WIENER SPEZIALITÄTEN

Schauspielerinnen und Schauspieler der BURG treffen sich in einem Wiener Kaffeehaus und plaudern über Wien, Theater und die Welt.
Regelmäßig hier und auf Youtube!

© Tommy Hetzel

Konzept & Creative Producing: Anne Aschenbrenner 
Video: Andrea Gabriel 
Projektmitarbeit: Cedric Baumann 
Musik: Franziska Hatz & Alexander Nefzger

Bei Müsli und Ei im Glas plaudern Caroline Peters und Michael Wächter über BURG-Legenden, Schauspieler:innen-Dasein, Theaterleben und Veränderungen in Theater und Gesellschaft. Caroline Peters ist seit dieser Spielzeit wieder Teil des BURG-Ensembles und auch Michael Wächter kam im September 2024 fest an die BURG.

Bei zwei Verlängerten begegnen sich Max Simonischek und Michael Maertens nach langer Zeit wieder und plaudern über die gemeinsame Tennisleidenschaft, Theatersolos und den Verlust ihrer Väter, Peter Maertens und Peter Simonischek. Max Simonischek ist seit dieser Spielzeit Teil des Burgtheater-Ensembles, Michael Maertens kam zur Spielzeit 2009/10 fest an die BURG. 

Bei Kaiserschmarrn und Torte erzählen Alexander Angeletta und Alexandra Henkel vom Tingeln von Schauspielschule zu Schauspielschule, ersten Engagements und dem Ankommen in Wien. Alexander Angeletta ist seit dieser Spielzeit Teil des BURG-Ensembles, Alexandra Henkel kam 2002 an die BURG.

Bei Powidltascherl und Esterhazytorte lernen sich Lola Klamroth und Hans Dieter Knebel kennen: 
Sie ist seit dieser Spielzeit Teil des BURG-Ensembles, er kam 1986 an die Burg. Ein Gespräch über das Anfangen und Ankommen, über die erste gemeinsame Produktion DER REVISOR - und über Wien, Theater und die Welt. 

Mehr zu PEER GYNT

© Tommy Hetzel

GESCHICHTENERZÄHLEN ZUM ÜBERLEBEN

Ein Gespräch mit Regisseur THORLEIFUR ÖRN ARNARSSON

ANIKA STEINHOFF (Dramaturgie) Man kann sagen, dass dich mit dem Stück PEER GYNT eine besondere persönliche Beziehung verbindet. Wie würdest du diese beschreiben?

THORLEIFUR ÖRN ARNARSSON Meine Eltern haben sich als Statisten bei PEER GYNT kennengelernt. Und eine meiner ersten Bühnenerfahrungen war, dass ich einen von den Trollen gespielt habe – in der Inszenierung meiner Mutter, in der mein Vater Peer Gynt gespielt hat. So habe ich meinen Vater jeden Abend auf der Bühne sterben sehen. Mit meiner ersten PEER GYNT-Inszenierung 2011 in Luzern habe ich eine Art Durchbruch gefeiert, weil ich da in gewisser Weise das Familienerbe aufgenommen und auf eigene Art verarbeitet habe. Schon damals habe ich gewusst, dass PEER GYNT einer der Stoffe mit universellen Fragen ist, die mit einem so verbunden sind, dass man diesen in unterschiedlichen Lebensetappen immer wieder begegnen wird und begegnen möchte. Und als Künstler hat man mit Stoffen, die man so gut kennt, die Möglichkeit, zu überprüfen, wie es gerade um das eigene Leben steht, aber auch um die Zeit, in der wir leben.

AS Peer Gynt ist eine rätselhafte Figur. Wie liest du diese Figur? Wofür steht sie für dich?

TÖA Das Stück zielt darauf ab, die absoluten Kernfragen zu stellen: Wer bin ich? Wie finde ich heraus, wer ich bin? Wie navigiere ich das komplexe Selbst bei all der Reibung mit der Welt, die so viel von einem will und zu der man sich verhalten muss? Da ist diese Figur auf eine interessante Art so etwas wie ein Prototyp für den Menschen in einer kapitalistischen Welt. Das Stück wurde in der Zeit einer Neu-Definition des Individuums und des Aufbruchs von alten Machtsystemen geschrieben. Man hat eine Figur, die aus einer ursprünglich reichen Familie kommt, die aber in der vorigen Generation alles verloren hat. Das Einzige, was man ihr auf den Weg mitgegeben hat, ist die Fähigkeit, sich über die Geschichte, die man sich selbst erzählt, zu definieren. Aber was wird aus einem, wenn man sich dauerhaft selbst definiert? Wer ist man dann?

Heutzutage ist es ein zentrales Thema, dass wir permanent ‚Ich-Geschichten‘ in die Welt senden, um uns besser zu verkaufen. Sind zum Beispiel Influencer:innen sie selbst oder sind sie Verkaufswaren? Wird das Ich zu einer Verkaufsware gemacht? Das ist genau das, was Peer Gynt macht und was ihn so viel vom Leben verpassen lässt. Und das trifft dann wiederum auf unsere Arbeit am Theater zu. Alles, was wir machen, entsteht für eine Öffentlichkeit. Wie mache ich meine eigenen Fragen und Interessen vermittelbar und versuche gleichzeitig, mich von der Reaktion auf diese Vermittlung nicht abhängig zu machen? Deswegen wird das Stück, glaube ich, auch von so vielen Theatermenschen geliebt, weil es auf eine Art auch unsere Realität spiegelt.

AS Auf der Reise durch sein Leben begegnet Peer Gynt unterschiedlichen Figuren aus sehr unterschiedlichen Welten. Was sind das für Begegnungen und was sind das für Welten, mit denen er konfrontiert wird?

TÖA PEER GYNT ist letztendlich eine Art Stationendrama. Ich finde, der Kern des Stücks kommt am Ende sehr stark zum Vorschein, obwohl diese metaphysischen Elemente ja von Anfang an da sind. Ich will das enger miteinander verknüpfen, dass die zentralen Fragen, denen er sich stellt oder denen er sich nicht stellt, von Anfang an im Raum sind. Das heißt, die Stationen des Lebens sind eher Rückblicke auf sein Leben in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Tun.

AS Die Figuren, denen er begegnet, sind weniger psychologische Figuren, die für sich selbst stehen, sondern eher Auslösemomente, Spiegelungen oder Impulse für Peer Gynt – auch auf der Ebene anderer Welten, die mit unserer Realität nichts zu tun haben.

TÖA Oder ganz viel mit unserer Realität zu tun haben. Für mich stellt das eigentlich keinen Widerspruch dar. Wir beobachten uns in unserem Bewusstsein, indem wir durch die Welt laufen und diese Welt wahrnehmen. Das ist sowieso ein Grundgesetz bei mir im Theater, dass dieses Bewusstsein des eigenen Tuns besteht, während man etwas tut.

AS „Gedacht ist gehandelt.“ Ist das nicht ein Kernsatz in PEER GYNT?

TÖA Ja, obwohl das, wie ich finde, nicht ganz zutrifft. In Peer Gynts Fall ist das so, das ist sein Prinzip: Indem er etwas erzählt, etwas in die Welt setzt, macht er es zur Realität und so wird er auch erfolgreich. Aber die Kosten dafür werden im Stück auch verhandelt. Es geht mir um eine konsequente Auseinandersetzung mit dem Sein in einer Zeit des Scheins.

AS Die Welt der Trolle – was ist das? Für dich als Isländer hat es ja eine andere Selbstverständlichkeit, dass es diese Welt gibt oder geben könnte.

TÖA Allein angesichts der Vulkanausbrüche in Island kann man dort nicht herumspazieren als Beherrscher der Natur. Ich glaube, wenn man in so eine Welt aufbricht, in der das Wetter eine so große Rolle spielt und das Leben bestimmt, ist das Geschichtenerzählen auch ein Bestandteil des Überlebens. Damit verschiebt sich diese klare, rationale Realität, denn Natur ist nicht rational und unsere Auseinandersetzung mit ihr ist auch nicht rational.

AS Henrik Ibsen hat das Stück ursprünglich als dramatisches Gedicht konzipiert und erst später eine Bühnenfassung erstellt. Mit welchem Genre haben wir es hier zu tun? Ist es ein Märchen, ist es eine philosophische Parabel – wie würdest du es einordnen?

TÖA Ein besonderer Reiz des Stücks besteht darin, dass es ein dramatisches Gedicht ist. Und wenn es in die Fantasie oder ins Metaphysische geht, ist der Weg kürzer, weil es in einer Kunstsprache geschrieben ist. Man merkt es, dass man im Alltagsleben, wenn man an einem solchen Stück arbeitet, automatisch anfängt zu reimen. Man denkt manchmal: Das Leben wäre doch schöner, wenn man dauerhaft so sprechen würde. Ich glaube, das Stück ist genresprengend. Ibsen war jung, als er das Stück geschrieben hat. Man hat den Eindruck, es ist so aus der Hüfte geschossen. Teilweise ist es ein dramatisches Gedicht, aber dann ist es auch wieder ein ganz klares Stationendrama. Es ist philosophisch und zugleich sehr menschlich. Es erzählt vom Bauernleben und gleichzeitig von den ganz großen Fragen des Kapitalismus und des Selbst in Zeiten der Selbstvermarktung. 

AS Peer wächst ohne Vater auf. Seine Mutter Aase und er leben verarmt auf einem Hof in einer – heute würde man sagen – eher toxischen Beziehung. Was ist das für eine Dynamik? Welchen Einfluss hat Aase auf das Leben ihres Sohnes?

TÖA Das Einzige, was sie ihm schenken kann, sind die Geschichten, denn etwas Anderes hat sie nicht. Ich sehe Parallelen zwischen Aase und Mutter Courage. Sie agiert so gut, wie sie kann, in unmöglichen Umständen und sie muss damit kämpfen, dass das, was sie ihm auf den Weg mitgibt, ihn später so zerbrechlich und schwach und unglücklich macht. Aber sie hat auch keine Alternativen.

AS Du hast Peer Gynt mit einer Schauspielerin, Mavie Hörbiger, besetzt. Wie kam es dazu?

TÖA Wenn ich über Besetzungen nachdenke, denke ich nicht in Kategorien, sondern suche die richtigen Menschen. Mavie und ich haben jetzt mehrmals zusammengearbeitet und angesichts der Breite ihres Könnens, ihres Agierens zwischen Klamauk und tiefster Erschütterung, ihres Umgangs mit Sprache dachte ich: So jemand ist prädestiniert, Peer Gynt zu spielen. Sollte man dann nur wegen des Geschlechts sagen, das geht nicht? Mir geht es nicht um die ganze politische Debatte, die darüber herrscht. Wir spielen ein Stück aus dem Kanon, in dem Frauen kaum vorkommen, vor allem wenn sie ein bestimmtes Alter erreichen. Und Mavie Hörbiger ist einfach eine fantastische Schauspielerin, die so eine Rolle fantastisch spielen kann. Dass es da zu einer gewissen Reibung kommen kann, finde ich interessant. In Teilen ist Peer Gynt eine sehr ‚männliche‘ Figur, aber die Fragen, die da gestellt werden, sind universell und betreffen uns alle. Ich würde diese Besetzung am liebsten gar nicht thematisieren und als Cross-Gender-Besetzung bezeichnen, sondern nur mit der Qualität der Schauspielerin begründen.

AS Peers Getriebenheit, sein Maximalismus, seine Suche nach dem wahren Ich bei ständigem Wechselspiel seiner Identitäten und Lebensentwürfe erscheint, als hätte Ibsen – fast vorausschauend – einen sehr modernen Menschen entworfen, der uns heute nahe ist.

TÖA Das ist genau das, was Ibsen mit den ganz großen Dichtern wie Shakespeare verbindet: Er war ein Denker, der eine Prognose machen konnte, was auf uns zukommt, wenn diese Eigenschaften in den Vordergrund rücken. Und diese Eigenschaften sind in den Vordergrund gerückt und damit hat es etwas Prophetisches. Das ist eine zweihundert Jahre alte Figur, die so modern erscheint, als wäre sie heute Morgen geschrieben worden. Und sie wird immer aktueller. Ibsen hat die Strömung seiner Zeit auf eine interessante Art gelesen und hochgerechnet. Und er ist Peer gegenüber unfassbar kritisch und gleichzeitig total zugewandt. Das ist ja das Tolle an der Figur: Man kann von Peer mitgerissen sein und gleichzeitig kann man den Zweifel, dass er nicht ganz in Ordnung ist, nicht loswerden. Diese Ambivalenz trifft auch auf unsere Existenz heute zu.

AS Peers größtes Ziel ist es, Kaiser zu werden.

TÖA Peer geht es darum, so zu leben, dass ihm keiner was wegnehmen kann, dass er über sein eigenes Schicksal bestimmt. Vielleicht glaubt er auch, sich in dieser Position noch stärker zu spüren, noch näher an die großen Ideen und großen Gefühle heranzukommen, denen er sein Leben lang hinterherjagt.

AS Er wird schließlich ja auch Kaiser – allerdings in einem „Irrenhaus“ in Ägypten. Was ist das für eine Weltbeschreibung, die Ibsen da vornimmt?

TÖA Der ganze Afrika-Teil ist interessant, weil man den Eindruck hat, dass da viel Kolonialgeschichte mitschwingt. Gleichzeitig hat dieser Teil viel Ironie: Du wirst erst wirklich Kaiser, wenn du im „Irrenhaus“ ankommst. Vielleicht ist das auch eine Aussage über die Macht als solche. Ibsen verrät seine Haltung gegenüber den Figuren und der Geschichte nicht. Das Stück ist einerseits sehr witzig, skurril und verrückt und andererseits ist Peer Gynts Reise eine Metapher für unsere eigene Lebensreise, mit der wir uns verbinden und identifizieren können.

AS Man könnte sagen, Peer ist in seiner Egozentrik radikal und verhält sich in seiner Phase als Kapitalist skrupellos und amoralisch. Warum kann man ihn trotzdem mögen? Was macht ihn dennoch liebenswert?

TÖA Peer hat etwas sehr Neugieriges, Lustvolles. Er ist jemand, der positiv in die Zukunft schaut und sich von Rückschlägen nicht aufhalten lässt und seine Vergangenheit – sei sie noch so negativ – gut hinter sich lassen kann. Er versteht einen Neubeginn nicht als Scheitern. Er hat etwas Kindliches, Naives. Was macht Steve Jobs liebenswert? Oder Bill Gates? Bill Gates gründet eines der größten Imperien der Weltgeschichte und nützt Geld, um Malaria in Afrika zu bekämpfen. Peer Gynt treibt Menschenhandel und sagt aber sofort, dass er den Gewinn verwendet hat, um Spitäler und Schulen zu bauen. Ibsen setzt seine Kritik an seiner Zeit genau an dieser Stelle an. Haben wir heute unsere kritische Sicht darauf verloren? Man kann nicht sagen, dass jemand, dessen Privatbesitz größer ist als das Einkommen der Hälfte der Weltbevölkerung, moralisch handelt.

AS Bei Peer Gynt spielt die Angst vor dem Mittelmaß eine große Rolle – worin dann ja auch der große Konflikt mit dem Knopfgießer besteht.

TÖA Ja, wer will am Ende seines Lebens feststellen, dass er sich sein ganzes Leben nur im Mittelmaß bewegt hat? Das Spannende ist größer. Interessanterweise hat er ja auch keine Kinder. Er hat keine Familie.

AS Solveig, Peers große Liebe, wartet im Stück vor allem passiv ihr Leben lang auf seine Rückkehr. Wie liest du diese Frauenfigur?

TÖA Es gibt Dinge im Leben, die man tut und die nicht mehr einzuholen sind. Dafür steht Solveig – für die unwiderrufliche Sünde, die Peer begeht. Ibsen arbeitet in seinen Stücken oft mit einer starken Symbolik – erst als Peer sich mit seiner Lebenssünde beschäftigt, kann er zur Ruhe kommen. Die Geschichte mit Solveig ist über das ganze Stück gespannt, weil Ibsen Peer eine ‚Kernruhe‘ wegnehmen wollte. Um diese Leere rudert Peer dauerhaft herum, weil er sich nicht traut, sich die Frage nach dem Sinn seiner Existenz, nach dem Ziel seiner Lebensreise zu stellen. Das Ich ist bei ihm, so wie bei uns allen, etwas Flüchtiges, nichts Statisches. Als junger Mann lockt Peer eine ganz junge Frau aus ihren Familienverhältnissen und nimmt sie mit auf die Heide – und nur weil er Angst hat, verlässt er sie. Jeder kann in seinem Leben auf diese Art Leerstelle schauen.

AS Wo man sich selbst verraten hat? Wo man etwas von sich abgespalten hat?

TÖA Ich glaube zutiefst, dass man sich dem stellen muss, wovor man am meisten Angst hat, um Frieden mit sich schließen zu können. Und das passiert – wie bei Peer Gynt – oft erst durch Katastrophen oder durch den Tod, wenn man etwas nicht mehr verdrängen kann. Im Leben wie im Theater ist es ja oft so, dass wir bei anderen genau erkennen, was das Problem eines Menschen oder einer Figur ist – und es viel schwieriger ist, das bei sich selbst zu sehen. Solveig ist am wenigsten eine ‚Figur‘ im Stück. Sie ist ein Symbol, die für etwas tief Menschliches steht. Sie hat eine ungeheure Bedeutung im Stück, aber wenn man sie aus der Figurenperspektive betrachtet, ist sie überhaupt nicht spannend.

AS Solveig und Peer Gynt sind sich trotzdem ähnlich in der Radikalität und Kompromisslosigkeit, wie sie ihren jeweiligen Lebensentwurf leben. Man kann Solveig mehr Eigenständigkeit zuschreiben – während Peer durch die Welt rennt, hat sie sich für ein Leben in der Natur und in der Einsamkeit entschieden. Ist das nicht auch ein Weg zur Erkenntnis?

TÖA Ja, sie steht definitiv für einen anderen Lebensentwurf. Aber aus der Figurenperspektive ist das schwer darzustellen.

AS Was gehört zu einem gelingenden Leben? Und führt Peer ein solches?

TÖA Auch da gibt Ibsen uns keine klare Antwort. Vielleicht auch, weil man auf solche Fragen keine klaren Antworten geben kann und geben soll. Was Peer fehlt, ist die Fähigkeit, die Reise des Lebens zu genießen, so wie sie ist, weil er ständig auf die andere Straßenseite schaut und sich fragt, ob es dort drüben vielleicht schöner ist. Das ist ein Auslöser für ein unglückliches Leben. Zu viel Zufriedenheit kann aber genauso dazu führen, dass man seine Träume nicht realisiert. Man muss wahrscheinlich lernen, mit einer gewissen Leichtigkeit seine Unvereinbarkeit, seine innere Dialektik auszuhalten. Ohne diese Spannung würde ich aber auch nicht leben wollen.

 

Barrierearmes Angebot zu LILIOM

Die BURG möchte das Theatererlebnis vor, hinter und auf der Bühne inklusiver und zugänglicher gestalten. Hier finden Sie unser barrierearmes Angebot für die Vorstellung von LILIOM am 16 Februar.

In der Spielzeit 2024/25 werden fünf Vorstellungen mit Audiodeskription begleitet und Programmhefte in Braille-Schrift kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Spielplan sind diese Vorstellungen mit dem Hinweis Audiodeskription gekennzeichnet. 
Die Audiodeskription erlaubt es stark seheingeschränkten oder blinden Menschen, die Bildebene einer Inszenierung nachzuvollziehen. Während der Vorstellung beschreibt ein:e Sprecher:in das Bühnenbild, die Kostüme oder Informationen zur Handlung live mittels mitgebrachtem UKW-Empfänger und Kopfhörer. 

Hier finden Sie alle barrierearmen Angebote für diese Vorstellung: 

  • Zur Audiodeskription gehört eine taktile Führung mittels Touch-Tisch, um vor der Vorstellung Materialitäten und Räume kennenzulernen. 
  • Sie erhalten bei den Oberbilleteur:innen des Burgtheaters kostenlos ein Programmheft in Braille-Schrift.
  • Unten auf dieser Seite können Sie sich Figurenbeschreibungen des LILIOM Ensembles anhören, in denen sich die Schauspieler:Innen vorstellen und ihr Aussehen und ihre Kostüme beschreiben. 

Für Platzreservierungen und weitere Informationen, wenden Sie sich bitte direkt an unsere Ansprechpartnerin bei der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs:
Irene Zöhrer 
irene.zoehrer@hilfsgemeinschaft.at
Tel.: +43 1 330 35 45 – 82
www.hilfsgemeinschaft.at

FIGURENBESCHREIBUNGEN FÜR BLINDE UND SEHSCHWACHE MENSCHEN

Das Ensemble von LILIOM stellt sich vor und beschreibt ausgewählte Figuren, ihr Aussehen und ihre Kostüme.

Martin Pollack (1944 – 2025)

Wir möchten an dieser Stelle an unseren unvergesslichen Partner und Osteuropa-Experten, Historiker und Schriftsteller Martin Pollack, der am 17.1.2025 mit 80 Jahren verstorben ist, mit einem Text über seine Arbeitsweise erinnern.

Mit Martin Pollack haben wir in den Jahren 2014 – 2018 eine Reihe GRENZGÄNGER / GRENZDENKER veranstaltet, die er inhaltlich maßgeblich geprägt hat. Unter unseren prominenten Gästen waren einige Nobelpreisträger für Literatur, wichtige süd-osteuropäische Intellektuelle, Dissidenten und Philosophen. Jede Begegnung war geprägt von dem demokratischen Freiheitsgedanken und von der intensiven Suche nach Wahrheit im Kontext der historischen Vergangenheit. Martin Pollack war ein Sammler von Fundstücken der Geschichte, die er zum großen Ganzen in seinen Texten zusammenlegte und so vor dem Vergessen bewahrt hat. Seine persönliche Lebensgeschichte und unerbittliche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit seines Vaters und seiner Familie stand in Martin Pollacks Arbeit im Mittelpunkt.

Mit Martin Pollack verlieren wir einen wichtigen Austauschpartner und langjährigen Begleiter.

 

DIE BIBLIOTHEK AUF DEM LAND. SAMMELN, BEOBACHTEN, SCHREIBEN.

Wenn Martin Pollack an seinem Schreibtisch sitzt, ist es im Raum ganz still. Kein Radio, keine Musik, nur das Summen des PCs und das monotone Geräusch der Tastatur. Hin und wieder hört man von weiter unten Autos, man kann sie im Winter durch die kahlen Äste die Straße herauf- oder hinabfahren sehen. Ansonsten bleibt der Blick über die Hügel ohne Bewegung, nur die Farben der Jahreszeiten wechseln, Grün- und Ockertöne, eine insgesamt herbe Landschaft, im Winter grau, mit nur wenigen Strichen. Dann sind auch die alten Apfel- und Zwetschkenbäume starre Gerippe. Die Streuobstwiese liegt unmittelbar vor den Fenstern, von ihr erzählt Martin Pollack in manchen seiner Texte, er kann vom Schreibtisch aus direkt auf sie hinaussehen. Dahinter liegen Felder und Wiesen, über den Hügelrücken im Osten erstreckt sich ein langgezogener Mischwaldgürtel, dazwischen führt die Straße nach Rohr hinunter, ins Nachbardorf.

Die Bibliothek auf dem Land liegt 140 Kilometer von Wien, 90 Kilometer von Graz entfernt, genau am Übergang, wo das steirische Hügelland in die Ebene nach Ungarn ausläuft. Bocksdorf im Südburgenland ist ein zweigeteilter Ort: Unten in der Talsenke, die von der Strem durchzogen wird, liegt das Gemeindezentrum, oben, auf der Hügelkette, Bocksdorf Bergen, eine Streusiedlung mit Einzelhöfen. Hier, auf dem Heaberg, auf einer nach Süden abfallenden Hügelkante, steht das Kleinbauernhaus, das Martin Pollack seit zwanzig Jahren bewohnt. Es wurde 1910 errichtet und stand damals noch in Ungarn, die Amtssprache im Ort war Ungarisch.

In dieser Bibliothek geht es nicht um Repräsentation, sondern ausschließlich um Zweckmäßigkeit. Ein Schreibtisch, zwei Fauteuils, ein kleines Tischchen bilden das Interieur, und ein drei Meter langes Ablagebrett, über zwei Metallböcke gelegt, auf dem Pollack Unterlagen, vor allem aktuelles Material auflegen kann und das als provisorische Ablage mindestens so notwendig ist wie der Schreibtisch mit PC und Drucker. 

Auch die Geschichte, die Zeitgeschichte, der sich Martin Pollack seit seiner Tätigkeit als Journalist und Übersetzer widmet, ist eine Ansammlung seltener Fundstücke, ob das nun historische Fotografien, alte Briefe oder — unsichtbar — Erzählungen sind. Die Fundstücke der Geschichte sind Geschichten, man muss sie ebenso entdecken, aufsammeln, bewahren. Und anschließend ihre Fragmente zusammenlegen, sie deuten und zu einem neuen verbindlichen Ganzen formen: Die Arbeit des Schriftstellers, die auf die des Historikers, des Sammlers und Archivars folgt, ist die schwierigste, sie muss aus den Sammelstücken Literatur schaffen, mit ihr eine neue Wirklichkeit erfinden.

Pollacks literarisches Programm, seine ‚Poetik', klingt denkbar einfach und ist voller Leidenschaft: „Ich glaube, man muss alle Geschichten erzählen“.

Gerhard Zeillinger. Fundstücke. Versuch über Martin Pollack

ACHIM BENNING - HOMO POLITICUS

Kammerschauspieler Prof. Achim Benning, Ehrenmitglied und ehemaliger Direktor des Burgtheaters würde am Montag den 20. Jänner 2025 seinen 90. Geburtstag feiern.
Anlässlich dieses Geburtstages und um an ihn zu erinnern, erhalten Sie für eine Woche die Möglichkeit den Film HOMO POLITICUS von Kurt Brazda über Achim Benning auf der Homepage des Burgtheaters anzuschauen.

Video
© Kurt Brazda

ACHIM BENNING - HOMO POLITICUS
2024 (70 Minuten)

Achim Benning befreite in den 70ern das Burgtheater von seinem apolitischen und trotz ​eines hochkarätigen Ensembles eher hausbackenen Image, indem er es zu einer international angesehenen Weltbühne machte. Als einer der ersten in unserem Land erkannte er die Bedeutung der dissidenten Autoren in der CSSR und bot ihnen im wahrsten Sinn des Wortes​ eine Bühne​. Vaclav Havel verdankt seinen künstlerischen und letztlich politischen Aufstieg zum Staatspräsidenten zu einem beträchtlichen Anteil dem damaligen Burg​-Chef. 

Zeitgenössische Autoren aus allen Himmelsrichtungen wurden in der Ära Benning erfolgreich auf- und uraufgeführt und er war es auch, der erstmals eine Frau als Regisseurin ans Burgtheater verpflichtete. Das Theater des Achim Benning bezog immer auch klar politische Haltung und war gleichzeitig von überbordender Spielfreude, die ihren Zuspruch beim Publikum fand.

Die rechtskonservativen Medien, zum Teil noch mit Altnazis besetzt, schossen sich damals auf Benning ein. Vieles, was heute an medialen Schmähungen bis Hass​-Postings traurige Realität ist, scheint gleichsam abgekupfert von rechtslastigen Attacken, während der 10 Jahre, die Benning das Burgtheater führte. Der Film ACHIM BENNING - HOMO POLITICUS von Kurt Brazda, der mit Achim Benning viele Jahre befreundet war, gewinnt damit auch brisante Aktualität, indem er von einer Epoche erzählt, die wie die Blaupause der heutigen Befindlichkeiten wirkt.

 

Kamera: Stephan Mussil, Martin Putz, Benjamin Epp
Ton: Tong Zhang 
Editing: Benjamin Epp
Interview: Mercedes Echerer 
Buch/Regie: Kurt Brazda
Produktion: MultiSonora

Wir danken Herrn Brazda für die freundliche Zurverfügungstellung.

Bis zum 27.01 können Sie hier den Film sehen:

© Kurt Brazda

IN DEN SPIEGEL GREIFEN

Gemeinsam mit Peter Rössler veröffentlichte Achim Benning das Buch IN DEN SPIEGEL GREIFEN - Texte zum Theater.
 

Die gesammelten Texte – Essays, Reden, Briefe – reichen von den 1970er Jahren, die heute als „Kreisky-Zeit“ apostrophiert werden, bis in die Gegenwart. In ihnen ist die Erinnerung an bedeutende Theaterleute ebenso enthalten, wie die Auseinandersetzung mit Themen der Gesellschaft. Zu bestimmten Anlässen entstanden, weisen die Texte zugleich über diese hinaus. Mit Prägnanz und Witz bewegen sie sich jenseits der Varianten des Konformismus.

https://www.hollitzer.at/buch/in-den-spiegel-greifen

SURTITLING APP

The surtitling app BURGTHEATER PROMPT provides you with German, English, or in case of the production AKINS TRAUM, Turkish surtitles on your smartphone and is available to download for Android smartphones in the Google Play Store and for iPhones in the App Store. The shows offering surtitles are marked with the word PROMPT in our programme.

Barrierefreie Angebote
© Tommy Hetzel

PROMPT on the night of the performance

Once you have taken your seat in the auditorium, open the BURGTHEATER prompt app which will guide you through the following steps: 

  • Download the BURGTHEATER PROMPT app from the Google Play Store - for Android - or the App Store - for iPhones. Your display size must be at least 4.8 inches. 
  • If the download does not work, loan devices are available with the audience service
  • When you are sitting in your seat on the evening of the performance, open the app.
  • The app will guide you through the next steps: Set your phone to airplane mode and activate the Wi-Fi button. If your smartphone does not support automatic Wi-Fi connections, please manually select the LIBRBURG network in your settings. 
  • Choose your preferred language for the surtitles.
  • If there is still some time before the performance starts, you can also read information about the play directly in the app.
  • Shortly before the show begins, the app will start a countdown. Now hold your phone sideways! 
  • The surtitles will be displayed in white font on black background so as not to disturb the people around you. 

We hope you have an accessible and exciting theatre experience!

SELECTED PLAYS

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Herr Puntila und sein Knecht Matti

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nach Elfriede Jelinek in einer Bearbeitung von Milo Rau und Ensemble
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Besucher:innen-Service

Fragen rund um das Burgtheater? Wir sind gerne für Sie da!
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    Sa, So, Feiertag: geschlossen
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    Burgtheater | Kassenhalle - Haupteingang
    Universitätsring 2
    1010 Wien

DAS IST DIE VERANTWORTUNG

Das Ensemble der BURG liest Texte für eine demokratische Gesellschaft.
Jeden Donnerstag ab 18:00 Uhr auf YouTube, Spotify und der BURG-Website.

Digital
Caroline Peters im pinken Gorillakostüm
© Tommy Hetzel

Gelesen von Klaus Maria Brandauer, Norman Hacker, Franziska Hackl, Stefko Hanushevsky, Dorothee Hartinger, Alexandra Henkel, Markus Hering, Daniel Jesch, Roland Koch, Dietmar König, Annamária Láng, Markus Meyer, Birgit Minichmayr, Nicholas Ofczarek, Caroline Peters, Safira Robens, Martin Schwab und Dunja Sowinetz

Video: Mariano Margarit
Musik: Franziska Hatz & Richie Winkler
Dramaturgie: Markus Edelmann
Digitaldramaturgie und Kreativproduktion: Anne Aschenbrenner

Die politische Dimension von Ingeborg Bachmanns (1926–1973) Werk ist bis heute von großem Interesse, hat die Autorin doch auf allgemeingültige Weise zeitkritische Fragen zu Vergangenheitsbewältigung oder Geschlechterpolitik gestellt. Ungewöhnliche Texte im Œuvre der Autorin sind aufgrund ihres theoretischen Charakters die ENTWÜRFE ZUR POLITISCHEN SPRACHKRITIK. Es handelt sich dabei um essayistische Fragmente, die sich nicht genau datieren lassen, aber wohl Ende der 1950er Jahre bzw. Anfang der 1960er Jahre entstanden sind – in der Zeit also, in der Bachmann mit Max Frisch zusammenlebt. Bachmann nimmt darin auf unterschiedliche Ereignisse und Persönlichkeiten der damaligen Zeit direkt Bezug und beschäftigt sich mit der Idee des Kommunismus. Von der Politik sowie dem Journalismus fordert Bachmann einen verantwortungsvollen Umgang mit der Sprache. So könnte es gelingen, „nicht mehr täglich von einer Sprache vergiftet zu werden“, sondern „Nöte und Ängste und Hoffnungen und Überlegungen“ zu spiegeln. 

In dieser Gespensterwelt zu leben gezwungen, in einer Sprache sich ausgesprochen zu sehen, die nicht die unsere ist – fordern wir –, nicht mehr täglich von einer Sprache vergiftet zu werden, sie unserer anpassen zu lassen und unsre selbst zu reinigen von den schlechten Einflüssen.
Ingeborg Bachmann in: ENTWÜRFE ZUR POLITISCHEN SPRACHKRITIK

Im Alter von dreißig Jahren wird Peter Handke am 20. Oktober 1973 der Georg-Büchner-Preis verliehen. „Aus dem Spiel der sich anziehenden Wörter hat er auf vielfältige Weise die Kraft der Dichtung gewonnen“, heißt es im Urkundentext. Fünf Jahre zuvor ist das Stück PUBLIKUMSBESCHIMPFUNG uraufgeführt worden und ein Jahr zuvor ist die Erzählung WUNSCHLOSES UNGLÜCK erschienen. Seine Dankrede mit dem Titel DIE GEBORGENHEIT UNTER DER SCHÄDELDECKE widmet Handke der drei Tage vor der Preisverleihung verstorbenen Ingeborg Bachmann. Er beschäftigt sich darin unter anderem mit der Frage, inwiefern Politik nicht so sehr als gesellschaftliches Phänomen, sondern vielmehr als persönliche, radikal subjektive Angelegenheit zu verstehen ist. 1974 wird der Text in Handkes Sammelband ALS DAS WÜNSCHEN NOCH GEHOLFEN HAT veröffentlicht. 

AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN NICHT MEHR VERFÜGBAR

Was mich unfähig und unwillig zu einer politischen Existenz macht, ist nicht der Ekel vor der Gewalt, sondern der Ekel vor der Macht. Unüberwindlich ist mein Widerwillen vor der vernünftelnden Gewalt der Macht; als gestalt- und leblos empfinde ich bis heute fast alle, die mächtig sind.
Peter Handke in: DIE GEBORGENHEIT UNTER DER SCHÄDELDECKE

In dem von Hans Weigel herausgegebenen Sammelband STIMMEN DER GEGENWART 1951 finden sich – neben Texten u. a. von Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann und Paul Celan – Gedichte von Gerhard Fritsch, darunter jenes mit dem Titel WIEN / NOVEMBER 1945. Der Anhang des Buches enthält eine Kurzbiografie des Autors, die auch über das Gedicht Aufschluss gibt: „Gerhard Fritsch, geb. 28. März 1924 in Wien, maturierte 1942, nachher sofort eingezogen. Funker bei der Luftwaffe, Transportflieger in Frankreich, Norwegen, Finnland; ab 1943 an der Ostfront. 1945 viermal in Gefangenschaft, ab Frühjahr 1946 wieder in Wien, wo er das elterliche Haus zerstört vorfand.“ Diese Erfahrungen prägen auch den ersten Gedichtband des Autors, der 1954 unter dem Titel LEHM UND GESTALT veröffentlicht wird. Europa erscheint darin als eine menschenfeindliche Kriegslandschaft, die kaum noch Heimat zu sein vermag. Gerhard Fritsch, der in den 1950er Jahren für die Wiener Städtischen Büchereien arbeitet, spielt als Zeitschriftenredakteur, Publizist und Verlagslektor eine wichtige Rolle im Literaturbetrieb der Zweiten Republik. Heute ist der 1969 verstorbene Schriftsteller vor allem für die Romane MOOS AUF DEN STEINEN (1956) sowie FASCHING (1967) bekannt.

Wie lange gehen wir schon?
Die Stiefel tappen in graues Mehl,
einen Hügel hinauf, einen Hügel hinunter,
durch den endlosen Staub der Ukraine.
Gerhard Fritsch in: STAUB

Hertha Kräftners schmales Werk kreist um die Themen Tod, Einsamkeit, Melancholie und Fremdheit. 1928 in Wien geboren, wuchs sie in Mattersburg im Burgenland auf. Kurz nach Kriegsende starb ihr Vater in Folge eines gewaltvollen Übergriffs sowjetischer Soldaten – ein traumatisches Erlebnis, das Kräftner tief prägte. Sie studierte in Wien Germanistik und Anglistik, kam mit dem Existenzialismus in Berührung und schrieb – literarisch beeinflusst von Rilke, Trakl und Kafka – Lyrik und Kurzprosa. In den literarischen Kreisen des Nachkriegswien wurde sie rasch wahrgenommen und gefördert u. a. von Hans Weigel und Viktor Frankl. Kräftners letzte Lebensjahre waren bestimmt von psychischen Krisen und produktivem Schreiben. Am 13. November 1951 nahm sie sich 23-jährig das Leben.

Die kurze Erzählung DIE BAUMSCHNEIDER (1950/51) schildert in nüchterner und zugleich märchenhafter Sprache die Ankunft fremder Männer in einer Allee. Die Beobachtung ihrer Arbeit weicht zunehmend bürgerlicher Verunsicherung: Soziale Hierarchien und Machtverhältnisse geraten ins Wanken, Klassenunterschiede und Angst vor Fremden spiegeln sich in der misstrauischen Begegnung zwischen Beobachter:innen und Beobachteten. 

Wenn die Männer in den Bäumen saßen, dann riefen sie sich bisweilen untereinander etwas zu. Unten konnte man es nicht verstehen, die Männer waren zu hoch, man hörte nur ihre hellen, raschen Stimmen.
Hertha Kräftner in: DIE BAUMSCHNEIDER

Mit seinem unvollendet gebliebenen Roman DER MANN OHNE EIGENSCHAFTEN (1930/1932), der heute zu den literarischen Meisterwerken der klassischen Moderne zählt, schuf Robert Musil (1880–1942) ein Panorama der österreichisch-ungarischen Gesellschaft kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem Ende der Habsburgermonarchie. Der Protagonist Ulrich, dessen Eigenschaftslosigkeit nicht als Charakterschwäche, sondern als Protest gegen gesellschaftliche Konventionen zu verstehen ist, verkörpert die Ahnung vom nahenden Ende des alten Europa. Im Kapitel GEISTIGER UMSTURZ aus dem einleitenden ersten Teil des Romans stellt Musil eine Zeit des „Auf- und Anbruchs“ dar, deren widersprüchliche Ideale und Ziele zu Konfusion und Orientierungslosigkeit führen. Der Optimismus, der Veränderungen als Chancen begreift, vermag das drohende Unheil nicht zu verbergen.

Niemand wußte genau, was im Werden war; niemand vermochte zu sagen, ob es eine neue Kunst, ein neuer Mensch, eine neue Moral oder vielleicht eine Umschichtung der Gesellschaft sein solle. Darum sagte jeder davon, was ihm paßte.
Robert Musil in: DER MANN OHNE EIGENSCHAFTEN. GEISTIGER UMSTURZ

Mit dem HANDBUCH GEGEN DEN KRIEG und dem HANDBUCH FÜR DIE LIEBE, die unter anderem in Reaktion auf den Kriegsausbruch in der Ukraine entstanden sind, bestätigte Marlene Streeruwitz ihren Ruf als scharfsichtige Beobachterin der politischen und sozialen Gegenwart. Streeruwitz’ Texte sind sprachliche Suchbewegungen, die den Rissen in unserer Gesellschaft nachspüren und diese äußerst präzise und erkenntnisreich darstellen. 

Im Rahmen der TAGE DER TRANSFORMATION 2024 des Vereins für diskursive Praxis GLOBART hielt Streeruwitz einen Vortrag, in dem sie darüber nachdachte, wie Vertrauen nicht nur als persönliche, sondern auch als gesellschaftliche Kraft verstanden werden kann. Die Fähigkeit, Vertrauen herzustellen, wird dabei als genuin demokratischer Akt deutlich. Dunja Sowinetz liest ausgewählte Passagen aus Streeruwitz’ Text, der in ungekürzter Version auf der Website der Autorin nachzulesen ist: https://www.marlenestreeruwitz.at/werk/was-vertrauen-ist/#0

 

AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN NICHT MEHR VERFÜGBAR

Keine Person kann heute einem Kind mehr Vertrauen vermitteln, als die Person selbst zur Verfügung hat. Wir alle sind Abhängige. In kriegerischen Zeiten wie in unseren jetzt ist das offenkundig.
Marlene Streeruwitz in: WAS VERTRAUEN IST

Veza Canetti teilte das Schicksal lange Zeit zu Unrecht vergessener bzw. unentdeckter Autorinnen des 20. Jahrhunderts: 1897 als Venetiana Taubner-Calderon in eine jüdische Wiener Familie geboren, lernte sie 1924 bei einer Lesung von Karl Kraus ihren zukünftigen Ehemann Elias Canetti kennen, den sie bis zu ihrem Tod 1963 intensiv bei seiner Arbeit unterstützte. Die literarische Tätigkeit seiner Ehefrau blieb von Elias Canetti unerwähnt. Erst 1999 erschien Veza Canettis Roman DIE SCHILDKRÖTEN, der auch als Reaktion auf Elias Canettis DIE BLENDUNG zu lesen ist und 1938 nach der Flucht nach England entstanden ist. Unter dem Eindruck des „Anschlusses“ Österreichs an Nazideutschland erzählt Veza Canetti am Beispiel des Ehepaares Eva und Andreas Kain von der gewaltvollen Repression und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung, die schließlich ins Exil oder in den Tod gezwungen wird.

Gemeinsam mit Franziska Hackl wird Markus Meyer am 30.03.2025 im Akademietheater aus Die SCHILDKRÖTEN lesen. Im Rahmen der Online-Lesereihe DAS IST DIE VERANTWORTUNG präsentiert Markus Meyer eine Passage, in deren Zentrum Andreas Kains Bruder Werner steht, der als Geologe arbeitet und dessen Heimatverbundenheit auf tragische Weise zerstört wird: Die Steine, die soeben noch wissenschaftliche Studienobjekte waren, werden mit einem Mal zu Waffen.

Werner war entlassen. Dreißig Kollegen des wissenschaftlichen Institutes hatten es beschlossen, kein einziger hatte den Mut, es ihm ins Gesicht zu sagen. So legten sie ihm einen Brief auf seinen Arbeitstisch und setzten einen Stein darauf.
Veza Canetti in: DIE SCHILDKRÖTEN

 Von Marionetten und scheinbar mächtigen Männern im Staat: Wer in der österreichischen Demokratie wirklich die Fäden zieht, erläutert in Gert Jonkes Erzählung FISCHGROßHANDEL ein Fischhändler aus der Leopoldstadt einem vorbeikommenden Studenten der Musikwissenschaften. In Jonke-typischen „schwindelerregenden Satzkonstruktionen“ (Der Standard) verschwimmen sicher geglaubte Autoritätsverhältnisse und Machthaber erscheinen plötzlich als bloße Platzhalter.

Gert Jonke (1946–2009), der 1977 als erster Preisträger mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wurde, zählte nicht nur als Prosaautor zu den wichtigsten literarischen Stimmen seiner Zeit, sondern wurde auch als Dramatiker gefeiert: Für CHORPHANTASIE, 2003 mit Markus Hering in der Hauptrolle am Akademietheater uraufgeführt, erhielt er den Nestroy-Preis für das „Beste Stück“ – so auch für die nachfolgenden Dramen DIE VERSUNKENE KATHEDRALE (2005) und FREIER FALL (2008), die allesamt in der Regie von Christiane Pohle am Akademietheater zur Uraufführung kamen. Elfriede Jelinek schrieb nach Jonkes frühem Tod: „Er hat mit der Sprache gespielt, wie ein Kind mit Seifenblasen, aber es war da keine Luft in den Blasen, da war ein sehr raffiniertes und genaues Denken drinnen."

Die Politik wird nie von den Politikern gemacht, wie auch die Großfischhandlungen nie von den Fischgroßhändlern betrieben werden. Die Politik wird von Leuten betrieben, die man nie in der Politik vermuten würde.
Gert Jonke in: FISCHGROßHANDEL

Imre Kertész (1929–2016), der sich als Holocaust-Überlebender auf beispielhafte Weise mit den Möglichkeiten der Kunst nach Auschwitz beschäftigte, fand vor allem in seinem Roman eines Schicksallosen zu einem neuen Ton in der literarischen Darstellung des Holocaust. In seinen Texten verzichtete er bewusst auf Leidenspathos und vordergründige moralische Belehrung. Indem er so alle Erwartungen an sogenannte „Holocaust-Literatur“ unterwanderte, ermöglichte er einen irritierend unvoreingenommenen und daher schonungslosen Blick auf den Holocaust, dessen Bedeutung für die Gegenwart umso dringlicher erfahrbar wird.  

In seinem Roman Ich – ein anderer versammelte Kertész auf assoziative Weise Eindrücke und Reflexionen aus den Jahren 1991 bis 1995. Die Jahre nach der Öffnung des Ostblocks stellten für den jahrzehntelang in Ungarn im kommunistischen Totalitarismus lebenden Autor eine Zeit des Umbruchs und der Befreiung dar. Auslandsaufenthalte – unter anderem im Rahmen eines Übersetzungsstipendiums in Wien – wurden zu Erfahrungen der Neuorientierung, wobei die Geschichte des Holocaust der wesentliche, zukunftsweisende Bezugspunkt blieb. 

Nur mit Moritz Schlick darf ich getrost solidarisch sein; er hat nachgedacht und wurde aus diesem Grunde erschossen, was letztlich ein angemessenes Schicksal für einen Philosophen ist.
Imre Kertész in: ICH – EIN ANDERER

Als Adolf Hitler im Jänner 1933 mit der Ernennung zum Reichskanzler die Machtergreifung gelang, erwartete die eingeschworene Leserschaft von Karl Kraus mit großer Spannung seine Reaktion. Kraus ließ auffallend lange darauf warten und veröffentlichte erst im Herbst eine ungewöhnlich schmale Ausgabe seiner Zeitschrift DIE FACKEL, die jenes berühmt gewordene Gedicht enthielt, das mit folgendem Vers endet: „Das Wort entschlief, als jene Welt erwachte.“ Dass dieser Satz nicht auf Kraus zu beziehen ist, beweist die Tatsache, dass dieser zwischen März und September 1933 an einer umfangreichen Analyse des nationalsozialistischen Regimes arbeitete, in der er viele Entwicklungen im sogenannten ‚Dritten Reich‘ voraussah. Nach dem Tod von Karl Kraus 1936 wurde der Text unter dem Titel DRITTE WALPURGISNACHT erst im Jahr 1952 veröffentlicht. Er beginnt mit dem bitter-ironisch zu lesenden Satz „Mir fällt zu Hitler nichts ein.“ Vorangestellt ist der DRITTEN WALPURGISNACHT eine Collage von Zitaten aus Goethes FAUST, auf den sich Kraus in seinem Text wiederholt bezieht und den er aus der Vergangenheit prophetisch sprechen lässt.  

 

Und auf vorgeschriebenen Bahnen
Zieht die Menge durch die Flur;
Den entrollten Lügenfahnen
Folgen alle. – Schafsnatur!
Johann Wolfgang von Goethe zitiert in Karl Kraus: DRITTE WALPURGISNACHT

"Wenn der Vorhang des Staates aufgeht, sehen wir an jedem österreichischen Tag (und also auch am Nationalfeiertag) ein Lustspiel für Marionetten. Wenn wir genauer hinschauen, sehen wir, was wir immer gesehen haben: Die Marionetten sind das schwachsinnig unbelehrbare Volk, und die daran ziehen (die Drahtzieher), die das Volk für dumm verkaufende Regierung.“ 
Mit dieser Passage endet Thomas Bernhards Text zum österreichischen Nationalfeiertag 1977, DIE KLEINBÜRGER AUF DER HEUCHELLEITER. Geschrieben hat er ihn für eine Anthologie mit dem Titel GLÜCKLICHES ÖSTERREICH des Salzburger Residenz Verlags. Aus Angst vor einer Klage wurde der Text in diesen Band nicht aufgenommen, worin Bernhard wiederum den Vorteil sah, „daß ich nie wieder aufgefordert werde, einen Beitrag für eine Anthologie zu machen“. Eine Woche nach seiner Erstveröffentlichung am 17.2.1978 in der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit wurde Bernhards Text vom Salzburger Volksblatt nachgedruckt – unter folgender Überschrift: EINE FRECHE NEUE HAßORGIE VON THOMAS BERNHARD. EIN AGGRESSIVES PAMPHLET DES SCHRIFTSTELLERS GEGEN SEINE HEIMAT.

AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN NICHT MEHR VERFÜGBAR

Der Österreicher findet sich mit jeder Tatsache ab, oder er geht zugrunde, wenn er nicht dadurch längst zugrunde gegangen ist, daß er sich abgefunden hat.
Thomas Bernhard in: DIE KLEINBÜRGER AUF DER HEUCHELLEITER

George Tabori zählte zu den führenden Dramatiker:innen seiner Zeit. Er wurde 1914 in Budapest geboren. Zwanzigjährig musste er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nach London emigrieren, wo er sein Debüt als Schriftsteller gab. Der Vater und andere Familienangehörige wurden im KZ ermordet. Seine Mutter entkam der Deportation durch einen Zufall. Ihr hat er mit MUTTERS COURAGE ein berührendes Denkmal gesetzt. 

Nach Jahrzehnten im Exil - vor allem in den USA - kehrte er 1969 nach Europa zurück - und kam schließlich auch nach Wien.

Mit Uraufführungsinzenierungen eigener Stücke wie MEIN KAMPF, DIE GOLDBERG-VARIATIONEN und REQUIEM FÜR EINEN SPION, in denen er seine jüdische Herkunft auf satirische Weise thematisierte, setzte er neue Maßstäbe. Seine Regiearbeiten, darunter OTHELLO und FIN DE PARTIE mit Gert Voss und Ignaz Kirchner wurden legendär. Obwohl er 1999 ans Berliner Ensemble wechselte, blieb Wien für ihn ein wichtiger Ort, den er wegen des Publikums und seiner Nähe zu Ungarn vermisste.

 

Und wie ist das Land, wo die Mozartkugeln blühen?
Identität ade, Selbstbildnis in Scherben, was bleibt übrig als die Fahnen hoch?
George Tabori in: WIENER BLUT

Unter anderem mit ihrem Roman Die größere Hoffnung, der ab Ende 1945 / Anfang 1946 entstanden ist und 1948 erschienen ist, wurde Ilse Aichinger (1921–2016) zu einer der wichtigsten Schriftsteller:innen nach dem 2. Weltkrieg. Als Beginn der österreichischen Nachkriegsliteratur hat Hans Weigel den Kurzprosatext Aufruf zum Mißtrauen betrachtet, den Ilse Aichinger 1946 in der Sonderausgabe Stimme der Jugend der österreichischen Zeitschrift Plan veröffentlichte. 
In Zeiten sprachlicher Verrohung und Manipulation, kann Ilse Aichingers Schreiben eine Hilfe sein, Misstrauen zu lernen – „Misstrauen zur etablierten Sprache und zu dem, was man selbst sagt, zu den Worten, die verkürzt sind und die man eigentlich so nicht mehr verwenden kann, weil sie dann unwahrhaft bleiben“ (Ilse Aichinger, 1982).

AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN NICHT MEHR VERFÜGBAR

Verstehen Sie richtig. Sie sollen nicht Ihrem Bruder mißtrauen, nicht Amerika, nicht Rußland und nicht Gott. Sich selbst müssen Sie mißtrauen!
Ilse Aichinger in: AUFRUF ZUM MIßTRAUEN

Ruth Klüger, geboren 1931 in Wien, gestorben 2020 in Irvine (Kalifornien), überlebte als Kind den Holocaust. Sie emigrierte 1947 in die USA, wo sie an verschiedenen amerikanischen Universitäten – zuletzt an der University of California in Irvine – Germanistik lehrte. Neben bedeutenden literaturwissenschaftlichen Arbeiten schuf sie mit ihren autobiografischen Texten weiter leben (1992) und unterwegs verloren (2008) zentrale Werke der Erinnerungsliteratur – und machte damit eindrucksvoll erfahrbar, dass die Erinnerung für das Verständnis der Gegenwart ganz zentral ist. Während in weiter leben die von Repressionen geprägte Kindheit und das Überleben in den Konzentrationslagern Theresienstadt, Auschwitz-Birkenau und Christianstadt geschildert wird, thematisiert unterwegs verloren die neue Existenz in den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mit schonungsloser Klarheit reflektiert sie etwa ihr Verhältnis zur Muttersprache Deutsch und zur Geburtsstadt Wien.

Die Verwalterin von Ruth Klügers Nachlass, Gesa Dane, stellt uns die für die Online-Lesereihe Das ist die Verantwortung ausgewählte Passage aus unterwegs verloren kostenlos zu Verfügung – „ganz im Sinne von Ruth Klüger“, wie sie schreibt. Danke!

Wiens Wunde, die ich bin, und meine Wunde, die Wien ist, sind unheilbar. Läppisch gerät jeder Versuch, Versöhnung anzustreben. Nur eitern und den ganzen Körper infizieren müssen und sollen solche Wunden nicht, das kann durch Nachdenken und Reden verhindert werden; das wäre doch schon was, und zwar gar nicht wenig.
Ruth Klüger in: UNTERWEGS VERLOREN

23.01.2025, #3: DAS LEBEWOHL - NEIN: DIE ANKUNFT (2000 - 2025) von Elfriede Jelinek, gelesen von Caroline Peters

Elfriede Jelineks Theatertext Das Lebewohl ist in Reaktion auf die Bildung der ÖVP-FPÖ-Regierung im Jahr 2000 entstanden und nimmt Bezug auf Jörg Haiders „Rückzug“ aus der Bundespolitik und seine „Heimkehr“ in die Kärntner Landespolitik im März 2000. Die Urlesung des Textes fand am 22. Juni 2000 im Rahmen einer Donnerstagsdemonstration am Wiener Ballhausplatz statt. Anlässlich einer möglicherweise bevorstehenden Kanzlerschaft der FPÖ hat Elfriede Jelinek ihren – nun mit Das Lebewohl – nein: Die Ankunft betitelten – Text überarbeitet, wobei deutlich wird, dass ihre scharfsichtige Analyse rechtspopulistischer Rhetorik und faschistischer Ideologie keiner allzu starken Aktualisierung bedarf. 

Wir taten Unrecht, doch jetzt bekommen wir Recht. Wir sind ausgewählt. Wir schwören, wir warns nicht, und schon waren wirs wirklich nicht.
Elfriede Jelinek in: DAS LEBEWOHL - NEIN: DIE ANKUFT (2000 - 2025)

Der Roman „Die molussische Katakombe“ bildet den Höhepunkt des erzählerischen Werkes von Günther Anders. Geschrieben noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten in den 1930er Jahren schildert er gleichsam als Warnung die psychologischen Mechanismen totalitärer Herrschaft. Ort der Handlung sind die Gefängniskatakomben von Molussien, ein fiktives, von einem autokratischen Regime beherrschtes Land. In einer Zeit der Lügen und Verblendung, die die Oberwelt beherrscht, soll die erhellende Stimme der Vernunft in der Dunkelheit der Katakombe nicht verstummen.

Bertolt Brecht hatte das Manuskript an einen Verlag vermittelt. Zur Veröffentlichung kam es nicht mehr: Anders floh bereits 1933 nach dem Reichtagsbrand aus Deutschland. Seine Ehefrau Hannah Arendt brachte ihm das Manuskript ins Exil nach Paris mit. Dennoch konnte der Roman erst in Gunther Anders Sterbejahr 1992 veröffentlicht werden.

Was gewöhnlich unterdrückt wird, ist nicht die Äußerung der Meinung, sondern das Zustandekommen einer eigenen Meinung. Solange solche ,eigene Meinung‘ nicht existiert, braucht ihre Äußerung natürlich nicht unterdrückt zu werden – solange gibt es eben – ,freie Meinungsäußerung‘.
Günther Anders in: DIE MOLUSSISCHE KATAKOMBE

Der italienische Intellektuelle und Bestsellerautor Antonio Scurati thematisiert in seinem jüngsten Essay "Faschismus und Populismus" die Popularität faschistischer, rechtsextremer und ultra-reaktionärer Politik und sieht die Gründe im wieder salonfähigen Populismus – der unter anderem auf Benito Mussolini zurückgeht. 

Die erste veröffentlichte Lesung der Reihe wurde im Rahmen des Projekts DEMOKRATIE HAT ZUKUNFT in der Spielzeit 2023/2024 aufgezeichnet, alle weiteren Lesungen werden ab nun neu produziert.

Ich bin das Volk. Das Volk bin ich. Es versteht sich von selbst, dass dies ausreicht, den Populismus als eine starke antidemokratische Tendenz zu definieren.
Antonio Scurati

Die Online-Lesereihe DAS IST DIE VERANTWORTUNG mit Texten für eine demokratische Gesellschaft erscheint jeden Donnerstag ab 18 Uhr auf YouTube, Spotify und der BURG-Website. Das Programm wird laufend an dieser Stelle veröffentlicht. 

TEASER

NEUJAHRSVORSATZ 2025

Toto
Burgtheater
von Sibylle Berg nach ihrem Roman "Vielen Dank für das Leben"
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Ein bizarrer Roadtrip und eine bitterböse Coming-Of-Age- Geschichte.
In Abänderung: Der Bau
Akademietheater
von Franz Kafka
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Johann Holtrop
Burgtheater
nach dem Roman von Rainald Goetz
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Foto
Acht Schauspielerinnen und eine Live-Band erzählen in dieser rhythmisch treibenden Inszenierung vom Aufstieg und Fall eines Managers, von politischen Umbrüchen der Nullerjahre und nicht zuletzt von männlicher Führung und giergetriebenen Machtdynamiken.
Der Großinquisitor
Akademietheater
von Fjodor M. Dostojewskij
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Inszenierungsfoto
Dostojewskijs GROSSINQUISITOR ist einer der einflussreichsten Texte der Weltliteratur. Eine bestürzende Parabel, die das kalte, moralbefreite Denken eines Realpolitikers erfahrbar macht. Barbara Petritsch kombiniert in ihrem Bühnensolo den Monolog des Großinquisitors mit dem Monolog FALSCH VERBUNDEN, ein ergreifender Text über die Einsamkeit und der damit verbundenen Gottessuche aus dem Stück GROSS UND KLEIN von Botho Strauß.

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im Burgtheater: Universitätsring 2, 1010 Wien
in der Volksoper: Währinger Straße 78, 1090 Wien
im Opernfoyer: Opernring 2, 1010 Wien

Mo bis Fr: 10–18 Uhr
Sa, So, Feiertag: 10–13 Uhr

Im Opernfoyer samstags auch bis 18 Uhr!
 

DER MENSCHENFEIND | Burgtheater
Sa, 01.02.2025, 19:30 Uhr 

GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT | Burgtheater
So, 02.02.2025, 19:00 Uhr 

ORLANDO | Akademietheater
So, 02.02.2025, 19:00 Uhr 

DANTONS TOD | Burgtheater
Mo, 03.02.2025, 20:00 Uhr 

DIE VERWANDLUNG | Akademietheater
Mo, 03.02.2025, 20:00 Uhr 

TOTO ODER VIELEN DANK FÜR DAS LEBEN | Burgtheater
Mi, 05.02.2025, 19:30 Uhr

HELDENPLATZ | Burgtheater
Do, 06.02.2025, 18:00 Uhr

PEER GYNT | Akademietheater
Do, 06.02.2025, 20:00 Uhr 

DER EINSAME WESTEN | Akademietheater
So, 09.02.2025, 19:00 Uhr 

KASIMIR UND KAROLINE | Burgtheater
Mo, 10.02.2025, 20:00 Uhr

AKINS TRAUM VOM OSMANISCHEN REICH | Burgtheater
Mi, 12.02.2025, 20:00 Uhr

ADERN | Akademietheater
So, 16.02.2025, 19:00 Uhr 

DIE TRAUMDEUTUNG VON SIGMUND FREUD | Akademietheater
Fr, 14.02.2025, 20:00 Uhr

DORIAN GRAY | Akademietheater
Do, 20.02.2025, 20:00 Uhr 

IPHIGENIE AUF TAURIS | Akademietheater
Fr, 21.02.2025, 19:00 Uhr 

DIE ZAUBERFLÖTE | Burgtheater
Sa, 22.02.2025, 20:00 Uhr

AKINS TRAUM VOM OSMANISCHEN REICH | Burgtheater
So, 23.02.2025, 19:00 Uhr

NOSFERATU | Burgtheater
Mo, 24.02.2025, 19:30 Uhr

AM ZIEL | Akademietheater
Do, 27.02. 2025, 19.30 Uhr

Das Angebot gilt bei gemeinsamer Buchung der gewählten Vorstellungen: In allen Vorstellungen Ihres Pakets ist die gleiche Anzahl an Plätzen zu buchen. Das Angebot ist nicht mit anderen Ermäßigungen kombinierbar und gilt solange der Vorrat reicht. Aktionspreise werden gerundet.

Zu Ihrer Auswahl stehen:

DER MENSCHENFEIND
Sa, 01.02.2025, 19:30 Uhr

Begleiten Sie in Molières Komödie DER MENSCHENFEIND Alceste in die besten gesellschaftlichen Kreise, die er für seine Heuchelei verachtet: Seine Weigerung, sich den Spielregeln anzupassen, führt jedoch zu bitteren Erfahrungen.
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GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT
So, 02.02.2025, 19:00 Uhr

Erleben Sie die Wiederaufnahme von Jean-Paul Sartres Klassiker des Existenzialismus GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT in neuer Besetzung: Mit Zeynep Buyraç, Christoph Luser, Tobias Moretti und Julia Windischbauer!
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ORLANDO
So, 02.02.2025, 19:00 Uhr

Mit ORLANDO nach dem berühmten Roman von Virginia Woolf erwartet Sie ein lustvolles Rollenspiel und Plädoyer für eine mehrdeutige Identität: Begleiten Sie sieben Orlandos durch mehrere Jahrhunderte und Lebensentwürfe. Regie: Therese Willstedt!
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DIE ZAUBERFLÖTE
Mo, 03.02.2025, 20:00 Uhr

Nicht verpassen: Die vielleicht gewagteste Neuinterpretation der vielleicht berühmtesten Oper der Welt: DIE ZAUBERFLÖTE - THE OPERA BUT NOT THE OPERA!
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DIE VERWANDLUNG
Mo, 03.02.2025, 20:00 Uhr

Regisseurin Lucia Bihler nähert sich in ihrer dreifach für den Nestroy nominierten Inszenierung Franz Kafkas ikonischer Parabel DIE VERWANDLUNG über den jungen Handelsvertreter Georg Samsa auf assoziative und sinnliche Weise an.
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TOTO ODER VIELEN DANK FÜR DAS LEBEN
Mo, 05.02.2025, 19:30 Uhr

Mit TOTO ODER VIELEN DANK FÜR DAS LEBEN nach Sibylle Berg erwartet Sie eine bitterböse Coming-Of-Age-Geschichte , die mit der Geburt eines Babys ohne erkennbares Geschlecht beginnt. Regisseur Ersan Mondtag stellt sich mit dieser Arbeit an der BURG vor.
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HELDENPLATZ
Do, 06.02.2025, 18:00 Uhr

Frank Castorf inszeniert Thomas Bernhards letztes Stück HELDENPLATZ über eine aus dem Exil zurückgekehrte jüdische Professorenfamilie und die Traumata der Geschichte: Mit Marcel Heupermann, Birgit Minichmayr u.a.!
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PEER GYNT
Do, 06.02.25, 20:00 Uhr

Mit seinem „dramatischen Gedicht“ PEER GYNT hat Henrik Ibsen 1867 einen Schlüsseltext über den modernen Menschen geschrieben, der zur Auseinandersetzung mit unseren eigenen Träumen und Sehnsüchten, Ängsten und Hoffnungen einlädt. Erleben Sie Mavie Hörbiger in der Titelrolle!
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DER EINSAME WESTEN
So, 09.02.2025, 19:00 Uhr

Erleben Sie das bemerkenswerte Jugendwerk DER EINSAME WESTEN des erfolgreichen Filmemachers Martin McDonagh - mit Roland Koch, Michael Maertens, Itay Tiran und Lili Winderlich.
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KASIMIR UND KAROLINE
Zum letzten Mal
Mo, 10.02.2025, 20:00 Uhr

Erleben Sie Ödön von Horváths Klassiker KASIMIR UND KAROLINE mit Felix Rech und Marie-Luise Stockinger in den Titelrollen - Regie: Mateja Koležnik!
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AKINS TRAUM
Mi, 12.02.2025, 20:00 Uhr
So, 23.02.2025, 19:00 Uhr

Lassen Sie sich mit AKINS TRAUM VOM OSMANISCHEN REICH zurück ins 13. Jahrhundert zu Osman I. entführen: Stefan Bachmann erzählt die Vorgeschichte der modernen Türkei mit Witz und Leichtigkeit.
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DIE TRAUMDEUTUNG VON SIGMUND FREUD
Fr, 14.02.2025, 20:00 Uhr

Reisen Sie in DIE TRAUMDEUTUNG VON SIGMUND FREUD von Dr. Freuds Ordination in der Berggasse 19 bis in unsere Kinderzimmer!
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ADERN
Zum letzten Mal
So, 16.02.2025, 19:00

Nicht verpassen: Die letzte Vorstellung von ADERN, das 2022 mit dem Nestroy für das beste Stück und die beste Schauspielerin - Sarah Victoria Frick als Aloisia - ausgezeichnet wurde. Regie: David Bösch!
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DORIAN GRAY
Do, 20.02.2025, 20:00 Uhr

Im Herbstpaket auf der Bühne des Akademietheaters: Der zeitlose Klassiker DORIAN GRAY von Oscar Wilde in einer Inszenierung von Bastian Kraft - mit Markus Meyer.
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IPHIGENIE AUF TAURIS
Wiederaufnahme
Fr, 21.02.2025, 19:00 Uhr

Erleben Sie die Wiederaufnahme von Ulrich Rasches eindrücklicher Inszenierung von Goethes IPHIGENIE AUF TAURIS - mit Julia Windischbauer in der Titelrolle!
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DIE ZAUBERFLÖTE
Sa, 22.02.2025, 20:00 Uhr

Mit DIE ZAUBERFLÖTE - THE OPERA BUT NOT THE OPERA erwartet Sie die vielleicht gewagteste Neuinterpretation der vielleicht berühmtesten Oper der Welt: Mozart und Schikaneder hätten sich im Grabe mitgedreht.
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NOSFERATU
Zum letzten Mal
Mo, 24.02.2025, 19:30 Uhr

Verpassen Sie nicht die letzte Vorstellung von Adena Jacobs multimedialer Inszenierung, die sich bildgewaltig und poetisch der ungreifbaren Furcht widmet, die sich damals wie heute in Nosferatu manifestiert..
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AM ZIEL
Do, 27.02.2025, 19:30 Uhr

Auf der Bühne des Akademietheaters erwartet Sie Thomas Bernhards AM ZIEL mit Dörte Lyssewski, Maresi Riegner und Rainer Galke - ein Abend, der zwischen Witz und Wahnsinn oszilliert!
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Besucher:innen-Service

Fragen rund um das Burgtheater? Wir sind gerne für Sie da!
  • Telefon
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    Öffnungszeiten:

    Telefonisch für Sie erreichbar
    von 1. Juli bis 24. August:
    Mo bis Fr: 10 – 14 Uhr
    Do: 10 – 17 Uhr
    Sa, So, Feiertag: geschlossen

    Öffnungszeiten ab 25. August:
    Mo bis Fr: 10 – 18 Uhr
    Sa, So, Feiertag: geschlossen
  • Anschrift
    Burgtheater | Kassenhalle - Haupteingang
    Universitätsring 2
    1010 Wien

Digitales Programmheft: Das Haus

Digital
© Julian Pache

Regisseur Roman Senkl inszeniert DAS HAUS, die erste postpandemische digitale Theaterproduktion an der BURG. Das neue Stück von Lisa Wentz erzählt von der jungen Regisseurin Mona Vönnig, Sproß einer legendären Wiener Schauspielfamilie, die mit den Schatten ihrer eigenen Familiengeschichte und einem schwierigen Theaterprojekt kämpft. Zwischen Requisitenchaos und familiären Konflikten treffen Vergangenheit und Gegenwart auf der Bühne aufeinander.

Auf der digitalen Bühne erleben Sie Elisa Plüss als Mona, Sabine Haupt als ihre Mutter, Ernest Allan Hausmann als legendären BURG-Schauspieler Edi und Safira Robens als Schauspielerin, die auf der Bühne Monas Schwester verkörpern soll, die auf tragische Weise ums Leben kam. 

Das Live-Spiel des Ensembles wird in realer Theater-Umgebung gefilmt und auf der Videoplattform Twitch live gestreamt. Einzelne Szenen werden (ebenfalls live) mit virtuellen Elementen oder Umgebungen angereichert.

Die Vorstellungen sind digital auf Twitch zu besuchen. Eine Anleitung, wie Sie die Vorstellungen besuchen können sowie Informationen und multimediale Inhalte zum Stück finden Sie hier!

DAS HAUS

Die junge Regisseurin Mona arbeitet an einem theatralen Großprojekt: Die Verarbeitung ihrer eigenen Familiengeschichte auf bekannter Bühne ist angekündigt und das Premierenpublikum sitzt bereits in seinen Sesseln.
Doch hinter den Kulissen ist noch wenig bereit: die Requisiten nicht eingerichtet, das Kostüm verdreckt, herumrennende Kinder und plötzlich taucht zu allem Überfluss auch noch Monas Mutter, eine legendäre Wiener Schauspielerin, auf. Sie fordert ihren Platz im Stück ihrer Tochter, schließlich stehe sie für Erfolg. Mona versucht alle Probleme gleichzeitig zu lösen und verirrt sich zwischen Realität, Verdrängtem, zwischen Gegenwart und Vergangenheit. But the show must go on.


Vorstellungstermine: 
 

  • 19.12.2024 (Uraufführung),
  • 21.12.2024
  • 30.12.2024 
  • 10.01.2025
  • 14.01.2025
  • 24.01.2025

Lisa Wentz basierend auf einem Text von Lisa Wentz in einer Fassung von Roman Senkl und Ensemble

Mona Elisa Plüss

Elena / Alice Safira Robens

Edi / Vater Ernest Allan Hausmann

Frau Vönnig Sabine Haupt

Mona (Kind) Bella Berkovitch / Amelie Voegtle

Alice (Kind) Malin Cham

Stimme Intendant Stefan Bachmann

Stadtrat Alexander Angeletta

Reporter Julian Simon Pache

Stimme Inspizientin Juliane Aixner

Regie / Idee / Künstlerische Leitung Roman Senkl / minus.eins

Bildgestaltung Julian Simon Pache 

Live-Visuals Phil Hagen Jungschlaeger

Set & Kostüm Design Simon Lesemann

Live-Schnitt Georg Vogler, Marie Pfaffl

Musik & Ton Lorin Brockhaus 

3D Artist Nils Gallist

AI Artist Celine Pham 

Dramaturgie Sarah Lorenz

Digitale Dramaturgie Anne Aschenbrenner

Regieassistenz & Kostüm-Assistentin Juliane Aixner

Dramaturgie-Assistentin Miriam Billisich

Soufflage Monika Brusenbach

Kostümbildassistenz Anna-Thea Jäger

Regiehospitanz Miriam Billisich

Kostümhospitanz Mara Spohn

Organisation Komparserie Barbara Rostek

Autorin Lisa Wentz im E-Mail-Interview

SL: War das dein erstes Mal digitales Theater und, wenn ja, inwieweit hat sich der Schreibprozess für dieses Medium unterschieden?

LW: Wegen der Pandemie war mir das Medium zwar nicht ganz fremd, aber es war dann doch eine riesige Überraschung, wie viel Feinheit und Engagement Roman und das ganze Team in die Entwicklung dieses besonderen Erlebnisses stecken. Das Know-How, das da bei Roman und dem ganzen Team vorhanden ist, ist einfach gewaltig. Natürlich mussten sie deshalb auch immer wieder auf den Text schauen und fragen: Geht das so, wie können wir das umsetzen, das wäre noch cool, etc. Da war natürlich die Reaktionszeit ganz anders und viel wichtiger als bei einem anderen Schreibprozess.

SL: Stellst du dir beim Schreiben ein Publikum vor und, falls ja, was wäre das in einem Online-Format für ein Publikum?

LW: Ich stell mir, vor wie das Publikum dem Abend beiwohnt, welche Reaktionen kommen könnten, welche Interaktionen. Aber nie, wer das Publikum sein könnte, um es so offen und ehrlich zu schreiben, wie ich kann, mit der Hoffnung, dass es ganz viele tolle Menschen anspricht!

SL: Wie stehst du zu Theater im Digitalen persönlich? Was daran sind für dich interessante Möglichkeiten? Was daran findest du eher schwierig/uninteressant? Sowohl als Autorin, als auch als Zuschauerin?

LW: Sehr interessant ist für mich persönlich, was ich als„Magie vor der Kamera“ bezeichne – dass man einfach für große Effekte mehr Möglichkeiten hat oder dass man für ein näheres oder fernes Dransein an den Figuren mehr Spielraum hat! Das macht sehr viel auf und kann sehr viel Spaß machen. Da das Theater nun mal meine große Liebe ist, genieße ich natürlich bei einer Vorstellung im Theater den Moment, wo Sprache im Raum steht und alle miteinander atmen. Das Rascheln der Sitznachbarin, das nervöse Hin- und Herrücken, die Reaktionen von Publikum zu Ensemble und umgekehrt. Aber wie schön, dass wir beides haben können!

SL: Welche Antwort würdest du gern geben, obwohl ich keine Frage dazu gestellt habe?

LW: Das Kometenlied ist gestrichen! Gestrichen, sag ich!
 

Lisa Wentz wurde 1995 in Tirol geboren und schloss im Jahr 2017 ihre Schauspielausbildung in Wien ab. 2018 zog sie nach Berlin, wo sie Szenisches Schreiben an der UdK studierte. Ihr Stück ASCHEWOLKEN wurde beim Nachwuchswettbewerb zum Deutschen Kinder- und Jugendtheaterpreis 2020 mit einem Sonderpreis ausgezeichnet und 2021 am Theater Strahl in Berlin uraufgeführt. Im März 2022 wurde ADERN in der Regie von David Bösch im Akademietheater aufgeführt. Am Tiroler Landestheater kam 2024 ihr Stück VERLANGEN zur Uraufführung, das sich frei nach DESIRE UNDER THE ELMS von Eugone O´Neil beschäftigt.  Ihr Stück ADERN, das  2021 mit dem Retzhofer Dramapreis und 2022 mit dem Nestroy Autor:innenpreis ausgezeichnet wurde, ist im Repertoire der BURG auf der Bühne des Akademietheaters zu sehen.

DAS HAUS von Lisa Wentz erzählt von einem traditionsreichen Theater, das sich im Wandel befindet: die junge Generation hat übernommen, in Figur von Regisseurin Mona Vönnig, Spross einer legendären Wiener Schauspielerfamilie. Sie inszeniert ihre Familiengeschichte als Stückentwicklung in diesem geschichtsträchtigen Theater-Haus und verknüpft damit auf ihre Art Vergangenheit mit Gegenwart. Die Mutter, eine auf Glanz hinerzählte Legende, kommt in dieser Gegenwart nicht vor - zumindest nicht als plastische Figur: “Du wirst immer wieder erwähnt und angespielt”, sagt Mona beschwichtigend.

Autorin Lisa Wentz liefert für diese digitale Produktion von Roman Senkl und Team die perfekte Textvorlage: Flashbacks und Traumsequenzen, die dem Stück eingeschrieben sind, lassen sich mit keinem traditionellen Theatermittel so eindringlich erzählen, wie es virtuelle Realitäten können. Die schlummernden Konflikte zwischen den Figuren, eingelernte Kommunikationsmuster, die in der Familie immer wieder in die Gegenwart drängen, das unverarbeitete Trauma des Todes von Monas Schwester Alice, deren Todesursache ein Familiengeheimnis bleibt - all das bietet viele Möglichkeiten, Erlebnisräume spielerisch digital zu erweitern bzw neu zu simulieren, - und auch zu personalisieren: Beispielsweise über eine Einbindung des Publikums via Chat auf der Videoplattform Twitch.

Digitale Angebote von Theatern sind seit Beginn der digitalen Revolution überwiegend Marketing-getrieben und bleiben es, den kreativen-experimentellen Hype während der Pandemie ausgenommen, bis auf eine handvoll Sparten-Experimente in Theaterhäusern in Nürnberg, Graz und Augsburg bis heute. Die BURG bot in den letzten Jahren ein vielfältiges digitales Programm und konnte durch kontinuierlichen Aufbau eben dieses, einen internationalen digitalen Publikumsstamm generieren.

Mit DAS HAUS folgt nun die erste postpandemische Theaterproduktion auf der großen virtuelle Bühne.  

“Was für eine neue Teufelei ist das denn?”, fragt die alte Vönnig ihre Tochter. “Warum musst du deine Mutter so quälen, Mona?” Brust rein, Brust raus, die Digitalisierung wird nicht mehr weggehen. Aber die Theater können Digitale Kultur mitgestalten, anstatt großen Konzernen zu überlassen. Und das ist völlig unabhängig von Generationen.

Anne Aschenbrenner (Digital Dramaturgie)

Regisseur Roman Senkl inszeniert das neue Stück von Lisa Wentz DAS HAUS. Der Regisseur und Autor, geboren in Graz, arbeitet seit vielen Jahren mit digitalen und hybriden Theaterformen, von VR bis KI. Nach dem Studium Szenisches Schreiben an der UdK Berlin, bei uni-t Graz sowie Regie an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch war und ist er als Mitbegründer in verschiedenen Theatergruppen und Initiativen aktiv, u.a. in der Plattform Graz (mit u.a. Clemens Setz), dem K.G.I., onlinetheater.live, Initiative Interface, der Akademie für Theater und Digitalität sowie in der Digitalen Dramaturgie, einem Netzwerk für den Austausch im Bereich digitaler Künste. Mit seinem Kollektiv minus.eins inszenierte er u.a. Das HOUSE – REINVENTING THE REAL 0.1 und Das HOUSE 0.2, die beide zum Digitalen Showcase des Theatertreffen 2021 eingeladen wurden, WILLIAM SHAKESPEARES BLADERUNNER sowie die virtuelle Jahrestagung der Dramaturgischen Gesellschaft „Dig it all“. Seine Arbeiten waren u.a. am Schauspiel Dortmund, am Deutschen Theater Berlin sowie bei der Ars Electronica zu sehen und waren u.a. für den FAUST-Preis nominiert. Senkl war u.a. Leiter des Labor für Digitale Künste der Berliner Festspiele und Referent für Digitale Künste am Theater Dortmund. In der Spielzeit 2023/24 gründete er als Künstlerischer Leiter die neue Spielstätte des „Extended Reality Theater – XRT“ am Staatstheater Nürnberg mit.

Creative Technology
Phil Hagen Jungschlaeger, Creative Technologist, ist in der Produktion „Das Haus“ für die live generierte visuelle Gestaltung verantwortlich. Das Zusammenspiel von Traum und Albtraum eröffnet durch zeitliche Verzerrungen und live generierte KI-Bilder eine märchenhafte Ebene der Assoziationen, die in das kollektive Unterbewusstsein eintaucht.

Nils Gallist, Live Performance 3D Artist ist in der Produktion verantwortlich für die 3D augmentierten Objekte die über das Live-Bild gelegt werden und somit das Reale mit dem Digitalen verschwimmen lässt.

Kamera & Bildgestaltung
Julian Simon Pache betreut das Projekt in enger Zusammenarbeit mit den Schauspielenden und Roman Senkl als Kameramann und Filmregisseur. DAS HAUS ist für JSP ein Versuch, die Hybridform von Theater und Film zu vereinen, und gleichzeitig in ihren jeweiligen Qualitäten zur Geltung zu bringen. Der Ansatz dafür ist eine dokumentarische Haltung, die mit filmformalistischen Elementen kontrastiert wird.

Live-Schnitt
Georg Vogler und Marie Pfaffl sind für den Live-Schnitt und somit den Rhythmus des Abends zuständig. Wann reisen wir mit Blitzbildern in die Vergangenheit? Wann ist es schlau KI einzusetzen? Diese Entscheidungen treffen sie mit Gefühl und einer ruhigen Hand.

Komposition & Sounddesign
Lorin Brockhaus betreut das Projekt als Musiker und Sounddesigner und reagiert musikalisch live auf die Dramaturgie der Aufführungen.

Set & Kostümdesign
Simon Lesemann, geboren und aufgewachsen bei Hannover. Studium der Architektur an der Technischen Universität Berlin. Vor und während des Studiums sammelte Simon Lesemann erste Erfahrungen in Bühne und Kostüm. Aus diesen frühen Tätigkeiten entwickelte sich eine vielseitige Karriere in den Bereichen des Films, des Theaters, der Oper und des Tanzes. Lesemann arbeitete zunächst als Bühnen- und Kostümbildassistent sowie als künstlerischer Mitarbeiter an verschiedenen europäischen Opern- und Theaterhäusern. Bald darauf folgten Engagements als Bühnen- und Kostümbildner. Zu seinen wichtigsten Wirkungsstätten zählen das Berliner Ensemble, die Berliner Volksbühne, das Maxim-Gorki-Theater, die Deutsche Oper Berlin, die Schaubühne Berlin, das Staatstheater Nürnberg, das Schauspiel Köln, die Staatsoper Hannover, das Theater an der Wien, das Theater Basel, sowie die Flandrische Oper in Antwerpen und Gent. Darüber hinaus war er als Szenenbildner an verschiedenen (Kurz-)Filmproduktionen der DFFB und der Filmarche Berlin beteiligt. Als langjähriger künstlerischer Mitarbeiter von Ersan Mondtag war er unter anderem an der Gestaltung des Berlinale-Films Seneca von Robert Schwentke beteiligt. Außerdem pflegt er eine enge Zusammenarbeit mit der Choreographin Constanza Macras. Mit 25 Jahren wurde Simon Lesemann bereits für zwei seiner künstlerischen Arbeiten von der Fachzeitschrift theater heute als bester Nachwuchsbühnenbildner des Jahres nominiert. 

AI Inhalte
Celine Pham ist verantwortlich für die Erstellung aller vorproduzierten KI-Inhalte, um diese nahtlos in die Live - Performance einbauen zu können.


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Ich hab so Angst, dass es deiner Mutter nicht gefällt.
© Julian Pache, Simon Lesemann
Keine Skandale, nur Wien!
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