Termine Festabonnement

Hier finden Sie die Termine unserer Festabonnements der Saison 2025 2026

Abonnements

BURGTHEATER

  1. 23.09.2025
  2. 18.11.2025
  3. 10.02.2026
  4. 07.04.2026
  5. 30.06.2026
  1. 30.09.2025
  2. 25.11.2025
  3. 23.12.2025
  4. 17.03.2026
  5. 14.04.2026
  1. 14.10.2025
  2. 02.12.2025
  3. 24.02.2026
  4. 21.04.2026
  5. 16.06.2026
  1. 16.09.2025
  2. 11.11.2025
  3. 13.01.2026
  4. 03.03.2026
  5. 26.05.2026
  1. 24.10.2025
  2. 19.12.2025
  3. 13.02.2026
  4. 08.05.2026
  5. 26.06.2026
  1. 10.10.2025
  2. 28.11.2025
  3. 23.01.2026
  4. 20.02.2026
  5. 17.04.2026
  1. 12.09.2025
  2. 07.11.2025
  3. 02.01.2026
  4. 27.02.2026
  5. 24.04.2026
  1. 19.09.2025
  2. 17.10.2025
  3. 12.12.2025
  4. 06.03.2026
  5. 29.05.2026
  1. 24.09.2025
  2. 22.10.2025
  3. 17.12.2025
  4. 11.02.2026
  5. 06.05.2026
  1. 01.10.2025
  2. 21.01.2026
  3. 18.03.2026
  4. 13.05.2026
  5. 10.06.2026
  1. 17.09.2025
  2. 05.11.2025
  3. 14.01.2026
  4. 25.03.2026
  5. 20.05.2026
  1. 15.10.2025
  2. 03.12.2025
  3. 04.02.2026
  4. 29.04.2026
  5. 24.06.2026
  1. 20.10.2025
  2. 15.12.2025
  3. 16.02.2026
  4. 27.04.2026
  5. 29.06.2026
  1. 13.10.2025
  2. 24.11.2025
  3. 19.01.2026
  4. 09.03.2026
  5. 08.06.2026
  1. 06.10.2025
  2. 29.12.2025
  3. 23.02.2026
  4. 23.03.2026
  5. 18.05.2026
  1. 03.11.2025
  2. 05.01.2026
  3. 02.03.2026
  4. 20.04.2026
  5. 22.06.2026
  1. 25.09.2025
  2. 13.11.2025
  3. 12.02.2026
  4. 09.04.2026
  5. 18.06.2026
  1. 09.10.2025
  2. 20.11.2025
  3. 22.01.2026
  4. 12.03.2026
  5. 16.04.2026
  1. 11.09.2025
  2. 04.12.2025
  3. 26.02.2026
  4. 23.04.2026
  5. 11.06.2026
  1. 18.09.2025
  2. 27.11.2025
  3. 08.01.2026
  4. 26.03.2026
  5. 28.05.2026
  1. 21.09.2025
  2. 23.11.2025
  3. 18.01.2026
  4. 15.03.2026
  5. 31.05.2026
  1. 07.09.2025
  2. 09.11.2025
  3. 22.02.2026
  4. 19.04.2026
  5. 14.06.2026
  1. 14.09.2025
  2. 12.10.2025
  3. 11.01.2026
  4. 15.02.2026
  5. 03.05.2026
  1. 28.09.2025
  2. 07.12.2025
  3. 08.03.2026
  4. 17.05.2026
  5. 28.06.2026
  1. 26.09.2025
  2. 06.11.2025
  3. 11.12.2025
  4. 13.03.2026
  5. 19.06.2026
  1. 05.10.2025
  2. 21.12.2025
  3. 25.01.2026
  4. 01.03.2026
  5. 26.04.2026

AKADEMIETHEATER

  1. 07.10.2025
  2. 27.01.2026
  3. 24.02.2026
  4. 21.04.2026
  5. 09.06.2026
  1. 14.10.2025
  2. 09.12.2025
  3. 03.02.2026
  4. 03.03.2026
  5. 26.05.2026
  1. 23.09.2025
  2. 11.11.2025
  3. 30.12.2025
  4. 10.03.2026
  5. 05.05.2026
  1. 30.09.2025
  2. 04.11.2025
  3. 20.01.2026
  4. 17.02.2026
  5. 12.05.2026
  1. 12.09.2025
  2. 07.11.2025
  3. 30.01.2026
  4. 27.03.2026
  5. 24.04.2026
  1. 17.10.2025
  2. 14.11.2025
  3. 09.01.2026
  4. 06.03.2026
  5. 12.06.2026
  1. 26.09.2025
  2. 05.12.2025
  3. 13.02.2026
  4. 10.04.2026
  5. 19.06.2026
  1. 05.09.2025
  2. 10.10.2025
  3. 16.01.2026
  4. 20.03.2026
  5. 22.05.2026
  1. 10.09.2025
  2. 03.12.2025
  3. 25.02.2026
  4. 15.04.2026
  5. 17.06.2026
  1. 22.10.2025
  2. 10.12.2025
  3. 04.03.2026
  4. 01.04.2026
  5. 24.06.2026
  1. 24.09.2025
  2. 19.11.2025
  3. 17.12.2025
  4. 11.03.2026
  5. 27.05.2026
  1. 17.09.2025
  2. 26.11.2025
  3. 21.01.2026
  4. 18.02.2026
  5. 22.04.2026
  1. 08.09.2025
  2. 01.12.2025
  3. 02.02.2026
  4. 23.03.2026
  5. 15.06.2026
  1. 06.10.2025
  2. 22.12.2025
  3. 30.03.2026
  4. 27.04.2026
  5. 22.06.2026
  1. 20.10.2025
  2. 17.11.2025
  3. 12.01.2026
  4. 09.02.2026
  5. 13.04.2026
  1. 22.09.2025
  2. 27.10.2025
  3. 15.12.2025
  4. 16.03.2026
  5. 11.05.2026
  1. 11.09.2025
  2. 06.11.2025
  3. 29.01.2026
  4. 12.03.2026
  5. 21.05.2026
  1. 23.10.2025
  2. 11.12.2025
  3. 08.01.2026
  4. 30.04.2026
  5. 25.06.2026
  1. 18.09.2025
  2. 27.11.2025
  3. 12.02.2026
  4. 09.04.2026
  5. 28.05.2026
  1. 02.10.2025
  2. 04.12.2025
  3. 05.02.2026
  4. 19.03.2026
  5. 07.05.2026
  1. 19.10.2025
  2. 16.11.2025
  3. 04.01.2026
  4. 01.03.2026
  5. 26.04.2026
  1. 12.10.2025
  2. 30.11.2025
  3. 11.01.2026
  4. 29.03.2026
  5. 31.05.2026
  1. 28.09.2025
  2. 23.11.2025
  3. 21.12.2025
  4. 15.03.2026
  5. 10.05.2026
  1. 05.10.2025
  2. 18.01.2026
  3. 15.02.2026
  4. 19.04.2026
  5. 14.06.2026

Kontakt

Abo-Service

Zu unseren Abonnements und Zyklen beraten wir Sie gerne.
  • Telefon
  • E-Mail Adresse
  • Öffnungszeiten
    Öffnungszeiten:
    1. Juli bis 24. August
    Mo bis Fr: 10 – 14 Uhr
    Do: 10 – 17 Uhr
    Sa, So, Feiertag: geschlossen

    Wahlabo Vorverkauf September
    05. August: 10 - 17 Uhr

    ab 25. August
    Mo bis Fr: 10 – 18 Uhr
    Sa, So, Feiertag: geschlossen
  • Anschrift
    Burgtheater | Eingang Vestibül
    Universitätsring 2
    1010 Wien

Publikumsgespräch mit der Direktion: Die 5 häufigsten Fragen

1. Besetzungen der Inszenierungen
Viele Zuschriften beziehen sich auf die Frage, welche Stücke unsere Ensemblemitglieder in der nächsten Saison spielen werden. Vielen lieben Dank für Ihre Anfragen! Wir freuen uns sehr, dass Sie sich nach „ihren“ Schauspielerinnen und Schauspielern erkundigen.

Leider können wir die genauen Besetzungen noch nicht verkünden, da diese noch im Entstehen sind. Wir bemühen uns, die Ensembles der Inszenierungen so bald wie möglich auf der Website zu veröffentlichen – spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem eine neue Premiere in den Verkauf geht.
2. Monatliche Spielplangestaltung und Kartenverkauf
Unsere Monatspläne werden vom „Künstlerischen Betriebsbüro“ disponiert. Die Abteilung besteht aus fünf Kolleg:innen und ist eines der Herzstücke des Theaters. Sie ist für die Planung, Organisation und den täglichen Ablauf aller Spielstätten und Probebühnen zuständig.
Der Monatsplan ist ein komplexes Zusammenspiel aus Abonnement-Terminen, Verfügbarkeiten der Künstler:innen (Ensemble, Gäste, Musiker:innen) und Wünschen, wie zum Beispiel, dass möglichst viel von unserem Repertoire zu sehen ist.

Zur Gestaltung des Monatsspielplans gab Stefan Bachmann im Gespräch folgendes Beispiel: Allein für die Vorstellung HOLZFÄLLEN müssen, neben Ensemblemitglied Nicholas Ofczarek, alle 11 Musiker:innen angefragt werden, gegebenenfalls gilt es Anreisen zu organisieren usw. So entstehen die Termine für jede Vorstellung, jeden Tag, jeden Monat.
Diese viele Arbeit im Vorhinein ermöglicht einen abwechslungsreichen Spielplan.

Im Zusammenhang mit diesem Thema, kam auch die Frage nach früheren Verkaufsterminen. Mit der neuen künstlerischen Leitung der BURG wurde der Vorverkaufsstart bereits zwei Wochen vorgezogen, um dem Publikum einen längeren Vorlauf zu ermöglichen.
Da die Gestaltung des Spielplans flexibel bleiben muss und parallel Proben gestaltet werden, ist ein Verkaufstermin zu einem noch früheren Zeitpunkt leider nicht möglich. Als Repertoirebetrieb möchte die BURG an diesem System für die interne Planung und Abwicklung festhalten. Wir arbeiten daran, dass das Publikum sechs Wochen im Voraus durch unseren Leporello, den Newsletter und die Website das Programm kennt und seine Theaterbesuche planen kann. Am 10. des jeweiligen Vormonats startet dann der Kartenverkauf.
Wir hoffen so, einen längeren Vorlauf in der Planung für das Publikum zu ermöglichen.

3. Wie wird entschieden, wann und ob eine Inszenierung eine Pause hat?
Uns erreicht häufig die Frage nach Pausen – ein Wunsch, dem wir gerne nachkommen!
Grundsätzlich bleibt es den künstlerischen Teams, die eine Vorstellung erarbeiten, überlassen, ob und wann eine Pause gesetzt wird. Die Pause soll den Ablauf einer Vorstellung nicht stören oder unterbrechen.
Gleichzeitig nehmen wir diese wertvolle Rückmeldung sehr gerne auf! Die BURG wird Pausen vor allem bei längeren Stücken einplanen und wir machen die Künstler:innen darauf aufmerksam, dass eine Pause gewünscht ist.
4. Wie geht es Ihnen? / Wie war die erste Spielzeit?
In den Zuschriften und auf dem Podium im Publikumsgespräch wurden beide Direktoren gefragt, wie es ihnen (nach der ersten Spielzeit) geht. Hier sind die Antworten:

Stefan Bachmann:
„Ich bin sehr stolz. Wir hatten 30 Premieren, das ist enorm – für uns alle, für das Haus. Sicherlich eine große Herausforderung, dies strukturell und energetisch zu leisten. Ich bin stolz, wie wir es geschafft haben. Ich freue mich sehr über das tolle Ensemble, die Themen, die in den Stücken verhandelt wurden, und das Publikumsinteresse.“

Robert Beutler:
„Rückblickend eine spannende Spielzeit – mit neuen Kolleg:innen und neuen künstlerischen Ideen.
Eine neue Direktion durchlebt immer unterschiedliche Phasen: Zunächst gab es wenige Beschwerden, jetzt häuft sich die Frage: Warum erhalte ich keine Karten für gewisse Vorstellungen? Darüber freuen wir uns und auch nicht. Es ist aber natürlich aus kaufmännischer Sicht schön, dass es einige Produktionen gibt, die schnell ausverkauft sind und viele, die über 90% liegen.
Wir machen also die richtigen Dinge gemeinsam.“
5. Kasino & Community
Wir freuen uns sehr über das Feedback zu unseren Community-Formaten, bei denen viele unterschiedliche Menschen Theater gespielt haben, die BURG näher kennengelernt haben und in unseren Community-Produktionen auch selbst auf der Bühne gestanden sind. Ebenso freuen wir uns über Fragen nach unseren Plänen für BURG ON TOUR.
Die Community-Projekte werden auch in der nächsten Spielzeit fortgeführt und ausgebaut.
Die Kräfte für BURG ON TOUR sammeln wir nun für die Wiedereröffnung des Kasinos. Wir freuen uns hier auf neue Premieren, Repertoirebetrieb aber auch Ensembleformate, wie Lesungen und Herzensprojekte. Das Kasino wird zudem auch ein Ort für Diskussionsformate dein. Geöffnet ist es ab nächster Spielzeit jede Woche von Donnerstag bis Sonntag.

DIE LANGE NACHT DER ZEIT

Wir feiern 20 Jahre ZEIT Österreich!

Die Lange Nacht der ZEIT in Wien am 23. Oktober: Lernen Sie einen Stargast im Gespräch mit dem ZEITmagazin kennen. Kommen Sie mit dem Chefredakteur Giovanni di Lorenzo und der ZEIT Österreich-Redaktion ins Gespräch. Seien Sie live dabei, wenn der Podcast „Servus. Grüezi. Hallo.“ aufgenommen wird.

Und feiern Sie mit uns den 20. Geburtstag der ZEIT Österreich.

Hier können Sie Karten für die jeweiligen Veranstaltungen im Oktober kaufen: 
tickets.burgtheater.at

Bei der Buchung von 2 Veranstaltungen oder mehr erhalten Sie einen Rabatt auf die Karten. Beim Kauf von 2 Veranstaltungen erhalten Sie -20 %, beim Kauf von allen drei Veranstaltungen -30%. Um eines der Pakete zu buchen, nutzen Sie folgenden Link:

tickets.burgtheater.at/pakete

PROGRAMM

Sara Geisler und Sascha Chaimowicz, ZEITmagazin, sprechen mit dem Musiker und Schriftsteller Marco Wanda über sein Buch »Dass es uns überhaupt gegeben hat«. Es handelt von Wien und seinen Menschen, vom Tod und von Verlusten, von Musik und Freundschaft. 

Hier können Sie Karten für die jeweiligen Veranstaltungen im Oktober kaufen: 
tickets.burgtheater.at

Bei der Buchung von 2 Veranstaltungen oder mehr erhalten Sie einen Rabatt auf die Karten. Beim Kauf von 2 Veranstaltungen erhalten Sie -20 %, beim Kauf von allen drei Veranstaltungen -30%. Um eines der Pakete zu buchen, nutzen Sie folgenden Link:

tickets.burgtheater.at/pakete

Der Chefredakteur der ZEIT und unsere Österreich-Redaktion freuen sich, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen. Wie schätzt die Redaktion die aktuelle Lage ein, in Österreich und in der Welt? Was bewegt Sie, die Leserinnen und Leser? Was erwarten sie von der ZEIT – auf Papier wie online? 

Hier können Sie Karten für die jeweiligen Veranstaltungen im Oktober kaufen: 
tickets.burgtheater.at

Bei der Buchung von 2 Veranstaltungen oder mehr erhalten Sie einen Rabatt auf die Karten. Beim Kauf von 2 Veranstaltungen erhalten Sie -20 %, beim Kauf von allen drei Veranstaltungen -30%. Um eines der Pakete zu buchen, nutzen Sie folgenden Link:

tickets.burgtheater.at/pakete

Im transalpinen ZEIT-Podcast sprechen Matthias Daum, Florian Gasser und Lenz Jacobsen darüber, was in Deutschland, Österreich und der Schweiz los ist. Was uns bei unseren Nachbarn absurd erscheint und was vorbildlich. Und was wir voneinander lernen können.

Hier können Sie Karten für die jeweiligen Veranstaltungen im Oktober kaufen: 
tickets.burgtheater.at

Bei der Buchung von 2 Veranstaltungen oder mehr erhalten Sie einen Rabatt auf die Karten. Beim Kauf von 2 Veranstaltungen erhalten Sie -20 %, beim Kauf von allen drei Veranstaltungen -30%. Um eines der Pakete zu buchen, nutzen Sie folgenden Link:

tickets.burgtheater.at/pakete

Machen Sie mit den Protagonisten des Abends die Nacht zum Tage. Feiern Sie bei Musik und Tanz, Gemischtem Satz und Wiener Würsteln den 20. Geburtstag der ZEIT Österreich auf den Feststiegen und in den Foyers des Burgtheaters. 

Eine Kooperation der BURG mit DIE ZEIT.

Barrierearmes Angebot zu HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI

Die BURG möchte das Theatererlebnis vor, hinter und auf der Bühne inklusiver und zugänglicher gestalten. Hier finden Sie unser barrierearmes Angebot für die Vorstellung von HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI am 13 Juni.

In der Spielzeit 2024/25 werden fünf Vorstellungen mit Audiodeskription begleitet und Programmhefte in Braille-Schrift kostenlos zur Verfügung gestellt. Im Spielplan sind diese Vorstellungen mit dem Hinweis Audiodeskription gekennzeichnet. 
Die Audiodeskription erlaubt es stark seheingeschränkten oder blinden Menschen, die Bildebene einer Inszenierung nachzuvollziehen. Während der Vorstellung beschreibt ein:e Sprecher:in das Bühnenbild, die Kostüme oder Informationen zur Handlung live mittels mitgebrachtem UKW-Empfänger und Kopfhörer. 

Hier finden Sie alle barrierearmen Angebote für diese Vorstellung: 

  • Zur Audiodeskription gehört eine taktile Führung mittels Touch-Tisch, um vor der Vorstellung Materialitäten und Räume kennenzulernen. 
  • Sie erhalten bei den Oberbilleteur:innen des Burgtheaters kostenlos ein Programmheft in Braille-Schrift.
  • Unten auf dieser Seite können Sie sich Figurenbeschreibungen des HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI Ensembles anhören, in denen sich die Schauspieler:Innen vorstellen und ihr Aussehen und ihre Kostüme beschreiben. 

Für Platzreservierungen und weitere Informationen, wenden Sie sich bitte direkt an unsere Ansprechpartnerin bei der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs:
Irene Zöhrer 
irene.zoehrer@hilfsgemeinschaft.at
Tel.: +43 1 330 35 45 – 82
www.hilfsgemeinschaft.at

FIGURENBESCHREIBUNGEN FÜR BLINDE UND SEHSCHWACHE MENSCHEN

Das Ensemble von HERR PUNTILA UND SEIN KNECHT MATTI stellt sich vor und beschreibt ausgewählte Figuren, ihr Aussehen und ihre Kostüme.

ZUR INSZENIERUNG
von Bertolt Brecht mit Musik von Paul Dessau und Pablo Chemor
Regie: Antú Romero Nunes

Mit: Bruno Cathomas, Julia Windischbauer, Marie-Luise Stockinger, Felix Rech, Annamária Láng, Tilman Tuppy, Justus Maier, Lola Klamroth
Image

TRAUER UM ELISABETH ORTH (1936 – 2025)

Wir trauern um Kammerschauspielerin, Doyenne und Ehrenmitglied des
Burgtheaters und unsere Kollegin Elisabeth Orth, die am Samstag, den 17. Mai
2025 in der Früh im 90. Lebensjahr verstorben ist.

Elisabeth Orth
© Irina Gavrich

Wir trauern um Kammerschauspielerin, Doyenne und Ehrenmitglied des Burgtheaters und unsere Kollegin Elisabeth Orth, die am Samstag, den 17. Mai 2025 in der Früh im 90. Lebensjahr verstorben ist.

„Das Haus trauert um Elisabeth Orth, eine der prägendsten Stimmen unseres Ensembles. Sie war nicht nur eine großartige Künstlerin, sondern auch in ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement eine Instanz. Mein herzliches Beileid gilt der gesamten Familie und ihren Freundinnen und Freunden. Sie wird der BURG und dem deutschsprachigen Theater fehlen.“
Stefan Bachmann, künstlerischer Direktor

Elisabeth Orth wurde 1936 in Wien als Tochter des Schauspielerpaares Paula Wessely und Attila Hörbiger geboren. Um nicht mit dem Namen Hörbiger zu arbeiten, nahm sie den Familiennamen ihrer Großmutter mütterlicherseits an. Nach der Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien führten sie erste Engagements nach Ulm, Bad Hersfeld, Köln und an das Bayerische Staatsschauspiel in München. Am 21. Oktober 1965 debütierte sie am Burgtheater als Louise in Schillers „Kabale und Liebe“, Regie: Leopold Lindtberg. Weitere Engagements führten sie an die Schaubühne am Lehniner Platz und zu den Salzburger Festspielen.

An der Burg arbeitete sie in rund 80 Inszenierungen mit Regisseur:innen wie Leopold Lindtberg, Kurt Meisel, Dieter Dorn, Otto Schenk, Luca Ronconi, Adolf Dresen, Erwin Axer, Hans Hollmann, Achim Freyer, George Tabori, Peter Zadek, sie spielte u.a. die Titelrolle in Shaws DIE HEILIGE JOHANNA, das Klärchen in Goethes EGMONT, Ibsens NORA, Gräfin Eboli in Schillers DON CARLOS, Tatjana in Gorkis DIE KLEINBÜRGER, Goethes IPHIGENIE AUF TAURIS, Gräfin Orsina in Lessings EMILIA GALOTTI, Francine in Max Frischs TRIPTYCHON, Julie in Büchners DANTONS TOD, Gertrud in Shakespeares HAMLET, Brechts MUTTER COURAGE UND IHRE KINDER, Xenia in Edward Bonds SOMMER, Emilia in Shakespeares OTHELLO und die Savischna in Tschechows IVANOV.

1992 wurde Elisabeth Orth mit der Rolle der Lizzie Berrill in O’Caseys DAS ENDE VOM ANFANG eine der führenden Protagonistinnen von Andrea Breth. Seit 1999, der Rückkehr an die Burg nach ihren Berliner Zwischenjahren, war sie Breths Louise Rafi in Bonds DIE SEE, Frau Hudetz in Horváths DER JÜNGSTE TAG, Elisabeth in MARIA STUART von Schiller, Claudia Galotti in Lessings EMILIA GALOTTI, Großinquisitor in DON CARLOS, Big Mama in DIE KATZE AUF DEM HEIßEN BLECHDACH von Tennessee Williams oder Gräfin Bork in Heinrich von Kleists PRINZ FRIEDRICH VON HOMBUG. Albert Ostermaier schrieb mit NACH DEN KLIPPEN einen eigenen Monolog für sie. In den letzten Jahren feierte sie große Erfolge in Stücken der österreichischen Gegenwartsdramatik, mit die Alte in Ewald Palmetshofers „die unverheiratete“ (mit dem Nestroy „Beste Schauspielerin“ ausgezeichnet), die Großmutter in ENGEL DES VERGESSSENS von Maja Haderlap und zuletzt in der Uraufführung von „paradies fluten – verrirte sinfonie, teil eins der klimatrilogie“ von Thomas Köck. Mit ihrem Sohn Cornelius Obonya stand sie gemeinsam zuletzt 2017 als Volumnia in der Inszenierung CORIOLAN von William Shakespeare (Regie: Carolin Pienkos) auf der Bühne. Außerdem wirkte sie in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen mit.

Elisabeth Orth zeigte großes sozialpolitisches Engagement gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit, sie war Präsidentin der Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich. Von 1979 bis 2000 war sie als Kolumnistin der Wochenzeitung „Die Furche“ tätig.

Kammerschauspielerin Elisabeth Orth erhielt alle wichtigen künstlerischen Auszeichnungen in Österreich, außerdem war sie Trägerin der „Kainz-Medaille“, des „Grillparzer Rings“ und des „Liselotte-Schreiner-Rings“ und wurde 2014 zum Ehrenmitglied des Burgtheaters ernannt. Zudem erhielt sie ebenso das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2006) und das Bundes-Ehrenzeichen für Toleranz und Menschenrechte (2009).

Seit 2015 ist Elisabeth Orth die Doyenne des Burgtheaters. Zu ihrer Ernennung sagte Karin Bergmann „Elisabeth Orth ist prädestiniert für die Aufgabe der Doyenne. Sie übernimmt schlicht und einfach notorisch Verantwortung – im Leben wie auf der Bühne: "Sie ist Protagonistin, - und doch konzentriert sie sich auch bei ihrer Arbeit am Theater niemals nur auf sich selbst, achtet auch hier auf das Große und Ganze, ist beflügelnde und stützende Ensemblespielerin, geschätzte und geliebte Kollegin.“

2022 erhielt sie den „Nestroy-Theaterpreis“ für ihr Lebenswerk. Von der Gesellschaft der Freunde des Burgtheaters wurde 2022 erstmals und seither in Folge jährlich der „Elisabeth Orth-Preis“ gestiftet.

Das Burgtheater verliert nicht nur seine Doyenne, eine großartige Künstlerin, eine Kollegin, einen Menschen mit Zivilcourage, sondern auch eine feine Beobachterin der Zeit und eine wirklich gute Freundin.

Für Elisabeth Orth findet am Donnerstag den 12. Juni 2025 um 14:30 Uhr eine Trauerfeier für geladene Gäste statt. Das Publikum ist eingeladen, am selben Tag im Zeitraum von 12:15 Uhr bis 13:15 Uhr auf der Feststiege auf der Landtmannseite Abschied zu nehmen. Ab etwa 15:30 Uhr besteht zudem die Möglichkeit, dem Trauerzug rund um das Burgtheater beizuwohnen. Ab sofort liegt in der Kassenhalle des Burgtheaters ein Kondolenzbuch zur Eintragung auf. Am Tag der Trauerfeier ist dies auch auf der Feststiege möglich.

DIE SCHREIBSTUBE

Kontexte & Subtexte: Elfriede Jelineks Schreib- und Denkweise

"Was immer geschieht, nur die Sprache geht von mir weg, ich selbst, ich bleibe weg“, schrieb und sagte Elfriede Jelinek in ihrer Nobelpreisrede 2002, für die sie, gewissermaßen programmatisch, ganz sicher konsequent, nicht nach Stockholm reiste, sondern per Videoeinspielung anwesend und abwesend zugleich blieb. Auf der Drehbühne von Milo Raus Inszenierung von BURGTHEATER gibt es also einen bewohnten und zugleich unbehausten „locked room“. Vielleicht sitzt dort Elfriede Jelinek und gibt die Spielregeln vor, während sie doch fortwährend behauptet hat: Machen Sie mit dem Stück, was Sie wollen. Immer gilt, so Jelinek in Stockholm: „Die Sprache geht. Ich bleibe, aber weg. Nicht auf dem Weg. Und mir bleibt die Sprache weg.“
 

Elfriede Jelinek: ICH SCHLAGE SOZUSAGEN MIT DER AXT DREIN (1984)

Wenn ich Theaterstücke schreibe, dann bemühe ich mich nicht, psychologisch agierende Personen auf die Bühne zu stellen. Das soll, meine ich, dem Film vorbehalten bleiben. Ich vergrößere (oder reduziere) meine Figuren ins Übermenschliche, ich mache also Popanze aus ihnen, sie müssen ja auf einer Art Podest bestehen. Die Absurdität der theatralischen Situation – man betrachtet etwas auf einer Bühne! – verlangt eben diese Übersteigerung der Personen, Ich bemühe mich darum, Typen, Bedeutungsträger auf die Bühne zu stellen, etwa im Sinn des Brechtschen Lehrstücks.

Eine literarische Technik, die ich verwende, ist die der Montage. Ich erziele in einem Stück verschiedene Sprachebenen, indem ich meinen Figuren Aussagen in den Mund lege, die es schon gibt. Ich bemühe mich nicht um abgerundete Menschen mit Fehlern und Schwächen, sondern um Polemik, starke Kontraste, harte Farben, Schwarz-Weiß-Malerei; eine Art Holzschnittechnik. Ich schlage sozusagen mit der Axt drein, damit kein Gras mehr wächst, wo meine Figuren hingetreten sind. Am besten kann ich das an einigen Beispielen aus meiner dramatischen Produktion verdeutlichen. [...]

Was mein letztes Stück, BURGTHEATER, betrifft, so habe ich lange am Schneidetisch Kitschfilme, aber auch reine Propagandafilme (HEIMKEHR) der Nazi-Ära angeschaut und Dialoge und Monologe mitgeschrieben. Es ging mir darum, mit den Mitteln der Sprache zu zeigen, wie wenig sich die Propagandasprache der Blut-und-Boden-Mythologien in der Nazikunst vom Kitsch der Heimatfilmsprache in den fünfziger Jahren, einer Zeit der Restauration, unterscheidet. Dieser Sumpf aus Liebe, Patriotismus, Deutschtümelei, Festlegung der Frau auf die Dienerin, Mutter, Gebärerin und tapfere Gefährtin von Helden, auf die stets sich selbst Verneinende, dem Mann Gehorchende – ein Matsch, der nach dem Krieg nie richtig trockengelegt worden ist, war mein Material, das ich zu einer Art Kunstsprache zusammengefügt habe, weil es in seiner Kitschigkeit und Verlogenheit nicht mehr zu überbieten ist. Diese Sprache ist nicht parodierbar. Sie „spricht für sich selbst“, und daher mußte ich nicht mehr sprechen.

Ich arbeitete gewissermaßen linguistisch am Text, indem ich die Wörter, die schleimig und verwaschen die faschistische Ideologie transportieren, zu Wortneuschöpfungen umwandelte, Neologismen, die die ganze Brutalität des Faschismus enthüllen, ohne daß das einzelne Wort im Zusammenhang etwas bedeuten muß, zum Beispiel „Saubertöte“ statt „Zauberflöte“, „Sauschlitzerin“ statt „Schauspielerin“. Das Stück ist an realen Personen orientiert, die in der Zeit des Faschismus berühmte Schauspieler waren (und es heute genauso wären), aber nicht die Personen als solche sind mir wichtig gewesen, sondern das, wofür sie standen, was sie repräsentierten, wofür sie sich zum Werkzeug machten. Ähnlich wie im MEPHISTO von Klaus Mann, in dem auch Gründgens als Person weniger wichtig ist als die Figur eines Aufsteigers in der Nazizeit, die eben bestimmte Züge eines bestimmten Menschen trägt. 

Meine Arbeitsweise funktioniert, wenn es mir gelingt, die Sprache zum Sprechen zu bringen, durch Montage von Sätzen, die verschiedene Sprachen miteinander konfrontiert, aber auch durch Veränderung von Worten oder Buchstaben, die im Idiom verhüllte Aussagen entlarvt. Auf der Bühne interessieren mich nicht Charaktere mit dem Nimbus von „Persönlichkeit“, sondern Prototypen. Mein Verfahren bleibt sichtbar und durchsichtig. Weder Autor noch Personen sind Geheimnisträger. Die Figuren auf der Bühne stehen für etwas, sie sind für mich Werkzeuge, mit denen ich meine Aussagen machen will, denn ich glaube an das Theater als ein politisches Medium. 

Der Essay erschien erstmals in: TheaterZeitSchrift 7 (1984), S. 14–16. 

Markus Edelmann: Jelinek lesen lernen - Ein BURGTHEATER-Alphabet

Mavie Hörbiger
© Tommy Hetzel

Im Märchenkahn eine Gestalt in einer merkwürdigen Mischung aus Alpenkönig, Menschenfeind und Invalide.

Der Alpenkönig ist eine allegorische Figur aus Ferdinand Raimunds romantisch-komischem Zauberspiel DER ALPENKÖNIG UND DER MENSCHENFEIND (1828). Der Alpenkönig Astragalus bewirkt in Raimunds Stück Läuterung und Versöhnung, indem er dem Menschenfeind Rappelkopf als Doppelgänger erscheint und ihm so sein toxisches und paranoides Verhalten spiegelt. In Jelineks BURGTHEATER führt der Auftritt des Alpenkönigs nicht zu Selbsterkenntnis – im Gegenteil: Bevor er als Schutzgeist alles zum Guten wenden kann, wird er brutal umgebracht. Im zum „Großdeutschen Reich“ gehörigen Österreich ist der Alpenkönig ein Ausländer, repräsentiert er doch auf idealtypische Weise das österreichische Wunschbild vom ‚guten Kaiser‘. 1965 wurde DER ALPENKÖNIG UND DER MENSCHENFEIND von Rudolf Steinboeck am Burgtheater inszeniert – mit Paul Hörbiger als Alpenkönig und Attila Hörbiger als Rappelkopf. 

„Käthe: Brüderlein fein, Brüderlein fein, einmal muss geschieden sein.“

BRÜDERLEIN FEIN ist ein Lied aus Ferdinand Raimunds Zaubermärchen DER BAUER ALS MILLIONÄR (1826). Im Duett mit Wurzel, einem zu Reichtum gekommenen Bauern, kündigt die Jugend diesem ihre Freundschaft auf, woraufhin er sich schlagartig in einen alten Mann verwandelt. In Jelineks BURGTHEATER stimmen sowohl Istvan als auch Käthe dieses Lied an – einmal, um Österreich mit dem „Anschluss“ ins „Deutsche Reich“ zu verabschieden, das zweite Mal, um die gewaltvolle Beseitigung des Alpenkönigs einzuleiten. Aus dem Jahr 1941 stammt der Film BRÜDERLEIN FEIN (Regie: Hans Thimig) über das Leben von Ferdinand Raimund – u. a. mit Hans Holt als Ferdinand Raimund und Paul Hörbiger als Franz Grillparzer.

„Istvan [zum Zwerg]: Du derfst keiner Menschenseele verratn, was du hier im Hause der Musen erblicktest. Dafier derfst du schlußendlich als einziga Schauspüla auf der Wölt den Posa und den Carlos in einer Person dorstellen […].“

Als Gegenleistung für die Verheimlichung dessen, „was [s]ie olle gemocht haben im achtunddreißiger Jahr und danach“, bietet Istvan „kurz vor der Befreiung Wiens“ dem Burgtheaterzwerg, seinem bis zuletzt verfolgten „Kollegen“, gleich zwei Rollen in DON CARLOS an. Friedrich Schillers dramatisches Gedicht aus dem Jahr 1787 ist ein exemplarisches Werk der Weimarer Klassik, das politisch-familiäre Konflikte am spanischen Hof des 16. Jahrhunderts darstellt. Posa, der Jugendfreund von Don Carlos, richtet bei Schiller folgende sprichwörtlich gewordene Forderung an König Philipp II.: „Geben Sie / Gedankenfreiheit.“ In Jelineks Stück versucht der Alpenkönig, sich mit diesem Satz zu retten. Käthe, Istvan und Schorsch, die ihn massakrieren, reagieren allerdings nur mit einem „Lachkrampf“ darauf. Im Rahmen der Wiedereröffnung des Burgtheaters 1955 wurde – auf KÖNIG OTTOKARS GLÜCK UND ENDE folgend – DON KARLOS in der Regie von Josef Gielen mit Oskar Werner in der Titelrolle, Werner Krauß als Philipp II. und Fred Liewehr als Marquis von Posa gezeigt. 

„Zwerg schlendert inzwischen zwanglos umher: Ich schlendere umher, ergreife dies und jenes, freue mich meiner neugewonnenen Freiheit. Gibts in Wien a Hetz a Drahrerei, joo, do bin i dabei. Singt, schlendert.

GIBT’S IN WIEN A HETZ, A DRAHREREI ist eine Polka aus der Operette FRÜHLING IM PRATER (1949) von Robert Stolz, mit Texten von Ernst Marischka. Robert Stolz, der aufgrund seiner Ablehnung des Nationalsozialismus 1938 in die USA emigrierte, verhalf nach der Machtergreifung der Nazis vielen Jüdinnen und Juden zur Flucht aus Deutschland. Das Wort „Drahrerei“ deutet die Drehbewegung des Tanzens an. Im Wienerischen versteht man unter einem „Drahrer“ einen leichtsinnigen Wiener, der die Nacht zum Tag macht. Jelinek spielt in diesem Zitat außerdem mit der Mehrdeutigkeit des Wortes „Hetz“. Während eine „Hetz“ in der österreichischen Umgangssprache einen Spaß, eine Belustigung, ein Vergnügen bezeichnet, versteht man unter einer „Hetze“ die manipulative Erzeugung von negativen Gefühlen wie Hass und Feindschaft gegen bestimmte Menschen. Im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus bzw. dem Antisemitismus ist etwa von der „Judenhetze“ oder – die Jägersprache aufgreifend – von der „Hetzjagd auf Juden“ die Rede. Auch an anderen Stellen greift Jelinek diese Doppeldeutigkeit auf: „Istvan: Ui jegerl, is des a Hetz! / Schorsch: A Hetz muaß sein! So glocht hamma nimma seit dem Anschluß!“ 

„Istvan: Auf einem weißen Hengst tu ich reiten. Die einsame Birke.“

Istvans aus dem Zusammenhang gerissenes Bildzitat verweist auf ein typisches Motiv der romantischen Landschaftsmalerei – u. a. bei Caspar David Friedrich (1774–1840), der von den Nationalsozialisten ideologisch vereinnahmt wurde. Zudem handelt es sich um eine Anspielung auf die polnische Ortschaft Birkenau (Brzezinka), wo im Oktober 1941, drei Kilometer von Auschwitz entfernt, ein Vernichtungslager errichtet wurde. Im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau wurden bis 1945 etwa 1,1 Millionen Menschen ermordet. Als größtes Gefangenenlager der Nationalsozialisten ist es das Sinnbild des Holocaust.

„Käthe küßt sie [Resi] ab: Faktotum oides! Schwägerin! Schwester! Naa, mehr als a Schwesterl: Dienstbot, treuer!“

Als Faktotum wird scherzhaft ein Mensch bezeichnet, der alles macht (lateinisch: fac totum), das heißt vor allem für unterstützende Arbeiten, Besorgungen etc. zuständig ist und aufgrund seiner Verlässlichkeit und Hilfsbereitschaft großes Vertrauen genießt. So wird Resi in BURGTHEATER auch als „treuer Hausgeist“ und „dienstbarer Geist“ bezeichnet, womit auf den biblischen Brief von Johannes an die Hebräer Bezug genommen wird, in dem die Engel folgendermaßen charakterisiert werden: „Sind sie nicht allzumal dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die ererben sollen die Seligkeit?“ Käthe benützt Resi vor allem zur Machtdemonstration bzw. zur lustvollen Ausübung von Gewalt an Untergebenen. Als Vorbild für die Figur dient die im Stück mehrmals genannte Volksschauspielerin Annie Rosar (1888–1963) in der Rolle einer Haushälterin, Köchin o. Ä., für die sie in einer Vielzahl an (Unterhaltungs-)Filmen große Bekanntheit erlangte. In Carol Reeds DER DRITTE MANN (1949) hatten Annie Rosar und Paul Hörbiger einen kurzen Auftritt als Portiersehepaar.

„Käthe: I spü a junge Schauspielschülerin aus der Provinz. Aus Graz halt. In mein Pensionat hab i heimlich die Aufnahmspriefung für die Schauspielakademie bestonden. Mitm Gretchen natierlich.“

Jelinek greift in BURGTHEATER unterschiedliche Motive aus dem Film DIE GANZ GROßEN TORHEITEN (1937) auf. Regie führte Carl Froelich, der von 1939 bis 1945 Präsident der Reichsfilmkammer war. Ralph Benatzkys Tango EINMAL IST KEINMAL aus diesem Film ist heute vor allem durch die Verwendung in Pina Bauschs KONTAKTHOF (1978) bekannt. Paula Wessely spielte im Film die junge Elevin Theresa Brandl aus Graz, die nach Wien kommt, um Schauspielerin zu werden. An der Akademie spricht sie Klärchen aus Goethes EGMONT vor. Das von Jelinek erwähnte „Gretchen“ verweist wiederum auf Paula Wesselys Bühnenerfolg als Margarete in Max Reinhardts (1873–1943) monumentaler FAUST-Inszenierung in der Salzburger Felsenreitschule in den Jahren 1933 bis 1937. Reinhardt sah sich als Jude aufgrund zunehmender Übergriffe 1938 gezwungen, in die USA zu emigrieren. An anderer Stelle ruft Käthe – Goethes Gretchen zitierend – „gellend“ aus: „Mein Salzburg! Mein Gretchen! Mein Reinhardt! Jud ölendiga! Pfui Deufi! Neige du Schmerzensreiche.“ 

„Istvan: Wir werden heimkehren! Wozu jammern und fragen. Es wird doch alles gut!“

Jelinek zitiert hier und an anderen Stellen im Stück aus einem patriotisch-pathetischen Monolog, den Paula Wessely im Film HEIMKEHR (1941) hält. Propagandaminister Joseph Goebbels hielt diese Szene im Kerker für „das Beste, was je im Film gedreht worden ist“, wie er in seinem Tagebuch notierte. Mittels Verfälschung der Tatsachen erzählt der Film von der Verfolgung der deutschen Minderheit in Polen und rechtfertigt so den deutschen Überfall auf Polen. „Gustav Ucickys Machwerk HEIMKEHR, in dem sie [Paula Wessely] die Hauptrolle spielte, ist der schlimmste Propagandaspielfilm der Nazis überhaupt. Ihre Mitwirkung sowohl an ablenkenden Filmen als auch an diesem Propagandaspielfilm wird bis heute unterschätzt“, so Jelinek in einem Telefoninterview anlässlich des Todes von Paula Wessely im Jahr 2000. „Man darf nicht vergessen, dass Paula Wessely der höchstbezahlte weibliche Star der Nazizeit war. Das Argument einer ‚unpolitischen Frau‘, wie man sie im günstigsten Fall nennen könnte, kann ich nicht akzeptieren. Denn wenn sie in HEIMKEHR sagt, ‚Wir kaufen nichts bei Juden‘, hätte sie als erwachsener Mensch wissen müssen, was sie da sagt.“ Sozusagen zur Reinwaschung spielte Paula Wessely 1948 in Karl Hartls auf dem gleichnamigen Roman von Ernst Lothar basierenden Film DER ENGEL MIT DER POSAUNE eine Jüdin, die sich als Verfolgte 1938 das Leben nimmt. 

„ISTVAN – Burgschauspieler, Filmschauspieler, Käthes Mann"

Der ungarische Vorname István, der Krone bzw. Siegeskranz bedeutet und dem deutschen Vornamen Stephan entspricht, verweist auf Attila Hörbigers Verbindung zu Ungarn, wo er 1896 in Budapest geboren wurde. Er war der jüngste Sohn von Leopoldine und Hanns Hörbiger und Bruder von Hans Robert, Alfred und Paul Hörbiger. Hanns Hörbiger arbeitete in Budapest als Ingenieur, entwickelte u. a. das Stahlplattenventil und wurde später als Schöpfer der „Welteislehre“ bekannt. 1903 übersiedelte die Familie nach Wien. 1935–1937 und 1947–1951 spielte Attila Hörbiger die Titelrolle in Hofmannsthals JEDERMANN bei den Salzburger Festspielen. Ab 1950 war er Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, 1967 wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. Lange Zeit stand er künstlerisch und was die Popularität betrifft im Schatten von seinem Bruder Paul und von Paula Wessely, die er 1935 heiratete. Dennoch entwickelte er sich v. a. als Charakterdarsteller in Stücken österreichischer Autoren wie Nestroy, Raimund und Hofmannsthal zu einer österreichischen „Institution“. In der NS-Zeit war Attila Hörbiger ein vielbeschäftigter Filmschauspieler und wirkte u. a. am antisemitischen und antipolnischen Propagandafilm HEIMKEHR (1941) mit. Sein politisch problematisches, d. h. indifferentes und angepasstes Verhalten in dieser Zeit beeinflusste seine Popularität nach 1945 nicht. 

„MITZI – Käthes und Istvans älteste Tochter / MAUSI – Käthes und Istvans zweitälteste Tochter / PUTZI – Käthes und Istvans jüngste Tochter“

Jelinek greift bei der Benennung der Töchter von Käthe und Istvan auf gängige, verniedlichende Kosenamen zurück und betont die damit einhergehende Verdinglichung, indem sie vorschlägt, dass Putzi „eventuell [eine] lebensgroße Stoffpuppe“ mit „Stimme vom Band“ sein könnte. Vorbilder für diese Figuren sind Paula Wesselys und Attila Hörbigers Töchter Elisabeth Orth (1936–2025), Christiane Hörbiger (1938–2022) und Maresa Hörbiger (geb. 1945), die ebenfalls große Bekanntheit als Film- und Theaterschauspielerinnen erlangten. Elisabeth Orth, seit 2014 Ehrenmitglied und seit 2015 Doyenne des Burgtheaters, hält in ihrem Buch „AUS EUCH WIRD NIE WAS“ (2015), das im Titel eine an die Töchter gerichtete Aussage Paula Wesselys aufgreift, folgende Erinnerung fest: „Viele Jahre später hat meine jüngste Schwester Maresa, die das Elternhaus in Grinzing erbte, oben im Dachboden aufgeräumt. Da standen, wie wir wussten, zwei Schrankkoffer, aufwendig verarbeitet, mit Laden und mit Monogramm. Maresa öffnete einen dieser Schrankkoffer, und es fielen ihr in einer Staubwolke zwei vergilbte Pelzmäntel entgegen. Die hatten unsere Eltern bei den Dreharbeiten zu HEIMKEHR getragen. All die Jahrzehnte hingen diese Mäntel in den Schrankkoffern. Maresa lief hinaus, um wieder Luft zu bekommen nach dem ganzen Staub und Dreck. Ihre erste Reaktion war körperlich, die zweite, viel stärkere, war seelisch.“ 

© Tommy Hetzel

Plötzlicher Erstickungsanfall aus der Kredenz, den niemand übertönen kann, dazu erstickt vom Zwerg: Entschuldigens scho! Entschuldigung bitte… Istvan stürzt hin und öffnet die Kredenztür: Wos geht durten in dera Kredenz vur? Erstickte Geraische, das is bestimmt a schiacher Bua.“

„Kredenz“ ist ein veralteter Begriff für eine Anrichte bzw. ein Büfett. Im 19. Jahrhundert wurde die Kredenz – in Kombination mit einem in der Raummitte platzierten, meist ovalen Esstisch – zu einem wesentlichen Möbelstück der gehobenen bürgerlichen Wohnungseinrichtung. Auch im Speisezimmer in Jelineks BURGTHEATER ist die Kredenz ein zentrales Objekt. Sie dient als – an eine Gefängniszelle erinnerndes – Versteck für den Burgtheaterzwerg, der von Resi dorthin verbracht wird, und ist der Aufbewahrungsort des „Medizinfläschchen[s]“, aus dem Käthe trinkt, um sich zu vergiften. Nach einem weiteren Selbstmordversuch wird Käthe von Istvan außerdem als „Kredenz“ beschimpft. Seinen Ursprung hat das Wort im italienischen „credenza“, worunter man das Vorkosten von Speisen versteht und das wiederum auf dem lateinischen „credere“ beruht. Die Kredenz wird damit – ganz ihrer Funktion in Jelineks Stück entsprechend – zu einem Gegenstand des Glaubens und Vertrauens. Gebräuchlich ist des Weiteren der Begriff „kredenzen“, der das Darreichen bzw. das Zubereiten von Getränken oder Speisen bezeichnet. 

„Schorsch: Stell dir vor, es geht das Licht aus, ja wos sollen wir da tun? Keine Angst, es geht noch nicht aus, aber trotzdem sag ichs nun!“

STELL DIR VOR, ES GEHT DAS LICHT AUS ist ein Lied aus Franz Antels Verwechslungskomödie HALLO DIENSTMANN (1952) – einem der bekanntesten Filme des Duos Paul Hörbiger und Hans Moser. So wurde etwa die Szene, in der die beiden unter größten Anstrengungen einen Koffer über eine Stiege transportieren, legendär. Die verwitwete Schwester des von Hans Moser dargestellten Dienstmannes Anton Lischka spielte Annie Rosar. (Anton Lischka: „Sie haßt Rosa, is mei Schwester. Sie ist eine Witwe, oba net gern.“ vgl. Istvan zu Resi: „Bist eh nurs oide Schwesterl, was net pimpern derf!“) Im Film wird das erotisch-komische Lied STELL DIR VOR, ES GEHT DAS LICHT AUS von Paul Hörbiger und Maria Andergast gesungen. Bei Jelinek steht das Motiv der plötzlichen Finsternis nicht so sehr für eine vertrauliche und intime Atmosphäre, sondern ist vielmehr Ausdruck von Angst und Bedrohung.

„Schorsch: Der Schnitter messert. Helfen Sie einer daitschen Mutter bitte!“

ES IST EIN SCHNITTER, DER HEIßT TOD ist ein deutsches Volkslied aus dem 17. Jahrhundert, das sich in Achim von Arnims und Clemens Brentanos Liedsammlung DES KNABEN WUNDERHORN (1806) findet. Es ist Ausdruck des Vanitas-Gedankens – des Bewusstseins für die Vergänglichkeit des Menschen und die Scheinhaftigkeit alles Seins: „Es ist ein Schnitter, der heißt Tod, / Hat Gewalt vom höchsten Gott, / Heut wezt er das Messer, / Es schneidt schon viel besser, / Bald wird er drein schneiden, / Wir müssens nur leiden. / Hüte dich schöns Blümelein!“ Im Kontext, den Jelinek eröffnet, ist der todbringende „Schnitter“ jedoch keine unerreichbare Schicksalsmacht, sondern hat mit „Daitschlond“ einen konkreten Namen. 

„Alpenkönig: Ich bin die Nachgeborenen!“

Als „nachgeboren“ werden Menschen bezeichnet, die nach dem Tod ihres Vaters zur Welt gekommen sind oder viel später als ihre Geschwister geboren wurden. Die Aussage des Alpenkönigs spielt jedoch vor allem auf Bertolt Brechts Gedicht AN DIE NACHGEBORENEN aus dem Zyklus der SVENDBORGER GEDICHTE (1939) an. Brecht wendet sich in diesem Gedicht an zukünftige Generationen – mit der finalen Bitte: „Gedenkt unsrer / Mit Nachsicht“. Das Gedicht ist Ausdruck tiefen Schuldbewusstseins sowie der Verzweiflung über ein Leben „in finsteren Zeiten“. Ebendiese Haltung steht in klarem Kontrast zur Einstellung der zentralen Figuren in Jelineks Stück, die eben nicht Verantwortung übernehmen und sich nicht die Frage stellen, „was […] das für Zeiten [sind]“. 

„Käthe: Ewig stehen die Berge in eisiger Pracht! Vaterland, halt treu die Wacht! Das daitsche Publikum aller Stämme will auch juchzen! Nur eine einmalige künstlerische Begebenheit wie ich verhilft dazua. Österreichertum! Istvan haut ihr eine Leichte runter.“

Prägend in Jelineks BURGTHEATER sind Motive, die Kitsch- und Klischeebilder von Österreich aufgreifen und Heimatverbundenheit bzw. Patriotismus betonen. Käthes Rolle als öffentliche Repräsentantin des „Österreichertums“ führt zu Konflikten, da in der Zeit des Nationalsozialismus die Verbundenheit mit Österreich durch ein betontes Deutschtum ersetzt wird. Sowohl Istvan als auch Schorsch weisen Käthe wiederholt – auch mittels physischer Gewalt – darauf hin, dass der „Ernst der Stunde […] gebieterisch noch einem in Großdaitschlond ollgemein verständlichen Schriftdaitsch [verlangt]“. So ist es auch die sprachliche Anpassung, die zu einer Identitätskrise, zu geradezu schizophrenen Verwirrungszuständen führt. 

„Burgtheater. Posse mit Gesang“

Mit der Gattungsbezeichnung „Posse mit Gesang“ nimmt Jelinek auf die Tradition des Wiener Volkstheaters Bezug – besonders auf die Stücke von Johann Nestroy, die auf satirische Weise Zeitkritik üben. Auch Nestroy gebraucht in seinen Stücken einen Kunstdialekt und bringt musikalische Elemente wie Lieder, Couplets, Tänze etc. ein. Generell versteht man unter einer Posse ein derb-komisches Theaterstück, das mit Mitteln der Übertreibung arbeitet und zumeist ohne moralische Botschaft auskommt. Im Zentrum einer volkstümlichen Posse steht meist eine lokal verortbare Figur, die in grotesken Konfliktsituationen zum Lachen anregt, aber auch soziale Probleme ironisch thematisiert bzw. entlarvt. 

„Käthe: Mir hom glaubt, du seist neilich erscht liquidiert wurn.“

Paul Hörbiger (1894–1981) wurde am 22. Januar 1945 wegen einer Spende von 2000 RM für die österreichische Freiheitsbewegung inhaftiert und aufgrund des Vorwurfs des Hochverrats zum Tode verurteilt. Kurz vor Kriegsende folgte – gemeinsam mit anderen politischen Häftlingen – die Freilassung aus dem Wiener Landesgericht. Trotzdem ist zu betonen, dass Paul Hörbiger zu den meistverdienenden Schauspielern der NS-Zeit zählte. Von 1933 bis 1945 verkörperte er in ca. 60 Rollen vorwiegend unpolitische Charaktere. 1942 zum Staatsschauspieler ernannt, entwickelte er – anders als viele Künstler:innen seiner Zeit – ein Bewusstsein für den Missbrauch von Unterhaltungsfilmen durch das NS-Regime, die vor allem der Ablenkung bzw. Verharmlosung und der untergründigen Propaganda dienen sollten. In Jelineks BURGTHEATER betont Schorsch – wie auch Istvan –, „nur ein Komödiant“ zu sein, um sich von jeglicher politischen Verantwortung loszusagen.

„Istvan: I hab zwa herbe Rappen, mei Zeugerl steht am Grabn! I seh da rare Happen! I hab a rare Pappn!“ 

Jelinek verfremdet hier das FIAKERLIED von Gustav Pick (1832–1921), eines der bekanntesten Wienerlieder, das 1885 in der Rotunde des Praters von Alexander Girardi erstmals gesungen wurde. Das Lied erfuhr vielzählige Interpretationen und Adaptionen – u. a. von Paul Hörbiger, der zudem im Film FIAKERLIED (1936) in der Hauptrolle als Fiaker zu sehen war. In der Zeit des Nationalsozialismus war das FIAKERLIED aufgrund der jüdischen Herkunft von Gustav Pick verboten. Pick wurde im burgenländischen Rechnitz geboren – dem Ort, der aufgrund eines bis heute nicht restlos aufgeklärten Endphaseverbrechens Bekanntheit erlangte: Jelinek thematisierte die Ermordung von ca. 180 ungarisch-jüdischen Zwangsarbeitern in der Nacht vom 24. auf den 25. April 1945 in ihrem Theatertext RECHNITZ (DER WÜRGEENGEL).

„Schorsch: Da seicht der Österreicher hin vor Samojeden.“

Am Ende des ersten Teils von BURGTHEATER greift Jelinek die berühmte Österreich-Lobrede von Ottokar von Hornek aus Franz Grillparzers historischem Trauerspiel KÖNIG OTTOKARS GLÜCK UND ENDE auf, indem sie diese sprachlich verfremdet und so zu einem Abgesang macht. Positiv konnotierte Wörter werden durch Nazivokabular und Begriffe, die Gewalt, Zerstörung und Verkommenheit implizieren, ersetzt. „Da tritt der Österreicher hin vor Jeden“, ist der Vers, der dem obenstehend zitierten Satz zugrunde liegt. Das umgangssprachliche Verb „seichen“ kann sowohl „urinieren“ als auch „Unsinn reden bzw. schreiben“ bedeuten. Die „Samojeden“ wiederum sind indigene Völker des russischen Nordens, die uralische Sprachen sprechen. Außerdem gibt es nordische, mittelgroße Hunde, die „Samojeden“ genannt werden und u. a. als Wachhunde genutzt wurden. Das im Stück wiederholt verwendete Narrativ der „Fratze des Bolschewismus“, des „Russen“, der „alles in Schutt und Trümmer [legt]“ wird also auch an dieser Stelle aufgerufen. Zur Wiedereröffnung des Burgtheaters 1955 wurde – nach einer öffentlichen Debatte, welches Stück dafür gewählt werden soll – KÖNIG OTTOKARS GLÜCK UND ENDE gezeigt. In der Inszenierung von Adolf Rott waren u. a. Ewald Basler als König Ottokar, Attila Hörbiger als Rudolf von Habsburg und Raoul Aslan als Ottokar von Hornek zu sehen. 

Safira Robens, Annamária Láng, Tilman Tuppy, Caroline Peters
© Tommy Hetzel

„Schorsch: Geh gib a Ruah, heast! Er schlägt Käthe kurz und rasch zu Boden. Sie fällt um und bleibt liegen. […] Patscherl! Krischpindl! Tschapperl!“

Auf Schorschs physischen Übergriff gegen Käthe folgen abwertende, den Gewaltakt verharmlosende Bezeichnungen, die der österreichischen Umgangssprache entstammen. Während man unter einem „Krispindl“ eine schwache, meist sehr magere, zarte Person bezeichnet, beziehen sich die Ausdrücke „Patscherl“ und „Tschapperl“ weniger auf die physische Erscheinung eines Menschen, sondern eher auf Charaktereigenschaften wie Ungeschicktheit und Unbeholfenheit. Die Verwendung des Wortes „Tschapperl“ oder „Tschopperl“ impliziert eine Hierarchisierung bzw. Abwertung, handelt es sich doch um die herablassende Bezeichnung einer angeblich nicht ernst zu nehmenden, dummen und naiven Person. Bei Jelinek ist der Begriff Ausdruck der herrschenden Geschlechterhierarchie bzw. des Sexismus. Gängig ist die Verwendung des Begriffs „Tschapperl“ auch in Bezug auf hilflose kleine Kinder und schutzbedürftige oder behinderte Menschen, gegenüber denen überlegenes und verniedlichendes Bedauern vorherrscht.

„Istvan: I spü an Magnaten ausm Ungarlond. Oder Trenck, den Panduren!“

An dieser Stelle wird auf zwei Filme Bezug genommen: In ERNTE (DIE JULIKA) (1936) spielt Attila Hörbiger den Großgrundbesitzer Karl von Tamassy, der mit der aufopferungsvoll ihm ergebenen Kutscherstochter Julika, dargestellt von Paula Wessely, zusammenfindet. ERNTE war der erste gemeinsame Film von Paula Wessely und Attila Hörbiger. Aus dem Film stammt das von Paula Wessely gesungene Lied HÖRST DU’S KLINGEN, HÖRST DU’S SINGEN, das Jelinek in BURGTHEATER zitiert. TRENCK, DER PANDUR (1940) ist ein Historienfilm mit Hans Albers in der Titelrolle. Während man unter einem Magnaten entweder einen reichen Industriellen bzw. Gutsbesitzer oder einen hohen Adeligen aus Polen oder Ungarn versteht, so ist ein Pandur ein ungarischer Fußsoldat bzw. ein k. u. k. Soldat südslawischer Herkunft.

„Schorsch: Sprache und Volkheit!“

„Wir brauchen in unserer Sprache ein Wort, das, wie Kindheit sich zu Kind verhält, so das Verhältnis Volkheit zum Volke ausdrückt“. Dieser Gedanke von Goethe wird in der Zeit des Nationalsozialismus aufgegriffen und missbraucht, indem er mit einer rassistischen und nationalistischen Weltanschauung verknüpft wird. So findet sich etwa in einem 1944 veröffentlichten literaturwissenschaftlichen Werk des nationalsozialistisch gesinnten Germanisten Julius Petersen der Satz, wonach „das Land des Dichters seine Sprache [ist], und die Sprache Ausdruck seiner Volkheit [ist]“. Jelinek führt diesen Gedanken in BURGTHEATER beispielhaft ad absurdum, indem sie unterschiedliche Formen ideologischer Manipulation dekonstruiert und deren Sprache „zur Kenntlichkeit entstellt“. 

„Mitzi: Wiener Blut, Wiener Blut – was die Stadt alles hat in dir ruht!“

Hierbei handelt es sich um ein Zitat aus einem Duett der Operette WIENER BLUT (1899) von Johann Strauß (Sohn), nach einem Libretto von Victor Léon und Leo Stein. (An einer anderen Stelle im Stück äußert Istvan den Wunsch, in einem Film „den Strauß Schani vur seine greßten Erfolge“ zu spielen.) Im Kontext von Jelineks BURGTHEATER steht das „Wiener Blut“ nicht so sehr für Lebensfreude und erotische Leidenschaft, sondern lässt viel eher an körperliche Versehrtheit sowie an den nationalsozialistischen Rassismus und dessen Blut-und-Boden-Ideologie denken. Mitzi stimmt das Lied an, nachdem sie folgenden Plan den Burgtheaterzwerg und ihre Familie betreffend geäußert hat: „Der Zwerg wird auf Anfrage antworten, daß er bei uns im schitzenden Kölla huckte. Flugzeuge zuckten umher, doch er vergoß keinen Tropfen Zwergenblut.“

„Käthe: Gedüngte Hhherde. Lllleicheln unterm Baam. Marod... Krowot... Ttttorsch... Schschschood daß Ttttttortn! Tuatn. Henriette. Lavendel. Buxbaam. Morrrrdenrot! Junger Tutter! Hinreise. Au! Au! Auschschwww…“

Jelinek arbeitet an dieser dissonanten Stelle mit lautpoetischen Ausdrucksmitteln, wie man sie etwa aus Texten von Mitgliedern der Wiener Gruppe oder Ernst Jandl kennt. Hervorgerufen werden Assoziationen wie Tod und Gewalt, die mit dem als Wehlaut angedeuteten Wort „Auschwitz“ enden. Auffallend sind in diesem Kontext zwei Pflanzen, die genannt werden: Während dem Lavendel als Heilpflanze eine positive, beruhigende Bedeutung zugeschrieben wird, konnotiert man den Buchsbaum gemäß der katholischen Symbolik mit der Passion Christi, werden doch am Palmsonntag Kreuze mit gesegneten Buchsbaumzweige geschmückt. Vor diesem Hintergrund ist es zudem interessant, dass der Buchsbaum eine in repräsentativen Parkanlagen – etwa in den Gärten um Schloss Schönbrunn – gebräuchliche Zierpflanze ist. 

„Menschen, die ‚Wir schaffen die siebte Million‘ singen, werfen anderen Antisemitismus vor und besuchen Yad Vashem.“ (Itay Tiran in Milo Raus Bearbeitung von Elfriede Jelineks BURGTHEATER)

2018 wurde bekannt, dass sich in einem Liederbuch der Burschenschaft Germania Wiener Neustadt eine Version des Liedes ES LAGEN DIE ALTEN GERMANEN findet, die u. a. folgenden neonazistischen Satz enthält: „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.“ Mitglied und zwischenzeitlich stellvertretender Obmann der Burschenschaft war der niederösterreichische FPÖ-Politiker Udo Landbauer, der in Folge des Skandals zurücktrat. Nach Einstellung der Ermittlungen wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung kehrte Landbauer 2018 in die Politik zurück und ist seit 2021 stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ sowie seit 2023 Landeshauptfrau-Stellvertreter in Niederösterreich. Die Vernichtung der Liederbücher wurde von der Burschenschaft abgelehnt, woraufhin das Gericht das betreffende Lied aus den Büchern schneiden ließ. 2010 und 2016 besuchte Heinz-Christian Strache, damaliger Bundesparteiobmann der FPÖ, in Begleitung weiterer FPÖ-Politiker die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Sein Besuch 2010 sorgte für besonderes Aufsehen, da Strache bei der Besichtigung der Gedenkstätte eine Burschenschafter-Kappe trug.  

Eine Zeitlang bleibt die Bühne leer, dann tritt, verstohlen und gehetzt, verängstigte Blicke um sich werfend, Therese auf. Sie schleift das Burgtheaterzwergerl hinter sich her. Der Zwerg bibbert, fürchtet sich.

„Ich hab […] eine Groteske geschrieben und hab die Millionen aus rassischen oder politischen Gründen Vernichteten durch einen Zwerg repräsentieren lassen, also verkleinert statt vergrößert“, so Elfriede Jelinek in einem Interview mit Kurt Palm aus dem Jahr 1985. Die Rolle des Burgtheaterzwergs erfährt im Verlauf des Stücks eine radikale Wandlung: Das ehemalige Opfer von Unterdrückung und Verfolgung gewinnt Macht und Selbstbewusstsein, da es seinem Umfeld zur moralischen Rehabilitierung verhelfen kann. Der Burgtheaterzwerg zeigt das schlaue und listige Wesen, wodurch sich Zwerge in Märchen und Sagen oftmals auszeichnen. Im Rollenverzeichnis des Stücks wünschte sich Jelinek den kleinwüchsigen Schauspieler Fritz Hakl (1932–2021) in der Rolle des Burgtheaterzwergs. Hakl war von 1966 bis 1994 Ensemblemitglied des Burgtheaters. In Otto M. Zykans und Franz Novotnys skandalöser Fernsehproduktion STAATSOPERETTE (1977) über den Austrofaschismus war Hakl als Engelbert Dollfuß zu sehen. 

DIGITALES PROGRAMMHEFT

Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung

NÄCHSTER RAUM

Image

Digitales Programmheft zu Burgtheater

Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung

PROLOG

von Claus Philipp

Eine Koproduktion mit den Wiener Festwochen

„Wenn man’s in Wien aufführt, wird’s sicher der größte Theaterskandal der Zweiten Republik!“ Als Elfriede Jelinek 1981 ihr damals jüngstes Stück, eine „böse Posse mit Gesang“, ankündigte, da ahnte nicht einmal sie, dass BURGTHEATER auch ohne die eigentlich geplante Premiere im Burgtheater ihren Ruf als „Nestbeschmutzerin“ begründen sollte. Eine berühmte Schauspielerfamilie, Geraunze und Geraune in mörderischer Kunstsprache: Für den Schweizer Regisseur und Wiener Festwochen-Intendanten Milo Rau, dem Jelinek nun exklusiv die Rechte für eine späte Burgtheater-Premiere einräumte, werden dies nur einige der Ausgangspunkte für ein größeres szenisches Panoptikum sein: Öffentlichkeit und Anpassung, Geschichte (der BURG, des Theaters und Europas), Faschismus und Verdrängung.

BURGTHEATER
nach Elfriede Jelinek
In einer Bearbeitung von Milo Rau und Ensemble

MIT

Mavie Hörbiger

Annamária Láng

Birgit Minichmayr 

Caroline Peters

Safira Robens

Itay Tiran

Tilman Tuppy

UND

Maja Karolina Franke

Alla Kiperman

Willfried Kovárnik

 

KOMPARSERIE

Thomas Bäuml, Stephanie Gabriele Eipeltauer, Marlies Magdalena Nageler, Ortrun Obermann-Slupetzky, Agnieszka Salamon, Franz Schöffthaler

KINDER DER KOMPARSERIE

Clara Lackner-Zinner, Dora Staudinger

LIVE-KAMERA

Eduardo Triviño Cely, Andrea Gabriel, Mariano Margarit

 

REGIE

Milo Rau

BÜHNE 

Anton Lukas

KOSTÜME

Cedric Mpaka

MUSIK

Elia Rediger

VIDEO

Moritz von Dungern

LICHT

Reinhard Traub

DRAMATURGIE

Claus Philipp, Markus Edelmann
 

REGIEASSISTENZ Nastasia Griese, Claus Nicolai Six PRODUKTIONSBETREUUNG BÜHNE Claudia Vallant KOSTÜMASSISTENZ Marie Therese Fritz, Lino Pflug REGIEHOSPITANZ Merle Proll BÜHNENBILDHOSPITANZ August Eckmann KOSTÜMHOSPITANZ Jannik Haller REGIEVOLONTARIAT Valerian Zimmermann LEITUNG KOMPARSERIE Thelma Rán Guðbjargardóttir KINDERBETREUUNG Marlene Glösmann INSPIZIENZ Dagmar Zach SOUFFLAGE Barbara Emilia Dauer GRUPPENMEISTER Thomas Graf SCHNÜRBODEN Hermann Skorpis BELEUCHTUNG Rainer Hösel TONTECHNIK Barbara Huber, Ludwig Klossek VIDEOTECHNIK Victoria Aichhorn, Florian Dolzer REQUISITE Christoph Putz, Michael Schätz ABENDGARDEROBE Christian Kukla, Elisa Katharina Lehner, Lena Elisabeth Meyer, Gabriele Moser ABENDMASKE Denice Laube, Antonia Peix, Alexandra Polzhofer, Helena Stiegler

TECHNISCHE LEITUNG BURGTHEATER Johann Krainz BÜHNENINSPEKTOR Peter Wiesinger BÜHNENKONSTRUKTION Hubert Kalina, Ulrike Müller (Karenz), Florian Persché GESAMT­LEITUNG BELEUCHTUNG Michael Hofer STELLVERTRETENDE LEITUNG BELEUCHTUNG BURGTHEATER Rainer Hösel, Gerhard Mühlhauser, Roman Sobotka GESAMTLEITUNG  REQUISITE Christian Schober LEITUNG MUSIKABTEILUNG Alexander Nefzger GESAMTLEITUNG TONABTEILUNG & MULTIMEDIA David Müllner LEITUNG TON BURGTHEATER Christian Strnad LEITUNG MULTIMEDIA Andreas Rathammer GESAMTLEITUNG KOSTÜM & GARDEROBE Werner Fritz LEITUNG GARDEROBE Christian Raschbach INTERIMISTISCHE LEITUNG MASKE Helmut Lackner INTERIMISTISCHE STELLVERTRETENDE LEITUNG MASKE Brigitte Hörbiger DEKORATIONS-/KOSTÜMHERSTELLUNG ART for ART Theaterservice GmbH LEITUNG KOSTÜMWERKSTATT Stephanie Freyschlag, Barbara Pfeiler PROJEKTLEITUNG KOSTÜME Gerda Taberhofer LEITUNG DEKORATIONSWERKSTÄTTEN Hendrik Nagel PROJEKTLEITUNG BÜHNE Sophie Köhler

Dieses Programmheft ist der Auftakt für eine Reihe digitaler Programmhefte, die ab der Spielzeit 2025/26 für ausgewählte Stücke angeboten werden. Feedback, Anregungen & Wünsche schreiben Sie gerne an: online@burgtheater.at

Weitere Texte von Elfriede Jelinek finden Sie auf www.elfriedejelinek.com

Die Wochenzeitung Die Furche hat für dieses Programmheft die Kolumne, in der sich Elisabeth Orth, die älteste Tochter von Paula Wessely und Attila Hörbiger, in die Debatte um BURGTHEATER einbringt, kostenlos zur Nachlese zu Verfügung gestellt: https://www.furche.at/meinung/liebe-eltern-6976381 

Redaktion: Anne Aschenbrenner, Markus Edelmann & Claus Philipp
Mitarbeit: Cedric Baumann

Am 05. Juni sprechen wir bei unserem Online-Format WERK IM FOKUS auf Zoom mit dem Dramaturgen Claus Philipp und Gästen über BURGTHEATER. Die Teilnahme ist kostenlos, der Einladungslink wird über unseren Newsletter versendet. 

Vielleicht entsteht aus diesem Sturm der Entrüstung und Schadenfreude, der Denunziationslust und der Ahnungslosigkeit unserem Beruf gegenüber durch dieses Stück eine klärende Diskussion, die dem momentanen Zustand dieses Landes gut anstünde.
Elisabeth Orth in: Die Furche am 22. November 1985

Die KANTINE

Image
Ein Überblick zu Stück & Skandal und Elfriede Jelinek & Milo Rau im Gespräch

Die SCHREIBSTUBE

Image
Kontexte & Subtexte: Elfriede Jelineks Schreib- und Denkweise

DIE BONNER KULISSE

Image
Über die Bonner Uraufführung von BURGTHEATER und Elfriede Jelineks Verständnis von Komik

Das Intendantenbüro

Image
Ein historischer Blick auf das Burgtheater und seine Verantwortung – mit Elfriede Jelineks Beobachtungen

Die Portraitgalerie

Image
Elfriede Jelinek über den Propagandafilm HEIMKEHR

Die Garderobe

Image
Wie spielt man BURGTHEATER?

EPILOG

von Elfriede Jelinek und Karl Kraus

PROLOG

von Claus Philipp

„Stell Dir vor, es geht das Licht aus“

Was heißt hier Klassiker? Endlich ist Elfriede Jelineks BURGTHEATER im Burgtheater angekommen.

 

„Was machen Sie denn dieser Tage?“ „BURGTHEATER.“ „Ja, aber welches Stück?“ – Mit Missverständnissen dieser Art war man in den letzten Monaten als Teammitglied von Milo Raus Adaption von bzw. nach Elfriede Jelineks „Posse mit Gesang“ BURGTHEATER häufig konfrontiert. Teilweise lag es an der ungeheuren Verspätung von 40 Jahren, mit der dieser Text nun endlich in Wien zur Aufführung kommt. Teilweise wohl auch daran, dass das „Skandalstück“, für das Jelinek Mitte der 1980er als „Nestbeschmutzerin“ abgestraft und angefeindet wurde, schon damals nicht wirklich gelesen worden war. Wesentlich war für die tobenden Medien, die links und rechts und aus der boulevardesken Mitte das Forum für den „größten Theaterskandal der 2. Republik“ boten, lediglich: Jelinek hatte die Schauspieler:innen Paula Wessely sowie Attila und Paul Hörbiger für deren Beteiligung an NS-Propaganda-Machwerken kritisiert. Mehr noch: Sie hatte Publikumslieblinge als Mittäter:innen und Schießbudenfiguren wie in einem dämonischen Kasperltheater bloßgestellt.

Aus heutiger Perspektive ist klarer erkennbar, dass die damalige Empörung sich keinesfalls nur aus divergierenden Sichtweisen zu braunen Flecken in österreichischen weißen Westen speiste. Es ging ganz konkret um einen veritablen Kampf zwischen Hoch- und Pop-(wenn man so will: Punk-)Kultur. Als „für Österreich beschämendes Machwerk“ war 1977 schon die von Franz Novotny und Otto M. Zykan für den ORF inszenierte Staatsoperette, eine wilde Verhöhnung idyllischer Austriazismen, bigotter katholischer Frömmelei und unverdrossener NS-Verharmlosung gegeißelt worden. Der Filmemacher Ernst Schmidt Jr. hatte in seinem Trashfilm DIE TOTALE FAMILIE Heimito von Doderers MEROWINGER 1981 recht drastisch durchs „Wiener Blut“ gezogen. Und DIE AUSGESPERRTEN (1983), eine heute legendäre Kollaboration von Franz Novotny und Elfriede Jelinek nahm geradezu prophetisch die Analyse vorweg, dass das Schweigen der Täter möglicherweise ein Vakuum erzeugt, in dem die Nachfolgegenerationen bizarr gewalttätige Formen der Selbstvergewisserung pflegen.

BURGTHEATER war da gewissermaßen nur ein Tropfen Öl in die bereits explosiv aufgeheizte öffentliche Stimmung, in der Bildungsbürger zwar unverdrossen weiter behaupteten, dass die Burg-Bretter die Welt bedeuteten, eine jüngere verdrossene Generation aber trotzdem lieber dem Aktionismus und den Sprachverdrehungen der Wiener Gruppe frönte. Mochte Paul Hörbiger im Samstagnachmittags-Fernsehen bei Ausstrahlungen von Franz Antels HALLO DIENSTMANN immer noch wiederholt STELL DIR VOR, ES GEHT DAS LICHT AUS singen: BURGTHEATER, das war gewissermaßen die Starkstromgitarre, wegen der der soziale und politische Sicherungskasten durch die Decke flog. Und es ward finster! Für manche war es noch einmal „gut gegangen, nix ist geschehen“, wie man hierzulande sagt, aber weitere gesellschaftliche Beben wie später die Waldheim-Affäre waren absehbar.

Die Tatsache, dass Elfriede Jelineks „Posse“ bis heute nicht zum kultiviert abzufedernden Klassiker taugt, kommt dem Schweizer Theater- und Filmemacher Milo Rau sehr entgegen: Nachdem er und das Ensemble in einer „Urlesung“ von BURGTHEATER der sprachlichen Meisterschaft Jelineks Rechnung trugen, bettet seine Inszenierung, nach Jelinek, den Text in einen Kontext ein, in dem BURGTHEATER wirklich zum Burgtheater und zum Theater als Welt-Abbild wird. Auf der immerfort sich weiterdrehenden Szene folgen Kantine auf Garderobe auf Star-Galerie auf Bühne. Und irgendwo hat sich vielleicht Elfriede Jelinek versteckt, immer abwesend und gleichzeitig abrufbar. Es wird beispielsweise auch ihr zweiter dramatischer Text zu Paula Wessely, ERLKÖNIGIN, zitiert. Wenn Milo Rau in seinem zweiten Jahr als Intendant der Wiener Festwochen die Institution Burgtheater als repräsentative Staatsbühne in größeren innenpolitischen und historischen Verwerfungen verortet, dann tut er dies weniger im Dienste der Institution denn als Experimentator, der Lesarten und Instrumentalisierungen von Kunst, Kultur, Theater aufeinanderprallen lässt und das Leitbild BURG dabei als Reibefläche und Echoraum nutzt.

Das hier angemessen ausführlich präsentierte digitale Programm versucht, dem auf verschiedensten Ebenen Rechnung zu tragen, quer durch alle Schauplätze des Stücks: Ein Gespräch zwischen Jelinek und Rau steht da neben einem Essay zu gegenwärtiger Suche nach Burg-Leitbildern von Klaus Dermutz. Markus Edelmanns Alphabet JELINEK LESEN LERNEN kommuniziert mit Essays der Nobelpreisträgerin, in denen sie sich mit Sprache, Schauspiel, Komik und natürlich mit dem Burgtheater auseinandersetzt. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf Jelineks Websites www.elfriedejelinek.com und original.elfriedejelinek.com: In großzügigster Reichhaltigkeit sind hier Essays und Notate und Stücke versammelt – darunter übrigens auch EIN ÜBERTRITT, ein „Gedicht“, aktuell verfasst zur Beendigung des 2. Weltkriegs vor 80 Jahren. Höchste Empfehlung!

DIGITALES PROGRAMMHEFT

Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung

NÄCHSTER RAUM

Image

EPILOG

Elfriede Jelinek: DAS WÄRE JA GELACHT! (2024)

Elfriede Jelinek
© Tommy Hetzel

Ich bekomme hier eine Ehrung, für die ich mich herzlich bedanken möchte.

Mit leerem Kopf starre ich derweil auf die Katastrophen der Welt. Wie soll ich da mit einer Schärpe herumwandeln, die sich um meinen Körper biegt, als könnte sie ihn zusammenhalten, wie man „seine sieben Zwetschgen zusammenhält“, was das Kind öfter gehört hat, wenn es den Turnsack vergessen hat. Es ist überhaupt schwer, Menschen zusammenzuhalten, ohne sie als Masse zu sehen. Und oft sind es fröhliche Massen, die, zum Beispiel bei Sportereignissen, zusammenkommen; da mußte ich doch gleich ein eigenes Stück drüber schreiben, ein Sportstück, der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien hat mit einem Fußballmatch begonnen, an dem sich der Haß entzündet hat, ein Feuer, aber kein bengalisches. Und auch auf österreichischen Plätzen steppt der Bär und trampelt vieles nieder. Tanzen ist nicht so die Spezialität der Zuschauer, aus denen buntes Flackern und Wabern schlagen, ob sie sich nun freuen oder ärgern. Anschließend werden sie in einem Kessel eingeschlossen, aber nicht gekocht. Sie wollten nicht indigene Völker missionieren, sondern nur das Ihre als das einzig Wahre und Gültige feiern oder anspornen, falls ihnen noch immer zu wenig gefeiert wurde.

Ich höre und sehe das lustige Geschrei Halbwüchsiger, die eine israelische Flagge von der Mauer des Jüdischen Stadttempels reißen und höre das hysterische Kreischen (im Maschinengewehr-Staccato) einer jungen Frau, die sie dabei anfeuert, als ginge es direkt zu einem lokalen Derby. Es geht mir nicht aus dem Kopf. Die Frau kann sich vor Lachen kaum halten. Es ist schon länger so weit, daß auch Sport einem Angst machen kann, daß ostentative Sorglosigkeit einem die größte Sorge macht.

Es ist eben diese Leichtherzigkeit (ich weiß halt kein andres Wort, das es besser treffen würde), die auch zum unmenschlichsten Vorgehen gehört, eine riesige emotionale Glocke, die über allem liegt und alles zu bösartiger Harmlosigkeit und wütender Unschuldigkeit zusammenfaßt, wie die Simpsons, die sich plötzlich, wegen Umweltverbrechen, ausgelöst von einem Schwein, mit allen ihren Mitbewohnern unter einer riesigen gläsernen Käseglocke wiederfinden, die ein andrer berühmter Österreicher, Herr Schwarzenegger, über sie alle gestülpt hat. Daß das hat passieren können, hat sie denn doch ein wenig erstaunt und sie, die Simpsons, bedroht von einem wütenden Lynchmob, von ihrem Springfield bis nach Alaska getrieben.

Wir geraten oft in die größte Verlassenheit, je größer die Menge um uns herum wird, um etwas zu feiern, das alles sein kann, wenn auch nicht immer Grund zur Freude. Diese Verlassenheit fühlt sich geborgen in diesem Gemeinschaftsgefühl, das Schnelligkeit, Gesundheit, Fitneß, auch Dazugehörigkeit zu einer Mannschaft, der „Heimmannschaft“ signalisiert. Und wer die Bösen sind, das wissen wir auch. Jeder berechnet, allerdings nicht immer richtig, den Sieg der Eigenen, der Unsrigen, es muß einfach sein, daß sie gewinnen! Die Organisation dieser Ereignisse faßt die Menschen zusammen, die Aktiven wie die Zuschauer, und was nicht berechnet werden kann, ist nur das, was wir noch nicht unter unsere Herrschaft gebracht haben, noch nicht „bewältigt“ haben, das wir aber auch noch in den Griff kriegen werden, das wäre ja gelacht! Es wird gelacht. Die junge Frau zum Beispiel, die, vor mehr als 80 Jahren, Hitler, das Original, sprechen hört, lacht vor Freude in ihr Tagebuch, daß sie es von so weit oben, wo sie hinaufgekraxelt ist, auf eine Litfaßsäule, sie ist ja sportlich!, beobachten kann, über alle andren Körper hinweg. Sie ist nicht außerhalb, sie ist innerhalb, und sie ist vor allem: oben, während von noch höher oben das Schicksal des deutschen Volkes und die Vorsehung, daß es siegen wird (wer hätte auch vorhersehen können, daß am Schluß eben nicht gesiegt wird, nur über Millionen von Toten), aus- und aufgerufen wird. Und auch die Opfer werden wir uns noch einmal vornehmen, weil es beim ersten Mal so schön war! Doppelt hält besser. Es war doch gar nicht so schlimm. Andre haben mehr gelitten!

Die Mannschaften laufen schon aufs Feld. Es werden sicher wieder Orden verliehen werden, wenn es vorbei ist und zwischendurch auch. Alles soll belohnt werden, was man danach nicht mehr so genau gewußt haben wird. Wo ist unsre Leistung? Was können wir uns noch leisten?

Anlässlich der Überreichung des Großen Goldenen Ehrenzeichens am Bande für Verdienste um die Republik Österreich durch den Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen am 16.5.2024

Karl Kraus: DER PUNKT

© Katarina Soskic

Ich habe den Schlußpunkt der Burgtheaterherrlichkeit entdeckt. Den toten Punkt, über den kein Burgtheaterdirektor hinauskommt. Nichts hilft, dieser Punkt trägt an allem Schuld. Man glaubt natürlich, daß ich den „Dunklen Punkt“ meine, der jetzt im Burgtheater gespielt wird. Aber die schlechte Literatur hat das Burgtheater nicht heruntergebracht; das behaupten nur jene theaterfremden Kritiker, denen es nicht gelungen ist, ihre eigene schlechte Literatur dem Burgtheater anzuhängen. Was ich nun meine, wird man erst verstehen, wenn man sich vor die Front des Burgtheaters stellt und dort hinaufschaut, wo Apollo, bekanntlich einer der beliebtesten Götter Wiens, seinen Wohnsitz hat. Zu seinen Füßen wird man in mannshohen Lettern die Aufschrift finden:

K. K. HOFBURGTHEATER.

Punkt! Darüber komme ich nicht weg. Diesem Punkt gebe ich die Schuld, daß die künstlerische Entwicklung ins Stocken geraten ist. Aber, seien wir gerecht, er hat dafür auch schon manches Unheil verhütet. Denn wie leicht hätte es geschehen können, daß ein Wiener, der ja so lange auf ein Dach schaut, bis sich andere Wiener ansammeln und auch aufs Dach schauen, wie leicht hätte es also geschehen können, daß dieser Wiener und alle, die in gutem Glauben seinem Beispiele folgen, weiterlesen, nachdem sie mit der Aufschrift:

K. K. HOFBURGTHEATER

fertig geworden sind. Man male sich nur die Folgen aus. Die Wiener lesen weiter nach rechts, immer weiter, bis dorthin, wo der Volksgarten beginnt, und wenn nicht ein zufällig des Weges kommender Wachmann Halt ruft, kann es geschehen, daß sie von einem zufällig des Weges kommenden Einspänner überfahren werden. Da nun der Erbauer des Burgtheaters, der Baron Hasenauer, die Gefahren des Verkehrs erkannte und die Gelegenheiten der Warnung nicht überschätzte, so entschloß er sich, allen Eventualitäten vorzubauen und die Wiener durch einen nicht zu übersehenden Punkt vor den Folgen des unvorsichtigen Weiterlesens zu bewahren. Durch Wochen stemmten ein Dutzend Arbeiter an dem Stein und stanzten einen Punkt, so groß wie der Kopf eines erwachsenen Wieners. Man wäre nun versucht, in dieser Mühe ein Sinnbild des dekorativen Kretinismus zu erblicken, der um eines Schnörkels willen gegen alle Ökonomie wütet. Aber man würde damit den sozialhygienischen Wert dieses besonderen Punktes verkennen. Denn es ist erwiesen, daß sich in den zwanzig Jahren, die das neue

K. K. HOFBURGTHEATER.

steht, kein nennenswerter Unfall ereignet hat. Auf dem Franzensring sammeln sich die Leute, sie lesen die Aufschrift mit Interesse, aber sie wissen, wo sie aufzuhören haben, und gehen wieder ihrer Wege. Neugierige fühlen ein kräftiges „Zaruck!“, und die anderen bescheiden sich. Nur auf manche Passanten übt gerade wieder der Punkt eine besondere Anziehungskraft aus. Zum Beispiel auf die Burgtheaterdirektoren. Sie, die weiterlesen sollten, starren fasziniert auf den Punkt. Sie glauben, er sei eine Fügung des Obersthofmeisteramtes, und kommen nicht weiter. Sie laufen die Buchstabenreihe zwischen dem K. K. und dem dramatischen R auf und ab und finden keinen Ausweg. Ich glaube, es wäre ihr ewig Weh und Ach aus einem Punkte zu kurieren. Und es wird einmal eine Sage sein, daß ein Fluch auf dem Hause gelastet hat, an dem nicht die Akustik, sondern die Interpunktion schuld war. Man befreie die Kunst und sorge für die Sicherheit des Publikums durch Vermehrung der Wache!

DIGITALES PROGRAMMHEFT
Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung

Die Garderobe

Wie spielt man BURGTHEATER?

© Tommy Hetzel

„Die Schauspieler haben die Tendenz, falsch zu sein, während ihre Zuschauer echt sind. Wir Zuseher sind nämlich nötig, die Schauspieler nicht. Daher können die Leute auf der Bühne vage bleiben, unscharf. Accessoires des Lebens, ohne die wir wieder hinausgingen, die Handtaschen in die schlaffen Armbeugen geklebt. Die Darsteller sind unnötig wie diese Tascheln, enthalten, gleich schmutzigen Taschentüchern, Bonbondosen, Zigarettenschachteln, die Dichtung! die in sie abgefüllt wurde. Verschwommene Gespenster!“ – Elfriede Jelinek in ihrem programmatischen Text ICH MÖCHTE SEICHT SEIN.

Elfriede Jelinek: ICH MÖCHTE SEICHT SEIN (1983)

Ich will nicht spielen und auch nicht anderen dabei zuschauen. Ich will auch nicht andere dazu bringen zu spielen. Leute sollen nicht etwas sagen und so tun, als ob sie lebten. Ich möchte nicht sehen, wie sich in Schauspielergesichtern eine falsche Einheit spiegelt: die des Lebens. Ich will nicht das Kräftespiel dieses „gut gefetteten Muskels“ (Roland Barthes) aus Sprache und Bewegung – den sogenannten „Ausdruck“ eines gelernten Schauspielers sehen. Bewegung und Stimme möchte ich nicht zusammenpassen lassen. Beim Theater Heute wird etwas enthüllt, wie, sieht man nicht, denn es werden im Hintergrund die Bühnenfäden dafür gezogen. Die Maschine also ist verborgen, der Schauspieler wird mit Geräten umbaut, angestrahlt und geht umher. Spricht. Der Schauspieler ahmt sinnlos den Menschen nach, er differenziert im Ausdruck und zerrt eine andere Person dabei aus seinem Mund hervor, die ein Schicksal hat, welches ausgebreitet wird. Ich will keine fremden Leute vor den Zuschauern zum Leben erwecken. Ich weiß auch nicht, aber ich will keinen sakralen Geschmack von göttlichem zum Leben Erwecken auf der Bühne haben. Ich will kein Theater. Vielleicht will ich einmal nur Tätigkeiten ausstellen, die man ausüben kann, um etwas darzustellen, aber ohne höheren Sinn. Die Schauspieler sollen sagen, was sonst kein Mensch sagt, denn es ist ja nicht Leben. Sie sollen Arbeit zeigen. Sie sollen sagen, was los ist, aber niemals soll von ihnen behauptet werden können, in ihnen gehe etwas ganz anderes vor, das man indirekt von ihrem Gesicht und ihrem Körper ablesen könne. Zivilisten sollen etwas auf einer Bühne sprechen!

Vielleicht eine Modeschau, bei der die Frauen in ihren Kleidern Sätze sprechen. Ich möchte seicht sein!

Modeschau deswegen, weil man die Kleider auch allein vorschicken könnte. Weg mit den Menschen, die eine systematische Beziehung zu einer ersonnenen Figur herstellen könnten! Wie die Kleidung, hören Sie, die besitzt ja auch keine eigene Form, sie muß um den Menschen gegossen werden, der ihre Form IST. Schlaff und vernachlässigt hängen die Hüllen, doch dann fährt einer in sie, der spricht wie mein Lieblings Heiliger, den es nur gibt, weils auch mich gibt: Ich und der, der ich sein soll, wir werden nicht mehr auftreten.

Weder einzeln noch gemeinsam. Sehen Sie mich genau an! Sie werden mich nie wieder sehen! Bedauern Sie es! Bedauern Sie es jetzt. Heilig heilig heilig. Wer kann schon sagen, welche Figuren im Theater ein Sprechen vollziehen sollen? Ich lasse beliebig viele gegeneinander antreten, aber wer ist wer? Ich kenne diese Leute ja nicht! Jeder kann ein anderer sein und von einem Dritten dargestellt werden, der mit einem Vierten identisch ist, ohne daß es jemandem auffiele. Sagt ein Mann. Sagt die Frau. Kommt ein Pferd zum Zahnarzt und erzählt einen Witz. Ich will Sie nicht kennenlernen. Auf Wiedersehn.

Die Schauspieler haben die Tendenz, falsch zu sein, während ihre Zuschauer echt sind. Wir Zuseher sind nämlich nötig. Die Schauspieler nicht. Daher können die Leute auf der Bühne vage bleiben, unscharf. Accessoires des Lebens, ohne die wir wieder hinausgingen, die Handtaschen in die schlaffen Armbeugen geklebt. Die Darsteller sind unnötig wie diese Tascheln, enthalten, gleich schmutzigen Taschentüchern, Bonbondosen, Zigarettenschachteln, die Dichtung! die in sie abgefüllt wurde. Verschwommene Gespenster! Produkte ohne Sinn, ist ihr Sinn doch das „Produkt einer überwachten Freiheit“ (Barthes). Für jeden Spielzug auf der Bühne gibt es eine so und so große Freiheitsmenge, von der sich der Schauspieler bedienen darf. Die Lacke Freiheit ist da, und der Schauspieler, nehmen Sie sich bitte!, holt sich seinen Saft, sein Kammer-Wasser, seine Sekrete. Daran ist nichts Geheimes. Er klebt seinen Rotz daneben. Aber was und wieviel er sich auch nimmt von seinem Teil an Gesten, Herumstolzieren, Plappern muß imitiert werden können, denn er und andre wie er müssen es genauso nachmachen können. Wie Modebekleidung: Jedes Teil ist gleichzeitig definiert, aber nicht zu eng umgrenzt in dem, wozu es dienen soll. Der Pullover, das Kleid, auch sie haben ihre Spielräume und Armlöcher. Ja. Und was eben unbedingt nötig ist: wir! Wir haben nicht die Freiheit, falsch zu sein. Die auf der Bühne aber schon, denn sie sind Ornamente unsres Lebens, beweglich, abnehmbar von der Hand Gottes, des Regisseurs. Und dann reißt er einen ganzen Kragen Mensch herunter und leimt uns mit einem andren, der ihm besser gefällt. Oder das Sackkleid Mensch wird einfach kürzer gemacht, indem er den Saum neu absteckt, dieser Filialleiter von einer Spielzeugladenkette. Belästigen Sie uns nicht mit Ihrer Substanz! Oder womit immer Sie Substanz vorzutäuschen versuchen, wie Hunde, die sich mit aufgeregtem Getön umkreisen. Wer ist der Chef? Maßen Sie sich nichts an! Verschwinden Sie! Theater hat den Sinn, ohne Inhalt zu sein, aber die Macht der Spielleiter vorzuführen, die die Maschine in Gang halten. Nur mit seiner Bedeutung kann der Regisseur die leeren Einkaufstüten zum Leuchten bringen, diese schlappen undichten Sackeln mit mehr oder weniger Dichtung drin. Und plötzlich bedeutet das Bedeutungslose was! Wenn der Herr Regisseur in die Ewigkeit hineingreift und etwas Zappelndes herausholt. Dann ermordet er alles, was war, und seine Inszenierung, die doch ihrerseits auf Wiederholung gegründet ist, wird zum Einzigen, das sein kann. Er verleugnet das Vergangene und zensiert gleichzeitig (Mode!) das Zukünftige, das sich nun für die nächsten Saisonen nach ihm zu richten haben wird. Das Zukünftige wird gezähmt, das Neue geregelt, bevor es noch eingetreten ist. Dann vergeht ein Jahr, und die Zeitungen schreien wieder vor Freude über ein Neues, Unberechenbares, das das Alte ablöst. Und das Theater beginnt wieder von vorn, die Vergangenheit kann von der Gegenwart abgelöst, erlöst werden, die sich aber, in ewigem Vergleich, über die Vergangenheit neigen muß. Dafür gibt es die Theater Zeitschrift. Man muß alles gesehen haben, um überhaupt etwas sehen zu können.

Käthe: Mir wirds gar wunderlich ums Herz. Der Feldstein! Hier, sehen wir ihn uns an! Gewachsen ist er aus Millionen Herzen von uns allen. Laßt mich flugs das Nötigste gestalten. Wenns ihr mich nicht gestalten laßts, werde ich sufurt wieder bewußtlos. Ich habe diesen scheensten oller Berufe erlernt. Itzo tue ich jeden zerschmettern, der mich an meiner Berufsausiebung behindern tut. Loßts mich Menschenbildner sein! Wos? Es loßts mich nicht? Nun, so schwinden mir eben erneut die Sinne. Sie wird bewußtlos.
Aus: BURGTHEATER von Elfriede Jelinek

Doch nun zu unsren Mitarbeitern: Wie entfernen wir diese Schmutzflecken Schauspieler aus dem Theater, daß sie sich nicht mehr aus ihrer Frischhaltepackung über uns ergießen und uns erschüttern, ich meine überschütten können? Denn diese Leute sinds doch, die sich verkleiden und mit Attributen behängen, die sich ein Doppelleben anmaßen. Diese Personen lassen sich vervielfältigen, ohne daß sie ein Risiko eingingen, denn sie gehen nicht verloren. Ja, sie spielen nicht einmal mit ihrem Sein herum! Sie sind ja immer dasselbe, nie brechen sie durch den Boden oder erheben sich in die Luft. Sie bleiben belanglos. Schließen wir sie als Inventar aus unsrem Leben einfach aus! Klopfen wir sie platt zu Zelluloid! Wir machen vielleicht einen Film aus ihnen, von wo uns ihr Schweiß, Symbol einer Arbeit, der sie im Luxus ihrer Persönlichkeiten zu entkommen trachteten, nicht mehr anwehen kann. Aber ein Film als Theater, nicht ein Film als Film! Einfach draufhalten und abdrücken! Wie es liegt, so pickt es. Nichts kann mehr geändert werden und unterläuft damit die ewige Wiederholung des Nie Ganz Gleichen. Sie werden einfach aus unserem Leben verbannt und auf Lochstreifen gestanzt, die wacklige Melodien winseln. Fallen aus unserer Körperbetrachtung und werden zur Fläche, die vor uns abläuft. Werden unmöglich und müssen deshalb auch gar nicht erst verboten werden, denn sie sind nicht und nichts mehr. Oder auch: es werden bei jeder Vorstellung alle komplett ausgewechselt und machen jedes Mal etwas ganz Neues. Sie haben einen Vorrat an möglichen Spielzügen, aber nichts wird, ähnlich unserer Kleidung, ganz genauso wiederholt wie es war. Nur die Zeit bedroht uns alle mit dem Vergehn! Theater darf es nicht mehr geben. Entweder das Immergleiche wird immer gleich wiederholt (Filmabnahme einer geheimen Aufführung, die von uns Menschen nur mehr in ihrer EINZIGEN EWIGEN Wiederholung gesehen werden darf), oder keine zweimal dasselbe! Immer etwas ganz andres! Sowieso dauert nichts ewig, im Theater können wir uns drauf vorbereiten, in die Zeitlichkeit einzugehen. Die Bühnenmenschen treten nicht auf, weil sie etwas sind, sondern weil das Nebensächliche an ihnen zu ihrer eigentlichen Identität wird. Ihr Herumfuchteln, ihre plumpen, verwaschenen Aussagen, von Uneinsichtigen in ihre Mäuler gestopft, ihre Lügen, nur daran kann man sie voneinander unterscheiden. Ja, sie treten an die Stelle der Personen, die sie darstellen sollen und werden zum Ornament, zu Darstellern von Darstellern, in endloser Kette, und das Ornament wird auf der Bühne das Eigentliche. Und das Eigentliche wird, Platz! Zurück!, zur Zierde, zum Effekt. Ohne sich um die Wirklichkeit zu kümmern, wird der Effekt zur Realität. Die Schauspieler bedeuten sich selbst und werden durch sich definiert. Und ich sage: Weg mit ihnen! Sie sind nicht echt. Echt sind nur wir. Wir sind das meiste, das es gibt, wenn wir schlank und schick in unsren eleganten Theaterkleidern hängen. Richten wir die Blicke nur noch auf uns! Wir sind unsere eigenen Darsteller. Brauchen wir nichts außer uns! Gehen wir in uns hinein und bleiben wir drinnen, jeder hofft ja, daß ihn möglichst viele betrachten mögen, wenn er durch die Welt stolziert, von den Zeitschriften und deren Bildern ordentlich geregelt wie eine gut geölte Maschine. Werden wir unsre eigenen Muster und sprenkeln wir den Schnee, die Wiesen, das Wissen, womit? Mit uns selbst! So ist es gut.

in: Theater heute Jahrbuch 1983

DIGITALES PROGRAMMHEFT

Elfriede Jelineks BURGTHEATER – sechs Räume, sechs Kapitel, eine Inszenierung


NÄCHSTER RAUM

abonnieren
Zurück nach oben