Du Ort der Verwandlungen! Zauberland der Kindheit! Erstes glühendes Regen am vierten Rang! Das rotbackige Anstellen um Stehplätze! Erstes Erspüren, was Kunst sein kann, sein soll! (…) Und wie das Publikum locht! Es jauchzt und tjachzt! Es juchazt und lefzt! Es seimt und schleimt! Es gigazt und Werner Krauß! Werner Krauß! Heros! Titan! Atlas!“ Krauß hatte in dem Hetzfilm JUD SÜß (1940) von Veit Harlan mehrere Juden als anitsemitische Karikatur dargestellt. 

Im zweiten Teil wird Käthe, die Burgschauspielerin, kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs über ihr künstlerisches Selbstverständnis und das „Burgtheaterzwergerl“ sagen: „Meine Kunst gilt vielmehr dem ewigen und einfachst Menschlichen. Dem großen Gemeinschaftserlebnis. Ich verabscheue alles Künstliche und Gemachte wie dies zu klein geratene Wesen hier.“ Die Ideologie des Untermenschen lebt nach der bedingungslosen Kapitulation der Nazis am 8. Mai 1945 in Österreich fort und taucht in unserer von rechtsextremen Ideologien geprägten Gegenwart immer stärker empor. 

Man könnte der Frage nachgehen, warum vom Burgtheater kaum eine theaterästhetische Innovation oder gar eine schauspielerische Revolution ausgegangen ist. Es gehört zur Tradition des Burgtheaters, dass Dramen und Ästhetiken übernommen wurden, die sich in Deutschland oder anderen europäischen Ländern bereits durchgesetzt hatten und nun auch in Wien widerwillig bis allenfalls neugierig beäugt wurden. Das Burgtheater ist oft als das Symbol der österreichischen Kultur und Identität beschworen worden. Vielleicht ist das Burgtheater eine der letzten Bastionen einer nationalen Elite, die einen „demonstrativen Konsum“ und einen „demonstrativen Müßiggang“ pflegt und dabei die „feinen Unterschiede“ einer hierarchisch strukturierten Gesellschaft ausspielt. 

Alfred Polgar schrieb in TRADITION DES BURGTHEATERS, dass über „den Inhalt dieses feierlichen Begriffs“ die Meinungen freilich auseinandergehen: „Einige verstehen als Tradition des Burgtheaters eine Schauspielkunst von großem, festlichem Format. Andre die Pflege eines pathetischen Darstellungsstils, der, sein Gesetz in sich tragend, der Zeitläufe nicht achtet. Andre eine feudale Ausstattungstechnik, echte Möbel und Stoffe, tadelloses Gesellschafts-Zeremoniell. Wieder andre ein vornehm gemäßigtes Klima der Geistigkeit, das nicht unter ein bestimmtes Niveau sinken, nicht über ein bestimmtes Niveau sich erheben dürfe.“ Für Polgar gehört zur „eisernen Tradition des Burgtheaters […] der Hinweis auf die Tradition zwecks Deckung von Rückständigkeiten und Ängstlichkeiten.“ 

Mit der Angst vor einer „Umvolkung“ und einem „Bevölkerungsaustausch“ wird Stimmung und Politik gemacht. Elfriede Jelinek, 2004 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet, hat Mitte Januar mit 150 anderen Künstler:innen und Kulturschaffenden gegen die Bildung einer von der FPÖ geführten Regierung in einem offenen Brief protestiert: „Die FPÖ ist in keiner Regierungskonstellation tragbar.“ 

Der Historiker Wolfgang Benz beschließt seine Studie ZUKUNFT DER ERINNERUNG. DAS DEUTSCHE ERBE UND DIE KOMMENDE GENERATION (2025) mit folgender Überlegung: „Die alltäglichen Skandale zeigen, dass zu viele nichts gelernt und nichts verstanden haben, sie zeigen, wie notwendig Aufklärung über die Geschichte des Nationalsozialismus auch in Zukunft ist. Zu lernen ist, dass das Gedenken an die unmittelbaren Opfer nicht genügt, das der Sinn des Erinnerns darin besteht, dass es nach den Juden, den Sinti und Roma und anderen Opfern der NS-Ideologie keine neuen Opfer irgendeiner Form der Menschenverachtung geben darf.“

EINE FESTE BURG IST UNSER THEATER-GOTT ist ein Originalbeitrag für dieses Programmheft.

Kinder unterbrechen und tanzen ohrenbetäubend johlend um den Tisch herum: Oh fein! Oh wie fein! Welche Fraid! Mir derfen mitgestalten! Mir derfen eine Rolle verkerpern! Mir derfen umadumwacheln! Mir derfen Menschenbildner sein! Mir derfen das Erbe von der Hansi Niese und vom Werner Krauß weitergeben! Mir derfen einen beglickenden Beruf ergreifen! Frühlingsstimmen! Frühlingsstimmen!
Käthe teilt Dachteln aus: Still seids! Staad, Menscher! Fein sein, beinonder bleibn! Unser scheener Beruf wachst nur in der Stille.
Aus: BURGTHEATER von Elfriede Jelinek

Elfriede Jelinek: IN EINEM LEEREN HAUS (2003)

Im Theater habe ich einmal wirklich das Nichts gesehen, was nicht heißt, daß ich nichts gesehen hätte, im Gegenteil! Ich konnte ALLES sehen, was sich unten auf der Bühne abgespielt hat, aber, schwer zu sagen, die Körper waren dann, später, unten in die Ebene geworfen wie Gefallene, und ich war sehr hoch über ihnen, im vollkommen leeren Burgtheater, aber oben im vierten Stock oder so, da bin ich gesessen, heimlich, damit der Regisseur mich nicht sieht, und auch andere sollten ihn und was er mit den Menschen dort unten zu machen versuchte: nicht sehen. Nur er durfte sehen, die Szenen, die er grade geprobt hat. Aber davor, da war etwas: Ich wurde dort oben in ein Nest gesetzt, eine Loge, während diejenigen, welche unten arbeiten sollten, noch Pause gemacht haben, und so war das Theater, bevor die Menschen unten in die Unendliche Ebene geströmt sind, eine Weile vollkommen leer. Ich bin also dort oben gesessen, eine alte Krähe in ihrem Plüschnest, in das keine Jungen mehr hineinkommen werden, weil ich, die Betrachterin ohne etwas, das sie hätte betrachten können, innen ebenso leer war wie das ganze riesige Theater-Haus, ohne Gedanken, und so habe ich, während der riesige leere Raum von allen Seiten auf mich eingeströmt ist (und sich gleichzeitig vor mir auch wieder zurückgezogen hat!), unten jeden Moment eine Bewegung erwartet. Und indem ich sie in völliger Ruhe (die ausgezeichnetste Bewegung von allen!) und vollkommen allein erwartete, hat es mich andrerseits, um diese wunderbare Ruhe zu beenden, unwiderstehlich hinuntergezogen, der Leere entgegenzufallen, in einer unaufhörlichen Bewegung, die in eine andere, ebenfalls unaufhörliche, Bewegung eindringt, ohne vorher anzuklopfen, welche sich über die Bühnenebene unten ausbreiten würde wie ein Flächenbrand und sein Gelöschtwerden zugleich, nur wann?, als würden die Körper aus Kübeln dorthin ins Feuer geschüttet, und wenn diese Ebene der Bühne sich unendlich ausdehnen würde, so würden sich auch die Körper unendlich und immerwährend weiterbewegen, und ich würde endlich einmal Teil dieser Bewegung sein, die doch vom Regisseur so genau ausgedacht, berechnet, angeordnet wäre und dennoch letztlich ohne Ende und Ziel, auf das man schießt, indem man über es hinausschießt. Aber der Autor ist nie ein Teil, und er ist auch kein Teil von einem Teil, er kann höchstens: teilen. Im Grunde sind alle Körper dann, in diesem unendlichen Raum, auf dieser endlosen Ebene, gleich, und daher kann keine Bewegung vor einer anderen ausgezeichnet werden, und daher sind alle Bewegungen nur eine einzige, in die sie zusammenfallen. Denn Natur umfängt sie, wo immer sie sind. Ich hatte früher gedacht: Jede Bewegung hat ihr eigenes Gesicht, jedes Vorhandene hat seine eigene Färbung, das Blatt dient nicht dem Baum, der Baum nicht dem Park, wo er seinen Platz eingenommen hat, vor vielen Jahren. Es gibt feste Erscheinungen und weiche, wenn man sie nicht behindert. Der Regisseur läßt das bei den Menschen ja nicht zu, daß sie sich so eng miteinander befreunden wie die Bäume im Wald, wo sie freiwillig gewachsen sind. Alles was freiwillig ist, darf schon einmal nicht sein, das steht fest. Der Himmel schreit bereits: Ich bin Ihr Freund! Verlassen Sie sich nur auf mich, das Wetter wird nicht so, wie der Bericht und sein Chorführer es Ihnen ausrichten, es wird so, wie ich es sage! Die Gedanken lassen sich ordnen und sammeln, wir aber nicht, wir Bäume. Das sagen die Schauspieler ja auch, aber es nützt ihnen nichts. Ich sitze also dort oben und warte auf die unvermeidlichen Eingriffe des Regisseurs ins Leben, um mich danach einigermaßen wieder zu sammeln, denn ich sehe nicht gern, wie Menschen Befehle erteilt werden, ich sehe lieber das Frühlingsgrün, dessen Farbe vielleicht auch gern eine andre wäre und vielleicht nur deshalb ist wie sie ist, weil sie mir halt so gut gefällt. Wieso verwechsle ich jetzt das Unangekündigte mit dem Bericht, der noch nicht kommt, aber erwartet wird? Und sogar mit dem, wovon der Bericht handeln soll? In meine Leere dort oben kann kein Bericht mehr dringen, und es können keine Gestalten dort unten irgend etwas tun, das auch nur irgendwie, mit sanftester Hand, von mir gelenkt wäre. Dabei habe ich doch das Stück selbst geschrieben! Weiß der Himmel wie, na, er weiß es ja, aber der Bericht sagt etwas andres aus als der Himmel heute vorhat. Dort unten wird es jeden Moment anfangen, daß die Leute angeschrien werden, damit sie ihren Ort in der und der Zeit dort und dorthin verlagern, auf der ihnen unten vorgezeichneten Bahn, die aber keine ist, sondern eben: eine Unendlichkeit. Daher gibts, soviel sich der Regisseur auch abrackert, keine präzisen Standorte unter die Leute zu verteilen, das ist es nämlich! Man kann ihnen was sie auf der Bühne tun sollen nicht wie Lose zuwerfen, nicht einmal ein Grundzug kann ihnen zugeteilt werden, nein, der Grundzug fährt diesmal nicht ab, obwohl er der einzige ist, in dessen Abteilen sich alle entfalten können, in denen sie ihre Fragen und Antworten finden sollen, welche ihnen der Regisseur bereits tausendmal vorgesagt hat. Es gibt also keine Bestimmtheit mehr, nicht für die Schauspieler unten, nicht für mich dort oben im leeren Raum. Auf mich bezieht sich nichts, denn ich bin ja gar nicht da! Also können sich die dort unten auch nicht aufeinander beziehen. Ist deren Bewegung eine Ortsveränderung, oder besteht sie darin, daß sie wiederum andere bewegen sollen, die aber zur Zeit gar nicht da sind? Ich selber hoch droben kann mich so wenig bewegen wie der Dachstein, weil sich ja nichts auf mich beziehen und ich mich also auch auf nichts, das dort unten gleich kommen mag, beziehen kann. Da keiner weiß, daß ich hier sitze, bin ich überhaupt nicht da. Ich bin herausgefallen, aus mir bricht ja nicht einmal ein Ton hervor! (Na, bevor ich mich einen Ton von mir zu geben traue, beiße ich mir lieber die Zunge ab!) Also die Leere ist das, was die Natur nicht will. Sie scheut davor, das ist ja bekannt. Und doch bestimmt sich alles nach der Natur der Körper, der Stein, der fällt, sogar ganz besonders. Mit ihm hat es angefangen, daß man die Natur berechnen wollte. Mit meinem Stück hat es angefangen, daß der Regisseur die Körper berechnen wollte, und jetzt entziehen sie sich schon im vorhinein, auch wenn sie gleich kommen werden. Sie entziehen sich, werden später aber trotzdem: länger dableiben müssen. Länger ab wann? Sie müssen immer nach-sitzen. Müssen Natur sein, Natur bleiben, aber alles, was der Regisseur mit ihnen vorhat, ist gegen ihre Natur. Wie gut, daß ich deren Gesetze alle außer Kraft gesetzt habe!, und zwar indem ich mich unsichtbar gemacht und dann ganz habe verschwinden lassen. Gerade indem ich dort hineingesetzt worden bin ins leere Haus, ohne daß es irgend jemand weiß, ist alles, was die dort unten machen werden, verfallen wie ich, verschwunden, von der Natur aufgefressen, bevor es überhaupt getan werden konnte. Die Halteseile reißen, und wir werden gewiß gleich alle miteinander ins Leere stürzen. Der Grund dafür besteht darin, daß, indem ich fehle, der Ort der im Theater sich Bewegenden aufgehoben wird, und sie selbst der Ort werden müssen, ja, sie werden zum Ort, in dem wiederum ich keinen Platz habe. Aber indem ich diesen Platz nicht habe, nehme ich auch allen, die hier agieren sollen, den ihren sogleich ab. Geben Sie mir nur Ihren Platz, ich hänge ihn derweil in die Garderobe! Das schaukelt sich immer schneller gegenseitig auf, denn eins schlägt dauernd ins andre um, und die Körper werden, ohne Fernbedienung, von einem Ort zum anderen übertragen. Ich mache nicht Platz, sondern verschlinge den ganzen Raum, indem ich unaufhörlich verschwinde (Verschwinden als äußerste, einzige Selbstbehauptung!). Ich brauche wiederum keinen Raum mehr (kann ihn also ruhig verschlingen), weil ich ja weg bin und all diesen Schauspielern, obwohl ich total unwirksam bin, keinen Platz zum Atmen lasse. Ich war ursprünglich einmal der Weg, den diese Schauspieler gehen sollten, aber jetzt ist dieser Weg eben weg. Und alles, was der Regisseur noch wollen könnte, verschwindet in ihren bodenlosen Staubsäcken, mit denen sie ihren Pfad ins Nichts säubern und damit überhaupt erst: herstellen sollen. Der Weg hat sich jetzt in das aufgelöst, was er ursprünglich war, Natur. Sehen Sie, und genau die hab ich ja außer Kraft gesetzt! Der Weg hat sich und sein zielgerichtetes Wollen ab-, nein, aufgespult gleich einem Ariadnefaden, der sich zusammengerollt hat wie ein schlafendes Tier, und wurde eine Art Himmelskörper, der Kreise beschreibt, also die vollkommene Bewegung schlechthin, während alles was dort unten sich noch abspielen könnte, sofort, wann?, später, immer, nur unvollkommen sein kann, gewaltsam, vielleicht gerade, nein gerade nicht!, sondern: geradeaus (in Wien sagt man: „haltaus“, wenn etwas sofort anhalten soll), was überhaupt die falscheste von allen Bewegungen wäre.

 

DIGITALES PROGRAMMHEFT

Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung


NÄCHSTER RAUM

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Portraitgalerie

Elfriede Jelinek über den Propagandafilm HEIMKEHR

© Tommy Hetzel

Mehrfach hat sich Elfriede Jelinek mit Paula Wessely auseinandergesetzt. Besonders eindringlich im Monolog ERLKÖNIGIN, der bezeichnenderweise einer Theater-Text-Konstellation mit dem Titel MACHT NICHTS angehört. Und in diversen längeren und kürzeren Interventionen, darunter ein längerer Essay über den österreichischen Regisseur Gustav Ucicky und HEIMKEHR.

 

HEIMKEHR

„Auf der guten, alten, warmen Erde Deutschlands werden wir wieder wohnen. Daheim. Und Zuhause. Und in der Nacht in unseren Betten, wenn wir da aufwachen ausm Schlaf, da wird das Herz mit einem süßen Schreck plötzlich wissen: Wir schlafen ja mitten in Deutschland. Daheim und zuhause. Und ringsum ist die tröstliche Nacht. Und ringsum da schlagen Millionen deutsche Herzen. Und pochen in einem Wort leise: ‚Daheim bist du Mensch, daheim. Daheim bei den Deinen!‘ Und uns wird ganz wunderlich sein ums Herz, die Krume des Ackers und das Stück Lehm und der Feldstein und das Zittergras und der schwankende Halm, der Haselnussstrauch und die Bäume, dass das alles deutsch ist wie wir selber, zugehörig zu uns, weil’s ja gewachsen ist aus den Millionen Herzen der Deutschen, die eingegangen sind in die Erde und zur deutschen Erde geworden sind. Denn wir leben nicht nur ein deutsches Leben, wir sterben auch einen deutschen Tod. Und tot bleiben wir auch deutsch, und sind ein ganzes Stück von Deutschland. Eine Krume des Ackers für das Korn der Enkel. Und aus unseren Herzen, da wächst der Rebstock empor in die Sonne, in die Sonne, Leute, die nicht wehtut und nicht sengt, ohne zugleich auch Süßigkeiten zu spenden. Und ringsum singen die Vögel und alles ist deutsch. Alles, Kinder, wie unser Lied. Wollen wir es nicht singen, gerade jetzt, unser Lied? Weil wir es gerade spüren? So wie wir es in der Schule gelernt haben?“

Paula Wessely in HEIMKEHR (1941) von Gustav Ucicky (Regie) und Gerhard Menzel (Buch)

Käthe: Erfühltes Sehnen! Triebes Regen! Banges Ahnen! Zupft an der Resi herum. Dabei leistet auch sie ihren kleinen Beitrag, damit mir bewahrt bleiben vor die hunnischen Horden! Burgtheater! Du Stätte der Weihe am Ring! Du Ort der Verwandlungen! Zauberland der Kindheit! Erstes glühendes Regen am vierten Rang! Das rotbackige Anstellen um Stehplätze! Erstes Erspüren, was Kunst sein kann, sein soll! Währenddessen macht Käthe der Resi heimlich Schürze und Spitzenhäubchen auf, beides fällt zu Boden, erschreckt befestigt Resi alles wieder. Käthe hüpft um sie herum: An Gspaß hob ich jetzt gmocht! Und wie das Publikum locht! Es jauchzt und tjachzt! Es juchazt und lefzt! Es seimt und schleimt! Es gigazt und Werner Krauß! Werner Krauß! Heros! Titan! Atlas!
Aus BURGTHEATER von Elfriede Jelinek

Elfriede Jelinek: Ucicky. Gefilme (2014)

Obwohl 1985 kaum jemand mein Stück BURGTHEATER gekannt hat (es wurde nur in Bonn aufgeführt und in den manuskripten abgedruckt), wenige kennen also das Stück, jeder kennt die Namen, habe ich meinen guten Namen in Österreich verloren. Ich habe Namen genannt, die jeder kennt, bloß ich sollte sie nicht kennen oder für immer schweigen oder mich für die wunderbare Schauspielkunst Paula Wesselys und Attila Hörbigers in Ucickys Film HEIMKEHR erkenntlich zeigen oder was weiß ich, was ich erkennen sollte, jedenfalls was andres. Die Mitwirkung Paula Wesselys in diesem Film wird allgemein bedauert, und sie hat es auch selbst bedauert. Wir bedauern alle etwas, vieles ist bedauerlich, die Sprache spricht sich aus, sie kann ja alles sagen, es steht ihr alles zu Gebot, doch es ist nicht mein Gebot, ich habe nicht mehr viel, was ich noch auf den Tisch des Hauses legen könnte, die Gedecke sind abgetragen worden, die fleckige Tischdecke wurde heruntergerissen, aber erst, nachdem das gute Porzellan weg war. Für geraubte Kunst werden Gebote abgegeben, nachdem ihre Besitzer ihr Leben abgeben mußten, es ist alles eins, die einen zahlen, die andren auch, die einen haben es ja, die andren haben es nicht mehr, ihr Leben, was solls, es ist egal, wir dürfen die Filme Gustav Ucickys sehen und darüber reden, ja, reden wir darüber, daß wir zur Vorsorge gehen müssen, um uns untersuchen zu lassen, und untersuchen wir auch selbst: Filme eines Propagandafilmregisseurs.

Poster zu dem Thema bedauern zum Teil, daß sie diesen schönen Film nicht sehen dürfen (sie werden es gedurft haben, er wird gezeigt, für wissenschaftliche Zwecke, ich bin gespannt, ob diese Zwecke in diesem Fall auch wirklich Wissen schaffen. Nach allem, was ich höre, bezweifle ich es), sie wollen „sich selbst eine Meinung bilden“, die Leser, ja, selbst ist die Meinung, auch meine, ich meine nicht: Das ist auch meine Meinung. Meine kann selbst stehen, aber nur gerade so eben, sie ist schon so viele Male umgeschmissen worden, daß sie irgendwann mal liegenbleiben wird, und was liegenbleibt, ist eben unverkäuflich. Damit keine Mißverständnisse entstehen: Für das Stück BURGTHEATER werden keine Aufführungsrechte mehr vergeben, ich spreche hier also nicht, um etwas damit zu verdienen, denn alles, was ich verdient habe, habe ich schon bekommen, manches sogar mehrfach.

Der Film wird als Rede den Zuschauern mitgeteilt, es sprechen Menschen von der Leinwand herunter, sie werden verstanden oder auch nicht, es kommt auf die Zeit an, in der sie sprechen. Die Sprache von HEIMKEHR wird aber noch verstanden, ist ja auch nicht schwer, es gibt Vertriebene genug, und es gibt solche, die vertreiben. Man kann hören, man kann sogar verstehen, man kann wissen, wovon die Rede ist, worüber, worunter sie abläuft, welche Zeit gleichzeitig abläuft (im Film gleichzeitig mit der Rede, sie sind aneinander gefesselt): Eine Frau, die zu jüdischen Händlern in Polen sagt, „Sie wissen doch, wir kaufen nicht bei Juden!“, die sagt das halt, man sieht es, man hört es, ohne, wie Heidegger sagt „daß sich der Hörende in ein ursprünglich verstehendes Sein zum Worüber der Rede bringt“. Das, was da zur Sprache kommt, gebracht wird, beredt und beredet, beredt beredet, dem wird zugehört, zugeschaut, doch es bleibt ein Geredetes. Man versteht, was man hört und sieht, das Worüber, von dem Heidegger spricht, versteht man nur ungefähr, denn in den Zeiten, in denen HEIMKEHR spielt und seine Premiere in Wien feierte (und die Vernichtung der Juden, den deutschen Überfall auf Polen, aber auch den Anschluß Österreichs rechtfertigt), meinten diejenigen, die den Film sahen, dasselbe, alle meinten dasselbe, wenn sie ihn sagten, wenn sie diesen Film sahen und gleichzeitig sagten, sich sagten, was ihnen gesagt wurde; sie waren synchronisiert in einem Gemeinsam, und sie verstanden das alles in ein- und derselben Durchschnittlichkeit. Und das Gehörte und Gesehene hat sich an das Geredete, an das Allgemeine, an das, was Sache des Volkes war, damals natürlich, heute hat das Volk eher Sachen, möglichst viele, geklammert, und sie scheinen sich immer noch aneinander zu klammern und ihren Tanz zu tanzen, das Gehörte mit dem Gesehenen, auch wenn das heute so fern (und streckenweise, wie die Monologe der Wessely, sogar lächerlich) erscheint. Das war damals Echtheit der Rede, es war Sachgemäßheit der Rede, gemäßigt war es nicht, es waren ja keine gemäßigten Zeiten, das Maß wurde allen vorgegeben, und sie haben es sich in ihre Teller geschöpft, die Rede war für alle, jede Rede war für alle. Und man sagt mal dies, mal das, aber dieses Film-Gerede (in diesem Fall), denn es ist nicht Filmkunst, ich nenne es, Heidegger folgend (der ja ein eigenes Kapitel ist, aber jetzt nicht meins), Filmgerede, das seine ästhetische Qualität (die es nicht hat, aber wie soll ich es sonst nennen) nicht aus Kunst bezieht, sondern aus einem allgemeinen Einverständnis des Redens, des einverständlichen und schön verständlichen Redens, das jeder versteht, und es ist vielleicht gar kein Reden, es ist ein Fortfahren und Weiterreden und Herumreden und Nachreden, aber es ist nicht Kunst. Es ist nicht Kunst. Gustav Ucicky ist kein Künstler, ja, ich sage das, Sie können ja was andres sagen, nicht weil in diesem Weiterreden und Nachreden das Fehlen der Bodenständigkeit (um den Boden gehts ja, es ist deutscher Boden, und endlich wird dort Deutsch auch gesprochen werden, überall. Wird es immer noch. Wer es nicht kann, soll es gefälligst lernen) sich zur völligen Bodenlosigkeit steigert (wie Heidegger sagt), indem sich das Gerede konstituiert, als das Gerede aller, als das Gefilme aller, als das Meinungsmachen für alle, die aber schon ihre Meinung haben, die sie sich nicht selber gebildet haben, ob gebildet oder nicht, doch immerhin, es ist die eigene! Heute wollen sie das schon wieder, eine eigene Meinung haben, darauf pochen sie, darauf haben sie ein Recht, sie haben auf alles ein Recht, jawohl, und wer nicht mitreden kann, ist draußen, gehört nicht zum gesunden Volksganzen, gehört nicht mehr zu uns. Das Nachreden zu HEIMKEHR ist noch ein Hörensagen, bald aber wird es uns hineingesagt werden, daß uns Hören und Sehen vergehen und wir in ihnen, in der eigenen Bodenlosigkeit, während die Werke Ucickys (er hat die meisten Propagandafilme von allen Regisseuren des Dritten Reichs gedreht, macht ja nichts) auf dem Boden der Tatsachen stehen, die grade wieder und immer wieder, weil sie sich ja bewährt haben, geschaffen werden.

So. Ich erspare es mir, jetzt auch noch über CORDULA zu reden, die Verfilmung von Wildgans’ Epos KIRBISCH. Das Wetterhäuschen hat gekreißt, das kriegerische Männchen ist drinnen verschwunden, das friedliche pazifistische Weibchen ist aus dem Bauernhäuschen heraus erschienen (Max Mell hat das Drehbuch verfaßt) und hat die Röcke gehoben, bloß damit man grade nicht sieht, was drunter ist, nein, es ist keine Blöße, es hat seinen Tanz getanzt, das Wessely-Weibchen als die verlassene Magd, die uneheliche Mutter und der gütige Pfarrer, alles da, was die Filme der Nachkriegszeit so entsetzlich gemacht hat, weil sich das allgemeine Einverständnis in allgemeine Verständnislosigkeit verwandelt hat. Es ist doch gut, so schöne Friedensfilme zu drehen! Wir haben unsere entsetzlichen Erfahrungen gemacht, andre vielleicht auch. Wir wissen, was wir getan haben, deshalb müssen wir es nicht eigens sagen. Wir müssen wieder friedlich sein, auch wenns schwerfällt, so knapp nach diesem schrecklichen Krieg, in dem wir so viel verloren haben, andre aber alles. Und weiter so, es ist ja alles eins, Kriegshetze wie Friedenspropaganda, es ist alles Propaganda, indem nichts gesagt, aber alles niedergeredet wird, ja, gern auch in Bildern, da haftet es besser. Und ein Gefühl sollte schon auch wieder erlaubt sein, auch ein patriotisches, unsretwegen soll das nicht verschwinden, wir warens ja nicht, die andren warens. Das wurde uns oft, gerade an Nationalfeiertagen habe ich CORDULA an Samstagen nachmittags öfter gesehen, vorgeführt. In einem kleinen Kästchen, zu klein, um selber hineinzusteigen, aber groß genug für das Gefilme Ucickys, das sich nicht den Eingang in die Öffentlichkeit versperrt, wo käme es denn da hin?, es käme nirgends hin!, sondern sich diesen Eingang immer wieder bahnt. Nie hat jemand am Nationalfeiertag auf die Geschichte dieses Regisseurs hingewiesen (und sie haben im ORF lange und gern auch andre Nazifilme gespielt, ohne irgendeine Erklärung, z. B. FAMILIE BUCHHOLZ, und als ich mich einmal beschwert habe, da hat mir die Filmbeauftragte des ORF zurückgeschrieben, was ich denn wolle, ich Querulantin, FAMILIE BUCHHOLZ mit dem Pudel namens Rabbi und einem verlorenen, von einer Jüdin gekaperten und ruinierten Sohn, da sei doch ausdrücklich die Rede davon, daß diese Jüdin eine „Emigrantin“ sei, natürlich nicht als Jüdin, sondern halt einfach so, ist so, sie kam aus dem Ausland, und dorthin ging sie auch wieder), und so hat sich was herausgebildet, ich kann es nicht fassen, aber ich muß es auch nicht, wir haben es ja, wir haben es sowieso, und das, was jeder denken und sagen könnte, während er sich noch selbst eine Meinung bilden darf, spricht die Zuschauer los vom Verstehen, endlich Lossprechung, diesmal sogar ohne Beichte!, obwohl in diesen Filmen genug Pfarrer vorgekommen sind, endlich los vom Verstehen, hin zur Verständlichkeit, die wir doch alle wollen. Wir wollen, daß etwas auf der Leinwand erscheint, das niemandem mehr verschlossen ist. Gut, das will ich auch. Und los!

20.11.2014

DIGITALES PROGRAMMHEFT

Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung


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Die Bonner Kulisse

Über die Bonner Uraufführung von BURGTHEATER und Elfriede Jelineks Verständnis von Komik

© Tommy Hetzel

1985 feierte Elfriede Jelineks BURGTHEATER im Werkraum der Bühnen der Stadt Bonn seine Uraufführung. Das Bühnenbild war wiederum dem einer Burg-Inszenierung von Johann Nestroys DER ZERRISSENE nachempfunden. Und eine Besucherin der Premiere war die damals 14-jährige Caroline Peters, die wegen der Grausamkeiten des Stücks irgendwann aus dem Theater flüchtete. Ob das deutsche Publikum Jelineks Text wirklich verstand? Die österreichische Literatur- und Theaterkritikerin Sigrid Löffler ist da eher skeptisch. 

Zur Uraufführung in Bonn

Aus der Physik kennen wir das reziproke Quadratgesetz, auch Abstandsgesetz oder Gesetz der quadratischen Entfernung genannt. Dieses physikalische Gesetz besagt, dass sich eine physikalische Intensität oder Dosis umgekehrt proportional verringert mit dem Quadrat ihrer Entfernung von der Strahlenquelle. Das weiß jeder altmodische Fotograf, der noch mit dem Lichtmesser hantiert, aus eigener Erfahrung. Denn wenn man das Licht als Beispiel nimmt, so lautet das Gesetz: Die Kraft des Lichts nimmt umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung von der Lichtquelle ab. Je weiter die Lichtquelle entfernt ist, desto geringer die Lichtstärke, die Leuchtkraft.

Für den Theaterskandal BURGTHEATER gilt genau das Umgekehrte. Je weiter entfernt seine Skandalquelle, desto größer seine Skandalkraft. Die Skandalkraft verstärkt sich mit der Entfernung vom Skandalort. Für diesen Theaterskandal ließe sich also das Gesetz aufstellen: Seine Kraft nimmt mit der Entfernung nicht ab, sie nimmt vielmehr proportional zum Quadrat der Entfernung von der Skandalquelle zu. Minimale Skandalkraft im Quellort Bonn, maximale Skandalkraft im weit entfernten Wien.

Die Skandalquelle am 10.11.1985 war der Uraufführungsort, die winzige Werkstattbühne des Bonner Städtischen Theaters, mit ihren paar Dutzend Zuschauern. Die Uraufführung ging, soweit ich mich erinnere, ohne sonderliche Publikumsaufregung vonstatten und zu Ende. Das Premierenpublikum hatte stoisch beigewohnt, aber außer viel Gehampel, Gestrampel und Getöse nicht viel mitgekriegt und schon rein sprachlich wenig verstanden. Es blieb herzlich unbeteiligt, schüttelte sich und ging ungerührt nach Hause.

Deutsche Theatergänger waren schon vor dreißig Jahren ziemlich abgebrüht und kaum zu erschüttern, schon gar nicht durch exzessive Lebensmittel-Vernichtung auf der Bühne. Die Schinkenfleckerln, mit denen da auf der Bühne herumgeschweint wurde, waren ja nur die harmlose Vorhut der späteren Castorfschen Kartoffelsalat-Orgien auf der Berliner Volksbühne. Mit BURGTHEATER hatte das Bonner Publikum ein wienerisches Exotikum vorgesetzt bekommen und es kühl konsumiert, da ihm jeglicher Kontext dazu vollkommen fehlte. Es war ein sonderbar deplatzierter Abend, der trotz allem bemühten Radau auf der Bühne wirkungslos verpuffte. 

Den deutschen Theaterkritikern erging es nicht viel anders. Sie verstanden nur Bahnhof. Und manche waren ehrlich genug, das auch einzuräumen. Was sie allerdings nicht daran hinderte, Kritiken zu schreiben und ein Stück und eine Aufführung zu beurteilen, für die ihnen jeder Begriff fehlte. Die Begriffe allerdings, die jedem Deutschen sofort einfallen, wenn sie sich mit unverständlichen österreichischen Abartigkeiten konfrontiert sehen, fielen naturgemäß auch den Kritikern sofort ein und kamen prompt zur Anwendung: „Schmäh“ und „A Hetz“.

In der Rezension der Zeit – naturgemäß mit dem Titel A HETZ – konnte man lesen, der Kritiker habe bereits bei der Lektüre des Stücks vor der Sprache kapituliert. Er hielt den Text für ein absolut unverständliches Kunst- und Über-Österreichisch – „etwas schwieriger zu lesen als Flämisch, wenn auch gewiss etwas leichter als Finnisch“. Der Kritiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung tappte ebenso im Dunklen und zog für sich ein ganz persönliches Resümee: „Die Erkenntnisse, die sich aus den Figuren, Situationen und Texten, kurz: aus dem Stück gewinnen lassen, sind minimal.“

Und die Kritikerin in Theater heute legte ehrlicherweise ihre Rezension von vornherein als Ausflug ins Gelände der völligen Unbegreiflichkeit an. Sie hatte keinen Schimmer, worum es hier ging, und konnte sich über die Schauspieler da oben nur wundern: „Hier scheint jeder zu wissen, wovon er spricht.“ Immerhin hatte sie den Untertitel des Stücks wahrgenommen – „Posse mit Gesang –, konnte also wenigstens mit dem Genre-Begriff etwas anfangen. Also schrieb sie: „Die Inszenierung setzt auf die Posse. Es bleibt undeutlich, was da derartig lächerlich gemacht wird. Was ist das für eine Geschichte, die dargestellt wird? Ich verstehe nichts. Fast kommt durch das Österreichische etwas Bekennendes ins Spiel, fast etwas wie Sendung – und ich weiß nicht, was gesendet wird.“

Sie wussten allesamt nicht, was gesendet wurde, die deutschen Kritiker-Kollegen. Sie hatten keine Ahnung, worum es ging. Sie kannten weder Raimunds ALPENKÖNIG noch die Preisrede des Ottokar von Horneck aus Franz Grillparzers KÖNIG OTTOKARS GLÜCK UND ENDE, die im Stück ihre böse karikierten Auftritte haben, geschweige denn
das exquisite Programm des Bellaria Kinos hinter dem Volkstheater. Kein Kontext, nirgendwo. Allenfalls wussten sie vom Hörensagen, dass es eine Theaterdynastie namens Hörbiger-Wessely geben soll. Diese blanke Unkenntnis hat die deutschen Kritiker allerdings nicht daran gehindert, BURGTHEATER in der Kritiker-Umfrage der Zeitschrift Theater heute als „Bestes deutschsprachiges Stück des Jahres" zu nominieren. Hat uns das überrascht? Nein, natürlich nicht.

Auszug aus: Sigrid Löffler: Umkämpfter Kulturmythos. Zur Kampagne gegen Elfriede Jelineks Posse Burgtheater. In: Pia Janke / Teresa Kovacs / Christian Schenkermayr (Hg.): Elfriede Jelineks Burgtheater – Eine Herausforderung. Wien: Praesens Verlag 2018, S. 447–454.

Elfriede Jelinek: IM SPRECH-BUS (2024)

Meine Französischkenntnisse kommen aus früher Kindheit, von den Nonnen des Ordens Notre Dame de Sion. Keine Muttersprache, eine Kindersprache eigentlich, die mir inzwischen leider abhandengekommen ist. Französisch ist gegangen, die französischen Farcen von Feydeau und Labiche sind geblieben und haben mir abverlangt, eine mir verlorene Sprache wieder zurückzuholen. Da mußte ich lange schreiend hinterherrennen. Ungefähr so, wie in diesen genialen Stücken, den direkten Vorläufern der amerikanischen Comedy Capers mit ihrer Slapstick-Komik, die zu einem großen Teil maschinell, durch Filmtricks, zu erzeugen war, während die französischen Komödiendichter das noch allein den begnadeten Körpern der Protagonisten abverlangt haben. Ein Herr, in einer Doppelrolle als Diener, mußte hinter die Bühne rennen, sie queren, auf halber Strecke hat ihm ein fast ebenso genialer Garderobier einen Teil seiner Kleidung heruntergerissen und das, am Rücken mit Stahlklammern zu schließende Gilet eines Kammerdieners buchstäblich an den Leib geworfen, geclippt, und schon konnte der Eine als der Andre, der aber wiederum der Eine war, auf der andren Seite wieder auftreten, als ein Anderer. Hoffentlich hat er nicht zu sehr geschnauft, was aber für einen Diener recht glaubhaft gewesen wäre.

Mir wird klar, daß das auch viel mit meinem eigenen theatralen Verfahren zu tun hat, wo es überhaupt egal ist, wer der eine und wer der andre ist, sie sind Sprache, die sich selbst entlarvt und in irgendwelche Personen hineinschmeißt, wie der Herr ins Gilet seines Knechtes und umgekehrt. Manchmal wird einem auf der Bühne die Sprache auch nachgeworfen, in der Hoffnung, etwas zu treffen, nicht aber um Gottes willen den Darsteller, der ja noch weitermachen soll.

Sehr wichtig ist die Behandlung der Sprache, sie ist als eine Art Kunstsprache zu verstehen. Nur Anklänge an den echten Wiener Dialekt! Alles wird genauso gesprochen, wie es geschrieben ist. Es ist sogar wünschenswert, wenn ein deutscher Schauspieler den Text wie einen fremdsprachigen Text lernt und spricht.
Aus BURGTHEATER von Elfriede Jelinek

Diese Beschäftigung mit Komik, mit Pointen, die nicht nur in der Darstellung auf der Bühne liegt, sondern in einer Sprache, die, gerade weil immer irgendjemand hinter einem andren herrennt, der seine Sprache womöglich vergessen haben könnte, oder weil ein andrer, was bei der derzeitigen political correctness beinahe undenkbar ist, aus einem Wasserglas trinkt, in dem davor die silberne Gaumenprothese eines Menschen geschwommen ist, der an einer offenen Gaumenspalte leidet, die, wenn der arme Mann seine Verschlußkappe für das Sprechwerkzeug, den Mund, den Gaumen nicht findet, zu unglaublich komischen sprachlichen Verrenkungen und Mißverständnissen führen muß, sodaß, wieder auf ganz andre Weise, die Sprache in ihrer unfreiwilligen Verzerrtheit und Verbogenheit, die wieder ganz andre Wörter produziert als jene, die eigentlich gesagt werden sollen, aua!, so, jetzt ist es passiert: Bei "eigentlich" bin ich leider ausgestiegen aus dem Sprech-Bus, macht ja nichts, ich muß das ja nicht auf einer Bühne deklamieren, also, was wollte ich sagen, das ich nicht sagen konnte (ich wollte hier auch die Schrecken des Theaters kurz aufrufen, wenn einer auf der Bühne steht, etwas sagen muß, aber den Text vergessen hat)? Ich wollte ungefähr sagen: Mißverständnisse entstehen aus einer Krankheit des Mundes, und sie sind dann aber das Eigentliche, auf das es ankommt. Eine Sprache, die eine andre ist, als sie sein soll, spricht für sich, aber nicht in Glossolalie, sondern in einer Verdrehung, Beugung des Gemeinten, das vielleicht gar nicht so gemeint war, und damit wird die Sache brüchig. Sie wird brüchig für mich, die ich diese französische Sprache nicht mehr beherrsche und aus Bruchstücken, Fetzen, Erinnerungen aus der Kindheit neu konstruieren muß, um sie in meine eigene Sprache zu verwandeln, und brüchig ist sie auch in der Originalsprache, bei der genausowenig das sogenannte Richtige aus dem Mund eines Gaumenlosen hervorkommt. Es quillt also etwas heraus, das die Sprache und ihre Begriffe als Medium der Mitteilung sofort wieder anarchisch unterläuft. Keine Unterredung, keine Verabredung mehr (man würde sich schon bezüglich Datums und Uhrzeit nicht einig werden können, Verschiebungen wären ein unlösbares Problem), keine Verständigung mehr möglich. Was sagt der deutscheste der deutschen Philosophen dazu? Er sagt: „Sprache befördert das Offenbare und Verdeckte als so Gemeintes nicht nur erst in Wörtern und Sätzen weiter, sondern die Sprache bringt das Seiende als ein Seiendes allererst ins Offene.“ Und wäre das nur eine Theaterbühne, es wäre schon alles, was die Sprache halt auch brauchen kann (sie kann ja alles verwerten!), und was neben uns auf der Welt existiert. Und das ist schon alles, weil alles andre auch alles sein kann, nur anders. Wo keine Sprache ist, egal, wem sie gehört, da ist keine Offenheit des Seienden – ich sage hier einmal des Auftretenden – und daher auch keine Offenheit des Nichtseienden, das dann eben nicht sein kann, das Leere kann es aber auch nicht. Das kanns doch nicht sein! Es kann nicht sein, weil alles schon ausgesprochen worden ist. Kommen Sie morgen wieder, da wird auch irgendwas, hier oder woanders, gesagt werden. Seien Sie dabei oder nicht: Es wird gesagt werden, lassen Sie sich das gesagt sein!

Anläßlich der Verleihung des Rangs Commandeur de l'Ordre des Arts et des Lettres am 14.4.2024

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Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung

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ALLTAGSGESCHICHTEN

Am 27.04. im MuseumsQuartier: ALLTAGSGESCHICHTEN von Elizabeth T. Spira auf der Bühne von BURG ON TOUR.

© Tommy Hetzel

ALLTAGSGESCHICHTEN
Szenische Gesellschaftsporträts bei BURG ON TOUR. 
in einer Bühnenbearbeitung von Elizabeth T. Spira, bearbeitet von Katharina Hochreiter 
Am 27. April um 15:30 bei BURG ON TOUR im MuseumsQuartier.

Mit Elisabeth Augustin, Paul Basonga, Zeynep Buyraç & Andrea Wenzl 

Auf der mobilen Bühne von BURG ON TOUR erleben Sie am 27. April ab 15.30 Uhr ein Mosaik der legendären ALLTAGSGESCHICHTEN von Elizabeth T. Spira, sensible Bestandsaufnahmen einer Gesellschaft, die von Migration und Politik, Einsamkeit und Beziehungen, Gedanken und Träumen und der Kunst zu leben erzählen.

Das Stück basiert auf Originaltexten aus Elizabeth T. Spiras gleichnamigem TV-Format und wurde von der Journalistin selbst für die Bühne bearbeitet. Katharina Hochreiter bringt diese Archivstimmen im April ins Heute – und im Rahmen von BURG ON TOUR wieder zurück auf die Straße, wo sie ihren Ursprung haben. 

Regie: Katharina Hochreiter
Dramaturgische Begleitung: Anne Aschenbrenner 
Musik: Tino Klissenbauer 
Kostüm: Fabia Greve
Video: Anne Aschenbrenner, Mariano Margarit

BURG ON TOUR
Am 27. April hält unsere mobile Bühne im Rahmen von BURG ON TOUR im Haupthof des MuseumsQuartiers.
Ab 14:30 bieten wir szenische Lesungen und Performances für Anrainer:innen und Passant:innen. Der Eintritt ist frei.
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Barrierearmes Angebot zu GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT

Die BURG möchte das Theatererlebnis vor, hinter und auf der Bühne inklusiver und zugänglicher gestalten. Hier finden Sie unser barrierearmes Angebot für die Vorstellung von GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT am 10 April.

In der Spielzeit 2024/25 werden fünf Vorstellungen mit Audiodeskription begleitet und Programmhefte in Braille-Schrift kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Spielplan sind diese Vorstellungen mit dem Hinweis Audiodeskription gekennzeichnet. 
Die Audiodeskription erlaubt es stark seheingeschränkten oder blinden Menschen, die Bildebene einer Inszenierung nachzuvollziehen. Während der Vorstellung beschreibt ein:e Sprecher:in das Bühnenbild, die Kostüme oder Informationen zur Handlung live mittels mitgebrachtem UKW-Empfänger und Kopfhörer. 

Hier finden Sie alle barrierearmen Angebote für diese Vorstellung: 

  • Zur Audiodeskription gehört eine taktile Führung mittels Touch-Tisch, um vor der Vorstellung Materialitäten und Räume kennenzulernen. 
  • Sie erhalten bei den Oberbilleteur:innen des Burgtheaters kostenlos ein Programmheft in Braille-Schrift.
  • Unten auf dieser Seite können Sie sich Figurenbeschreibungen des GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT Ensembles anhören, in denen sich die Schauspieler:Innen vorstellen und ihr Aussehen und ihre Kostüme beschreiben. 

Für Platzreservierungen und weitere Informationen, wenden Sie sich bitte direkt an unsere Ansprechpartnerin bei der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs:
Irene Zöhrer 
irene.zoehrer@hilfsgemeinschaft.at
Tel.: +43 1 330 35 45 – 82
www.hilfsgemeinschaft.at

FIGURENBESCHREIBUNGEN FÜR BLINDE UND SEHSCHWACHE MENSCHEN

Das Ensemble von GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT stellt sich vor und beschreibt ausgewählte Figuren, ihr Aussehen und ihre Kostüme.

DIE KRISE IST NOTWENDIG

Stefan Bachmann im Gespräch mit Jeroen Versteele

Inszenierungsfoto
© Tommy Hetzel

Jeroen Versteele: Wajdi Mouawad ist kein Unbekannter für dich, du hast schon seine Stücke VERBRENNUNGEN und VÖGEL inszeniert. Welche Bedeutung hat er für dich?

Stefan Bachmann: Wajdi Mouawad steht für mich für eine Form von Mut. Er ist ein Autor, der sich nicht vor Pathos fürchtet. Er macht eine Art „Hollywood-Theater“ – nicht im Sinne von oberflächlich oder süßlich, sondern eher im Sinne von gekonnt, dramaturgisch elaboriert, ausgeklügelt. Seine Geschichten sind packend, berührend, aber auch lustig, einfach mitreißend. Sie sind immer das große, ganze Leben. Ich spüre seine Freude am Plot, am theatralen Moment, an der dramatischen Wirkung, an der Überraschung, an der Verwandlung, an der Raffinesse.

JV: Was sind seine wichtigsten Themen?

SB: Flucht. Die erlebte Gewalt, das Verarbeiten von Kriegstraumata. Dann auch Beziehungen, familiäre Bande jenseits der Genetik. Es gibt viele Patchwork-Familien in seinen Stücken und Verbindungen über die Grenzen von Sprachen, Nationalitäten und Religionen hinweg. Wie können sich Menschen trotz ihrer Unterschiedlichkeit begegnen, miteinander klarkommen?

JV: Flucht bringt immer Veränderung mit sich, Neuanfänge, Schicksalsschläge. 

SB: Und das damit verbundene Gefühl der Entfremdung. Mouawads Figuren suchen nach ihrer Vergangenheit, sie forschen danach, woher sie kommen. Dabei erleben und erkennen sie ganz viel Ungeahntes, entdecken die Abgründe in ihren Vorgeschichten. Und am Ende kommen sie bei ihrer Suche bei sich selbst an, wie Ödipus. 

Wir alle erfahren unsere Leben als etwas, das nicht geradlinig verläuft.

JV: DIE WURZEL AUS SEIN basiert auf Wajdi Mouawads Leben. Der Autor spielte bei der Uraufführung in Paris selbst die Hauptfigur Talyani. Warum ist das Stück trotzdem auch für jene interessant, die keine Wurzeln im Libanon oder Fluchtbiografien haben? 

SB: Ich kann die Motive, die in einer zugespitzten und drastischen Form aufgrund dieser Exilanten- oder Flüchtlingsgeschichte entstanden sind, auf jedes Leben anwenden: Wir alle erfahren unsere Leben als etwas, das nicht geradlinig verläuft. Brüche und traumatische Erlebnisse sammeln sich an, denen wir uns stellen müssen. Das gelingt uns nicht in dem Moment, in dem das Trauma uns begegnet, sondern erst viel später, wenn wir uns mit der eigenen Biografie und den ganzen Unebenheiten, die sie mit sich bringt, auseinandersetzen.

JV: DIE WURZEL AUS SEIN beschäftigt sich im Grunde mit der Frage „Was wäre, wenn ...?“

SB: Diese Frage kennen wir alle, nur geht Mouawad sehr weit in der Fantasie. Er hat die Frage auf seine eigene Biografie bezogen und in allen möglichen Konsequenzen auf die Spitze getrieben. Die fünf Versionen Talyanis scheinen auf den ersten Blick ganz unterschiedliche Menschen zu sein. Aber dann merkt man, dass jeden einzelnen dieser fünf Talyanis die Vergangenheit einholt, und ihn in eine Lebenskrise stürzt. Am Ende verschmelzen alle Talyanis zu einer Figur.

Die Krise ist notwendig dafür, dass es überhaupt so etwas wie Hoffnung gibt.

JV: Diese fünf Talyanis sind kaputte, gestörte, deprimierte, unerfüllte Menschen. Sind die Zersplitterung des Individuums und die Depression im Stuck prägnanter dargestellt oder im Gegenteil die Hoffnung und die Möglichkeit der Heilung, die zum Schluss immer wichtiger wird?

SB: Beides ist ganz wichtig. Die Krise ist notwendig dafür, dass es überhaupt so etwas wie Hoffnung gibt: Alle fünf Talyanis müssen eine Krise durchlaufen, damit sie geläutert daraus hervortreten können wie nach einer Katharsis im klassischen Sinne. Diese Schockmomente, die wir aus der griechischen Tragödie kennen, sind bei Wajdi Mouawad sehr präsent. Er variiert sie auf eine moderne Weise, aber, und das kenne ich von ihm noch nicht in dieser Art und Weise, er beschreibt die Katharsis auch im religiösen, christlichen Sinne. Das Stück erzählt auch von Wiedergeburt. Die religiösen Anspielungen sind vielfältig, unterschiedliche Positionen existieren nebeneinander. Alle Figuren haben aus ihrer Perspektive recht.

JV: Für die Hoffnung ist die junge Generation zuständig, ob es jetzt Talyanis Kinder sind oder die Aktivistinnen oder der junge Dokumentarfilmer, der sich mit dem Mörder seiner Eltern treffen mochte.

SB: Es gibt einen großen Leidensdruck bei denen, die eigentlich gar nicht „schuld“ an den ganzen Geschichten sind, sondern die ausbaden müssen, was die Älteren angerichtet haben. Die Kinder haben viel zu tragen, sie sind in einer fatalen Situation, aber sie sind tapfer und stellen sich alle auf ihre Weise den Aufgaben, die ihnen ihr Schicksal aufgetragen hat: die Aufarbeitung des Verlassen-worden-Seins vom Vater, der häuslichen Gewalt in der Familie bis hin zum Inzest. Es stellt sich die Frage, ob es denkbar ist, nach den schwersten Verbrechen zu vergeben.

JV: Wie hilft dir die Bühne, dieses sich verwandelnde Labyrinth, beim Erzählen dieser Geschichte?

SB: Eine Bühne von Olaf Altmann ist immer ein wandelndes Paradox. Sie ist eine große Herausforderung, eine Knacknuss, ein Sprung durch einen brennenden Reifen. Sie hilft einem vermeintlich nicht, macht einen aber frei von einem zu kleinteiligen, zu realistischen Denken. Und dann merkt man beim Proben, dass sich in ihrer abstrakten Form unglaubliche theatrale Möglichkeiten finden lassen. Man wird vielleicht über diese Aufführung sagen, dass sie realistische, filmische Aspekte hat. Und das stimmt auch, nur lassen wir die filmischen Assoziationen mit ureigenen, theatralischen Mitteln entstehen. Es ist pures Theater.

Vienna City Marathon

Angekündigten Verkehrseinschränkungen rund um den 42. Vienna City Marathon vom 04. April bis 06. April

© Tommy Hetzel

Für den Zieleinlauf am Universitätsring und die dafür notwendigen Auf- und Abbauarbeiten wird die Ringstraße von Stadiongasse bis Mölkerbastei bereits ab Freitag, 04.04.2025 20:00 Uhr bis Sonntag, 06.04.2025 20:00 Uhr für den gesamten Individualverkehr und auch für den öffentlichen Verkehr gesperrt.

Wir bitten daher unsere Besucher:innen, am gesamten Marathonwochenende längere Anfahrtszeiten zum Burgtheater einzuplanen. Allgemein möchten wir unseren Gästen raten auf die U-Bahn Linien auszuweichen.  

Bitte beachten Sie auch, dass die Ringstraße nicht gequert werden kann. Nutzen Sie beispielsweise die Unterführungen bei den U-Bahn-Stationen Schottentor oder Volkstheater.

WEITERE HINWEISE

ÖAMTC

Straßensperren, Querungsmöglichkeiten und Verkehrs-Hotline auf einen Blick beim Mobilitätspartner des Vienna City Marathons.

WIENER LINIEN

Alle aktuellen Informationen zu Einschränkungen im Öffi-Netz

Über den Sommer 1940 auf Gut Marlebäck

Im Sommer 1940, als Friede im Land herrschte und auf den Mooren von Marlebäck der Hafer rauschte, auf den Stangen der Klee und an den Grabenrändern Lavendel und Minze dufteten, der Himmel sich abends wie eine Riesenmuschel über dem blauseidenen Kymifluß wölbte und der Abendwind uns mit pastelligem Hauch küßte, da versammelten wir uns allabendlich in meinem Zimmer. Durch die geöffneten Fenster und die Verandatür atmete der Kymi herein, und meine langen weißen, zarten Gardinen wehten nach draußen und winkten die Antwort auf den Gutenachtgruß der weißen Möwenflügel.

Das war das allabendliche Symposium am Kymi. Brecht kauerte in einem Sessel an der Verandatür, dunkel und ohne Kragen, seine ewige Zigarre rauchend, Helene mit ihrem edlen Profil und ihren schlanken Fingern bediente unsere silberne Wiener Kaffeemaschine ..., sorgsam maß sie das kostbare, duftende Pulver ab. Die Hände der Tragödin waren hoffnungslos rauh und gerötet vom Kartoffelschälen und Geschirrspülen für ihre Flüchtlingsfamilie, und ihr Haar von den Sorgen ergraut, aber ihre Augen strahlten Humor und Lebensfreude aus ... Brecht brauchte die Tasse Kaffee nach dem Abendessen, wie wir alle. Und unsere Zungen standen nicht still, unser Optimismus, an dem es uns nie mangelte, erreichte die Höhen des Hiisivuori und führte uns über den Weltfrieden bis zum Berliner Staatstheater. Wir verschrotteten die Bomber und fanden für sie einen ausgezeichneten Verwendungszweck ...

Ruth Berlau, die im Königlichen Theater Dänemarks die Rolle der Marta Niskavuori spielte, saß unter meiner Tizian-Kopie, schön wie eine Blume, und legte ihr geheimnisvolles Mona-Lisa-Lächeln Brecht zu Füßen. Neben meinem Schreibtisch, hinter meinen Blumenvasen versteckt, die mit den Marlebäckschen Madame-Heriot-Rosen gefüllt waren, saß die kleine Margarete Steffin, Brechts Sekretärin, und spielte mit ihrem Bleistift. (Später stellte sich heraus, daß sie Brechts und meine Geschichten mitstenographiert hatte.) Die arme Grete – die tapfer ihre Lungenschmerzen und ihr Fieber verbarg und die der Tod, des Spiels überdrüssig, innerhalb weniger Tage fortführte – in Moskau, auf der Reise in die Freiheit Amerikas ...

Ich lehnte in der Sofaecke, müde vom Herumlaufen auf den Feldern und in den Wäldern von Marlebäck, wohlig müde, und erzählte. Auch Brecht erzählte: von Piscator, der am laufenden Band Theater machte, von all den Verrücktheiten in den Glanztagen des deutschen Theaterlebens der zwanziger Jahre und den Divas der UFA. Und dann erzählte ich eine wilde Geschichte und am nächsten Tag hörte ich, daß Brecht und Margarete Steffin meine Geschichten sammelten, um sie unter dem Titel „Hella Wuolijoki erzählte“ zu veröffentlichen.
Hella Wuolijoki erzählt jetzt von Helene Brecht. Helene, ein Jahr lang leuchtetest du als Stern in Marlebäck und Helsinki. Wir besuchten dich und saßen auf zerschlissenen Stühlen aus der Rumpelkammer, die du dir für dein provisorisches Heim geliehen hattest, wir tranken Tee und deinen letzten kostbaren Kaffee aus irgendwo zusammengesuchten Tassen – in deiner Küche waren wir um deinen ungehobelten Tisch versammelt. Wir diskutierten über das epische Drama und aßen das herrliche Wiener Brot, das du gebacken hattest; du empfingst uns wie in Berlin in deinem glanzvollen Salon, ganz große Dame und Gastgeberin. Wir sprachen über das Drama und den Krieg, über die Gesellschaft, die Zukunft der Völker, die Literatur, und vergaßen, daß wir auf einem alten zerschlissenen Sofa saßen, das ich dir zur Verfügung gestellt hatte, und daß vor deinen Fenstern die alten Samtgardinen hingen, die du bei mir auf dem Boden gefunden und dir ausgeborgt hattest – du hattest dich geweigert, neue Gardinen von mir anzunehmen. Und manchmal sangst du für uns alte Volkslieder, solche, die nicht in den Büchern stehen, und Brecht spielte auf der Gitarre Weills Kompositionen zu seinen Gedichten.

Helene, ich denke an dich an diesem Sonnabendabend im Gefängnis, und ich mache mir nichts daraus, daß mein Haar aschgrau geworden ist .... (Brecht würde sagen, das paßt zu meinem Stil), und auch nichts daraus, daß ich lernen mußte, Salzhering mit den Fingern zu essen und daß ich schon zwei Sommer kein lebendiges Gras mehr gesehen habe ...

Wie haben wir damals auf dem Hügel von Marlebäck gelegen, die Gesichter ins Gras gedrückt, und wie gierig haben wir die Gerüche der Erde eingeatmet ..., meiner Erde ... Heli, auch ich befinde mich jetzt auf den Straßen Europas …

-Hella Wuolijoki

EINE ABENDGESELLSCHAFT BEI HELLA WUOLIJOKI ist ein in sich gekürzter Auszug aus: Hella Wuolijoki: Und ich war nicht Gefangene. Memoiren und Skizzen. Herausgegeben von Richard Semrau. Aus dem Finnischen von Regine Pirschel. Hinstorff, Rostock 1987 

5.7.40
mit HELLA WUOLIJOKI nach gut marlebäk (kausala) gefahren. sie gibt uns eine villa zwischen schönen birken. wir sprechen von der stille hier heraußen. aber es ist nicht still; bloß sind die geräusche viel natürlicher, der wind in den bäumen, das rascheln des grases, das gezwitscher und was vom wasser herkommt. das gutshaus, weiß, mit zwei reihen von je acht großen fenstern, ist über 100 jahr alt, im empirestil gebaut. die zimmer sind museumsreif. neben dem gutshaus liegt ein riesiger steinbau für die kühe (etwa 80 stück) mit fütterungsluken von oben, wohin das lastauto mit dem futter fährt, und schöner wasserspülung, alles in eisen und herrlichem holz, der rötlichen fichte des nordens. der winter war sehr hart in diesem kriegsjahr. so ist der kirschgarten erfroren, und da das frühjahr ohne regen war, steht auch das gemüse ärmlich. in einem kleinen holzhaus wohnen 14 karelier, fischersleute, die evakuiert wurden. sie wohnen frei und bekommen 10 finnische mark pro tag. h[ella] w [uolijoki] meint, sie kommen damit gut durch. aber sie sehen keine zukunft, das parlament berät über ihr schicksal.
wir sind sehr schläfrig; wahrscheinlich von der ungewohnten luft. der birkengeruch allein ist berauschend und auch der holzgeruch, unter den birken gibt es reichlich walderdbeeren, und auch das sammeln macht die kinder müd. ich fürchte, daß das kochen für helli schwierig wird, es ist nötig, den ofen zu heizen, und das wasser ist nicht im haus. aber die leute sind sehr freundlich, und h[ella] w[uolijoki] weiß unzählige geschichten.

8.7.40
es ist verständlich, daß die leute hierzulande ihre landschaft lieben. sie ist so sehr reich und zeigt großes gemischt. die fischreichen gewässer und schönbäumigen wälder mit ihrem beeren- und birkengeruch. die ungeheuren sommer, über nacht einbrechend nach unendlichen wintern, eine starke hitze nach einer starken kälte. und wie der tag verschwindet im winter, so verschwindet im sommer die nacht. dann ist die luft so kräftig und wohlschmeckend, daß sie fast allein sättigt. und welch eine musik füllt diesen heiteren himmel! beinahe unaufhörlich geht wind, und da er auf viele verschiedenen pflanzen trifft, gräser, korn, gesträuche und wälder, entsteht ein sanfter, an-und abschwellender wohlklang, der kaum mehr wahrgenommen wird und dennoch immer da ist.

19.8.40
die sauna des gutes ist ein kleines viereckiges holzhaus am fluß. durch das auskleidezimmerchen kommt man in den kleinen, dunklen baderaum, der von einem riesigen steinofen beherrscht wird. man nimmt den holzdeckel ab und gießt aus einem danebenstehenden großen eisentopf heißes wasser über faustgroße runde steine, die direkt über dem feuer gehäuft sind. dann klettert man ein paar stufen hoch auf eine holzestrade, wo man sich niederlegt. wenn der schweiß ausbricht, peitscht man die offenen poren mit birkenwedeln, und dann geht man auf den steg hinaus und steigt in den fluß. klettert man wieder hoch – das kühle wasser erscheint einem nicht kalt –, läßt man birkenblätter zurück. auch nachts, im bett, findet man einige. ›man schläft mit der birke, sagt h [ella] w[uolijoki]. die finnischen soldaten bauten saunas selbst in der vordersten stellung.

24.9.40
h[ella] w[uolijoki] liest eben den PUNTILA und scheint sehr erschrocken. er ist nicht dramatisch, nicht lustig usw. alle personen sprechen gleich, statt verschieden wie im leben und in h[ellla] w[uolijoki]s stücken. solche partien wie das gespräch des richters mit dem advokaten in der küche sind langweilig (man weiß das in finnland) und führen die handlung nicht weiter. kalle ist kein finnischer schofför. die gutsbesitzertochter kann nicht vom schofför geld borgen wollen (wohl aber ihn heiraten wie in h[ella] w[uolijoki]s stück), alles ist zu episch, um dramatisch zu sein. dazu wird noch viel kommen, und man kann zwar vermittels der logik nachweisen, wie unrealistisch die naturalistische schablone oder die landläufige familienblatt-psychologie ist, auch baufehler usw, aber nicht, daß etwas lustig ist oder sublime prosa. dabei ist es wünschenswert, daß h[ella] w[uolijoki] nicht den mut verliert, das stück für das richterkomitee zurechtzumachen, abends sprachen wir darüber, und es gelang mir, in einigem beruhigend zu wirken. ich brachte vor, daß allzuviel spannung mir nicht erwünscht scheint, da man mit gespannten bauchmuskeln nicht gut lacht, daß die fülle und vitalität des puntila nicht nur in einer großen suada, sondern auch im reichtum des gestischen gestaltet werden kann, und daß es nicht einmal für die finnen langweilig sein muß, beschrieben zu hören, was ›sie wissen‹. so klug und bescheiden h[ella] w[uolijoki] ist und so begierig zu lernen, war es mir doch nicht möglich, ihr etwa begreiflich zu machen, daß der gang und habitus der szenen bei mir gang und habitus des puntila in ziellosigkeit, lockerheit, in seinen umwegen und verspätungen, wiederholungen und unpäßlichkeiten nachmacht. die frauen von kurgela will sie früher kommen lassen, gleich nach der einladung, damit das publikum sie nicht vergessen hat. sie sieht nicht die schönheit darin, daß sie eben schon beinahe vergessen sind, vom publikum wie von puntila selber, und dann auftauchen, so lang nach dem morgen, an dem sie eingeladen wurden. auch darin, daß eigentlich niemand eine besondere fortsetzung erwarten wird, wenn puntila sie an diesem schönen morgen eingeladen hat, da ja die einladung alles ist und das kommen nur den mißbrauch darstellt.

3.10.40
h[ella] w[uolijoki] verkauft marlebäk. der betrieb wird immer schwieriger. da kein benzin verkauft wird, kehrt die landwirtschaft zu pferd und menschenkraft zurück, und die hauptstadt hat sich in die entfernung zurückgezogen, die sie gegen ende des vorigen jahrhunderts hatte. der milchtransport zur bahn wird ein problem, er nimmt 4 stunden statt eine halbe. das personal reicht nicht mehr aus, und mehr leute zu füttern, ist fast unmöglich. der wert des guts ist gestiegen, seit die deutschen durchfahrtsrecht nach norge erhalten haben, was vorige woche geschah.
h[ella] w (uolijoki] ist nun sehr zufrieden mit dem PUNTILA. beim übertragen ins finnische, sagt sie, habe sie gesehen, daß das stück sehr reich und puntila eine nationale figur geworden sei.

Brecht, Bertolt. Arbeitsjournal 1938–1955. Herausgegeben von Werner Hecht, Suhrkamp, 1973

HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI
von Bertolt Brecht mit Musik von Paul Dessau und Pablo Chemor
Regie: Antú Romero Nunes
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Theaterclubfestival

25.04. bis 04.05. im Vestibül des Burgtheaters

© Tommy Hetzel

In jedem unserer Theaterclubs hat sich ein eingespieltes Team – angeleitet von Theaterschaffenden, die der BURG eng verbunden sind – seit Oktober 2024 wöchentlich zur Probe getroffen. 

Beim Theaterclubfestival spielt jede Gruppe an mehreren Abenden ihr Stück auf der Bühne des Vestibüls.

Am Samstag, dem 26.04., feiern wir im Anschluss an die Aufführungen unsere ERÖFFNUNGSPARTY im Vestibül. In der Woche darauf, am 03.05., gibt es direkt die nächste Feier- unsere ABSCHLUSSPARTY. 

Es erwarten euch außerdem an den Wochenenden und Feiertagen eine Chill-Out-Area unmittelbar vor dem Vestibül: es wird Liegestühle, Snacks, die Möglichkeit sich zu schminken und zu beglitzern sowie Friendship-Bracelets zum Selberbasteln geben!

ALLE TERMINE

  • 26.04. um 18:00 Uhr
  • 27.04. um 18:00 Uhr
  • 30.04. um 19:30 Uhr
  • 03.05. um 18:00 Uhr
  • 26.04. um 20:30 Uhr
  • 27.04. um 20:30 Uhr
  • 01.05. um 19.30 Uhr
  • 03.05. um 20:30 Uhr
  • 25.04. um 18:00 Uhr
  • 29.04. um 17:00 Uhr
  • 02.05. um 20:30 Uhr
  • 04.05. um 20:00 Uhr
  • 25.04. um 20:30 Uhr
  • 29.04. um 20:30 Uhr
  • 02.05. um 18:00 Uhr
  • 04.05. um 17.30 Uhr

Für alle Besucher:innen, die alle 4 Theaterclub-Vorstellungen besuchen, gibt es eine Überraschung! 
Online erhalten Sie diese nach dem Kauf aller Tickets per Mail, an den Tageskassen müssen Sie dafür einfach nur Karten für alle 4 Theaterclubs erwerben.

Theaterclub 1: NO PRESSURE

Wie erleben wir Zeit? Sie vergeht, dehnt sich aus, rast davon. In einer Collage aus Bewegungen und Sprache reflektieren die Darsteller:innen über ihr
subjektives Zeitempfinden und gestalten in einem kollaborativen Prozess die Performance mit.

Theaterclub 2: SOVIELDAZU

Das ist eine wahre Geschichte. Die dargestellten Geschehnisse ereignen sich so jeden Tag und überall. Die Namen wurden geändert. Der Rest wird genauso erzählt, wie er sich zuträgt. So viel dazu …

Theaterclub 3: (AT) FRONT

Können wir uns an einen Tag erinnern, an dem es keinen Krieg auf der Welt gab?
Ist Krieg etwas Alltägliches?
Ein Kaleidoskop von Geschichten aus Vergangenheit und Gegenwart – recherchiert und präsentiert von Menschen aus Wien. (AT) FRONT ist eine Projektion aus Stimmen, Erinnerungen und Gefühlen.

Theaterclub 4: ENTFALTEN

Mit jeder Spur, die das Leben in den Körper zeichnet, verliert er das Anrecht, begehrt zu werden. Denn mit jeder neuen Falte soll die Lust schon mal vorsorglich begraben werden. Die Falte darf keinen wilden Sex haben oder dreckige Fantasien äußern, nicht schamlos oder maßlos sein. Warum eigentlich?

Theaterfrühling

Kombinieren Sie Ihr persönliches Programm aus einem Paket an spannenden Theaterabenden in unseren Spielstätten und erhalten Sie bis zu 50 % Ermäßigung!

So buchen Sie Ihren Theaterfrühling ab 10. März, 10 Uhr

Buchen Sie zwei Vorstellungen unseres THEATERFRÜHLING-Pakets gemeinsam, erhalten Sie 30 % Ermäßigung bei drei und mehr Vorstellungen sogar 50 % Ermäßigung!

Wählen Sie im Menü unseres Webshops "Pakete" an und klicken Sie dann auf das gewünschte Paket: Kombinieren Sie Ihr persönliches Programm aus allen gelisteten Theaterfrühling-Vorstellungen und suchen Sie anschließend Ihre Plätze aus!

Gerne können Sie auch an der Kreditkarten-Hotline der Bundestheater Ihr persönliches Theaterfrühlings-Paket buchen!

im Burgtheater: Universitätsring 2, 1010 Wien
in der Volksoper: Währinger Straße 78, 1090 Wien
im Opernfoyer: Opernring 2, 1010 Wien

Mo bis Fr: 10–18 Uhr
Sa, So, Feiertag: 10–13 Uhr

Im Opernfoyer samstags auch bis 18 Uhr!
 

ZENTRALFRIEDHOF | Burgtheater
Do, 03.04.2025, 20:00 Uhr

DER GROßE DIKTATOR | Akademietheater
Fr, 04.04.2025, 20:00 Uhr

In Abänderung: DER ZAUBERBERG | Burgtheater
Mo, 07.04.2025, 20:00 Uhr 

AM ZIEL | Akademietheater
Mo, 07.04.2025, 19:30 Uhr 

DORIAN GRAY | Akademietheater
Mi, 09.04.2025, 20:00 Uhr 

DER BAU | Akademietheater
Do, 10.04.2025, 20:00 Uhr 

DER TARTUFFE | Burgtheater
Sa, 12.04.2025, 19:30 Uhr

HELDENPLATZ | Burgtheater
Di, 15.04.2025, 18:00 Uhr

DER EINGEBILDETE KRANKE | Akademietheater
Mi, 16.04.2025, 20:00 Uhr 

ELLEN BABIĆ | Akademietheater
Sa, 19.04.2025, 20:00 Uhr 

DER TARTUFFE | Burgtheater
Mo, 21.04.2025, 19:00 Uhr

EGAL | Akademietheater
Mo, 21.04.2025, 19:00 Uhr

JOHANN HOLTROP | Burgtheater
Mi, 23.04.2025, 19:30 Uhr

TOTO ODER VIELEN DANK FÜR DAS LEBEN | Burgtheater
Do, 24.04.2025, 19:30 Uhr

DIE TRAUMDEUTUNG VON SIGMUND FREUD | Akademietheater
Sa, 26.04.2025, 20:00 Uhr

HAMLET | Burgtheater
So, 27.04.2025, 19:00 Uhr

DIE EINGEBORENEN VON MARIA BLUT | Akademietheater
Mo, 28.04.2025, 20:00 Uhr

AKINS TRAUM VOM OSMANISCHEN REICH | Burgtheater
Di, 29.04.2025, 20:00 Uhr

DER EINSAME WESTEN | Akademietheater
Do, 01.05.2025, 19:00 Uhr

KÖNIG LEAR | Burgtheater
So, 04.05.2025, 18:00 Uhr

Das Angebot gilt bei gemeinsamer Buchung der gewählten Vorstellungen: In allen Vorstellungen Ihres Pakets ist die gleiche Anzahl an Plätzen zu buchen. Das Angebot ist nicht mit anderen Ermäßigungen kombinierbar und gilt solange der Vorrat reicht. Aktionspreise werden gerundet.

Zu Ihrer Auswahl stehen:

ZENTRALFRIEDHOF
Do, 03.04.2025, 20:00 Uhr

Der Tod ist ein Fehler, dem sich Herbert Fritsch in ZENTRALFRIEDHOF auf der Bühne des Burgtheaters vollumfänglich widmet: Dabei sucht Fritsch die Komik, die wir entwickeln, um unsere Furcht vor dem Tod zu verbergen.
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Inszenierungsfoto
STEFKO HANUSHEVKSY ERZÄHLT: DER GROSSE DIKTATOR
Fr, 04.04.2025, 20:00 Uhr

Stefko Hanushevsky formt aus Charlie Chaplins weltberühmtem Film seine eigene Geschichte: In unzähligen Rollen verknüpft Hanushevsky in einem fulminanten Solo Film, Fiktion und Biografie.
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DER ZAUBERBERG
Mo, 07.04.2025, 20:00 Uhr

Verbringen Sie Zeit mit Hans Castorp und treffen Sie in einem Davoser Sanatorium auf eine Vielzahl bunter Charaktere. Wieder zu sehen auf der Bühne des Burgtheaters: DER ZAUBEBERG in der Regie von Bastian Kraft als multimediale Erfolgsproduktion!
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AM ZIEL
Mo, 07.04.2025, 19:30 Uhr

Auf der Bühne des Akademietheaters erwartet Sie Thomas Bernhards AM ZIEL mit Dörte Lyssewski, Maresi Riegner und Rainer Galke - ein Abend, der zwischen Witz und Wahnsinn oszilliert!
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DORIAN GRAY
Mi, 09.04.2025, 20:00 Uhr

Im Theaterfrühling auf der Bühne des Akademietheaters: Der zeitlose Klassiker DORIAN GRAY von Oscar Wilde in einer Inszenierung von Bastian Kraft - mit Markus Meyer.
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Inszenierungsfoto
DER BAU
Do, 10.04.25, 20:00 Uhr

Kafkas Erzählung DER BAU ist das Protokoll einer unterirdischen Welt, in der Glück und Paranoia eng verschwistert sind: Mit Max Simonischek!
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DER TARTUFFE
Sa, 12.04.2025, 19:30 Uhr
Mo, 21.04.2025, 19:00 Uhr

Barbara Frey untersucht in ihrer Inszenierung von Molières berühmter Komödie DER TARTUFFE die Mechanismen der Manipulation und zeigt die Abgründe einer Gesellschaft, die „das Gute“ ganz genau zu kennen scheint.
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HELDENPLATZ
Di, 15.04.2025, 18:00 Uhr

Frank Castorf inszeniert Thomas Bernhards letztes Stück HELDENPLATZ über eine aus dem Exil zurückgekehrte jüdische Professorenfamilie und die Traumata der Geschichte: Mit Marcel Heupermann, Birgit Minichmayr u.a.!
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DER EINGEBILDETE KRANKE
Mi, 16.04.2025, 20:00 Uhr

In seinem berühmten Stück beschreibt Molière das Verhältnis eines selbstmitleidigen Hypochonders zu seinen geldgierigen Ärzten als eine für beide Seiten Gewinn bringende Symbiose.
In ihrer Überschreibung aktualisieren Barbara Sommer und Plinio Bachmann das Stück zu einem Kreisel der Überempfindlichkeit. Regie: Stefan Bachmann!
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ELLEN BABIĆ
Sa, 19.04.2025, 20:00 Uhr

Marius von Mayenburg hat mit ELLEN BABIĆ ein feinnerviges Kriminalstück geschrieben, das mit jedem Glas Wein zunehmend ins Bedrohliche kippt. Wer hat was getan? Wer lügt und wer sagt die Wahrheit? Und ist es möglich, aus diesem abgründigen Beziehungsgeflecht siegreich hervorzugehen?
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DER TARTUFFE
Sa, 12.04.2025, 19:30 Uhr
Mo, 21.04.2025, 19:00 Uhr

Barbara Frey untersucht in ihrer Inszenierung von Molières berühmter Komödie DER TARTUFFE die Mechanismen der Manipulation und zeigt die Abgründe einer Gesellschaft, die „das Gute“ ganz genau zu kennen scheint.
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EGAL
Mo, 21.04.2025, 19:00 Uhr

EGAL ist ein psychologisch abgründiges und irrwitzig komisches Stück von Marius von Mayenburg über privilegierte und vermeintlich gleichberechtigte Paare, deren Welt von außen betrachtet in Ordnung scheint: Mit Caroline Peters und Michael Wächter!
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Inszenierungsfoto EGAL
JOHANN HOLTROP
Mi, 23.04.2025, 19:30 Uhr

Acht Schauspielerinnen und eine Live-Band erzählen in dieser rhythmisch treibenden Inszenierung vom Aufstieg und Fall eines Managers, von politischen Umbrüchen der Nullerjahre und nicht zuletzt von männlicher Führung und giergetriebenen Machtdynamiken.
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TOTO ODER VIELEN DANK FÜR DAS LEBEN
Do, 24.04.2025, 19:30 Uhr

Mit TOTO ODER VIELEN DANK FÜR DAS LEBEN nach Sibylle Berg erwartet Sie eine bitterböse Coming-Of-Age-Geschichte , die mit der Geburt eines Babys ohne erkennbares Geschlecht beginnt. Regisseur Ersan Mondtag stellt sich mit dieser Arbeit an der BURG vor.
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DIE TRAUMDEUTUNG VON SIGMUND FREUD
Sa, 26.04.2025, 20:00 Uhr

Reisen Sie in DIE TRAUMDEUTUNG VON SIGMUND FREUD von Dr. Freuds Ordination in der Berggasse 19 bis in unsere Kinderzimmer!
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HAMLET
So, 27.04.2025, 19:00 Uhr

In ihrer Inszenierung von Shakespeares weltberühmter Tragödie lässt Karin Henkel die Geister der Vergangenheit immer wieder auferstehen. Ein unaufhörliches Spiel aus Schein und Sein. Oder Nichtsein.
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DIE EINGEBORENEN VON MARIA BLUT
Mo, 28.04.2025, 20:00 Uhr

Auf der Bühne des Akademietheaters erwartet Sie mit Maria Lazars DIE EINGEBORENEN VON MARIA BLUT in der Regie von Lucia Bihler eine literarische Wiederentdeckung.
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Inszenierungsfoto
AKINS TRAUM
Di, 29.04.2025, 20:00 Uhr

Lassen Sie sich mit AKINS TRAUM VOM OSMANISCHEN REICH zurück ins 13. Jahrhundert zu Osman I. entführen: Stefan Bachmann erzählt die Vorgeschichte der modernen Türkei mit Witz und Leichtigkeit.
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DER EINSAME WESTEN
Do, 01.05.2025, 19:00 Uhr

Erleben Sie das bemerkenswerte Jugendwerk DER EINSAME WESTEN des erfolgreichen Filmemachers Martin McDonagh - mit Roland Koch, Michael Maertens, Itay Tiran und Lili Winderlich.
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Inszenierungsfoto
KÖNIG LEAR
So, 04.05.2025, 18:00 Uhr

Erleben Sie KÖNIG LEAR mit Martin Reinke in der Titelrolle auf der Bühne des Burgtheaters: Rafael Sanchez inszeniert Shakespeares Tragödie über das konfliktvolle Wesen der Macht und einen, der sie nicht loslassen kann.
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